Perpetuum Mobile vor Gericht
Die Mühlen der Justiz mahlen langsam: Vor einigen Tagen wurde vorm Landgericht (LG) Chemnitz einer der Geschäftsführer des Unternehmens „Ascard“ verurteilt, das 2006 und 2007 Strom über zehn Jahre gegen Vorkasse verkauft hatte, aber nie geliefert hat. Der Strom sollte 8 c/kWh, später 11 c/kWh kosten und komplett emissionsfrei erzeugt werden, weil die Anbieter behaupteten, 17.500 MWh Strom pro Jahr durch einen Luftstrom auf Generatoren herstellen zu können, ohne allerdings irgendeine Aussage dazu zu treffen, welche Energie in diesen Luftstrom umgewandelt werden sollte.
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) schöpfte früh Verdacht und untersagte dem Unternehmen 2007 die Versorgung. Zum damaligen Zeitpunkt war noch nicht einmal ein Netznutzungsvertrag abgeschlossen worden. Das Unternehmen hatte zwar einen (nie fertiggestellten) Generator gekauft, aber von der ominösen Antriebsenergie für denselben gab es keine Spur. Die BNetzA untersagte die Belieferung deswegen auch mit dem Hinweis, hier werde offenbar ein Perpetuum Mobile angeboten.
Mindestens 87 Stromkunden fanden das Perpetuum Mobile allerdings so attraktiv, dass sie tatsächlich Verträge abschlossen. Natürlich floss kein Strom, die im Voraus gezahlten 225.000 EUR sind verschwunden.
Einer der drei Geschäftsleute ist tot. Der nun verurteilte Täter hält daran fest, dass sein technischen Konzept tragfähig gewesen sei. Dass er erst jetzt verurteilt wurde, liegt daran dass das LG Chemnitz bei einer ersten Verurteilung 2011 nach Ansicht des Bundesgerichtshof (BGH) nicht hinreichend nachgewiesen habe, dass er an der Vermittlung der Stromverträge beteiligt gewesen sei und Zugriff auf die Gelder gehabt habe. Deswegen hob es die Verurteilung zu 3 Jahren und sieben Monaten auf. Nun hat das LG Chemnitz ein zweites Mal einen Betrug geprüft und wiederum bejaht. Der nun Verurteilte hätte es mindestens billigend in Kauf genommen, dass er gar keinen Strom liefern konnte, und die Kunden so getäuscht, um sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen. Das Gericht verurteilte ihn deswegen zu einem Jahr und sieben Monaten auf Bewährung.
Für die geschädigten Kunden wird sich dieses Strafmaß schal anfühlen. Das Geld ist weg. Und die ehrliche Konkurrenz wird auch nicht begeistert sein. Abseits der Frage, ob ein so groß angelegter Betrug kein größeres Risiko einer Verurteilung mit sich bringen sollte, um windigen Geschäftemachern ein Signal zu geben, stellt sich die Frage, ob nicht die Energiewirtschaft mehr dafür tun sollte, die technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Energieerzeugung transparenter zu machen. Denn dass so viele – gewerbliche – Kunden auf ein Perpetuum Mobile hereinfallen, spricht für ein generelles und nicht nur individuelles Defizit.