Kita-Recht: Anspruch auf Weiter­be­treuung nach Umzug

Ein Umzug mit kleinen Kinder ist ohnehin typischer­weise mit spezi­ellen Heraus­for­de­rungen verbunden. Selbst wenn es dabei nur aus der Innen­stadt ins Umland geht, kommt dann oft auch noch ein Wechsel der Schule oder Betreu­ungs­ein­richtung hinzu. Denn zumindest bei Stadt­staaten wie Berlin, Hamburg oder Bremen wechselt mit der Ummeldung in ein anderes Bundesland auch die Zustän­digkeit der Jugend- und Bildungs­be­hörden. Dabei wäre es bei aller Unsicherheit, die für Kinder ohnehin mit jedem Umzug verbunden ist, doch schön, es wenigstens bei der Betreuung im gewohnten Umfeld lassen zu können.

Zumindest für Eltern, die zwischen Berlin und Brandenburg wechseln wollen, haben wir insofern eine gute Nachricht: Hier kann ihr Kind in der Regel dennoch weiter in der gewohnten Einrichtung betreut werden. Denn Berlin und Brandenburg haben einen Staats­vertrag über die gegen­seitige Nutzung von Plätzen in Einrich­tungen der Kinder­ta­ges­be­treuung geschlossen. Darin steht in Art. 1 Abs. 1 Nr. 3, dass bei einem Umzug ins jeweils andere Bundesland die Nutzung der Einrich­tungen zur Kinder­ta­ges­be­treuung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozial­ge­setzbuch (SGB) VIII, also Kitas und Kinder­gärten, erleichtert werden soll.

Die Voraus­setzung für eine Weiter­be­treuung ergibt sich aus Art. 5 Abs. 2 des Staats­ver­trages. Demnach setzt eine Aufnahme und Betreuung voraus, dass vorher das Jugendamt der Gemeinde, die nach dem Umzug nunmehr zuständig ist, geprüft hat, ob ein Anspruch auf Betreuung nach § 24 SGB VIII besteht. Außerdem muss sie die Finan­zierung durch eine sogenannte Kosten­über­nah­me­er­klärung zusichern. Da in Art. 5 Abs. 1 Satz des Staats­ver­trags steht, dass keine Verpflichtung zur Aufnahme bestehen würde, war eine Zeitlang unklar, ob das Kind einen Anspruch auf Weiter­be­treuung hat.

Vor zwei Jahren hat jedoch das Verwal­tungs­ge­richt (VG) Berlin entschieden, dass bei einem Umzug ein Anspruch auf Weiter­be­treuung besteht. Die mangelnde Verpflichtung zur „Aufnahme“ von Kindern in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Staats­ver­trages beziehe sich nur auf die Neuauf­nahme von Kindern, wenn sie z.B. nahe der Grenze zum anderen Bundesland wohnen oder die Tages­ein­richtung sich in der Nähe des Arbeits­platzes der Eltern befindet. Auch dann soll nämlich nach Art. 1 des Staats­vertrag eine Aufnahme im jeweils anderen Bundesland im Rahmen der Kapazi­täten ermög­licht werden. In diesem Fall aber ohne verbind­lichen Rechts­an­spruch (Olaf Dilling).

2019-12-19T23:55:31+01:0019. Dezember 2019|Verwaltungsrecht|

Zahlen für die kostenlose Kita

In Berlin müssen Eltern für die Kita ihrer Kinder grund­sätzlich nichts mehr zahlen. Seit dem 1. August 2018 sind Kita und Kinder­ta­ges­pflege für alle Kinder nach Auskunft der Senats­ver­waltung für Bildung, Jugend und Familie kostenlos. Lediglich einen Beitrag für das Mittag­essen müssen die Eltern für ihr Kind zahlen. Der hält sich aber mit 23 Euro in engen Grenzen.

Trotzdem gibt es in Berlin weiterhin Kinder­gärten, die von den Eltern Zuzah­lungen verlangen. Teilweise sogar relativ hohe Beträge bis über 200 Euro. Dadurch wird in gewisser Weise das Ziel der kosten­losen Bereit­stellung von Kita-Plätzen konter­ka­riert. Daher gibt es eine Verein­barung, die das Land Berlin mit den Träger­ver­bänden der Kinder­ta­ges­stätten geschlossen hat. Nach Anhang 10 zur Rahmen­ver­ein­barung über die Finan­zierung und Leistungs­si­cher­stellung der Tages­ein­rich­tungen (RV Tag) sind nämlich nur Zuzah­lungen bis 90 Euro erlaubt. Und sie sind es nur dann, wenn aufgrund einer Zusatz­ver­ein­barung entspre­chende Leistungen erbracht werden: Beispiele sind Frühstück und Vesper und weitere der Erziehung förder­liche Angebote wie Schwimm- oder Sprach­un­ter­richt oder frühkind­liche Musik­erziehung. Diese Beiträge verstoßen daher gegen die Vereinbarung.

Nun vertreten einige Kinder­gärten die Auffassung, dass ihre erhöhten Zuzah­lungen dennoch rechtens seien. Denn ohne sie könnten sie ihre Leistungen nicht mehr erbringen. Das würde sowohl in die Berufs­freiheit als auch in das Sorge­recht der Eltern eingreifen. Da sei die Rahmen­ver­ein­barung als öffentlich-recht­licher Vertrag keine geeignete Grundlage. Die Kitas haben daher sogar eine Klage vor dem Berliner Verfas­sungs­ge­richtshof angestrengt.

Trotz der gewich­tigen Argumente der Kitas ist der Ausgang der Klage offen. Vielleicht ist sie als Verfas­sungs­be­schwerde nämlich bereits unzulässig, da andere Rechts­schutz­mög­lich­keiten noch nicht ausge­schöpft wurden. Zudem gibt es neben der Rahmen­ver­ein­barung auch im Gesetz, nämlich in § 23 Berliner Kinder­ta­ges­för­de­rungs­gesetz (KitaFöG) eine Regelung, die Zuzah­lungen auf eine angemessene Höhe begrenzt. Außerdem ist aus verschie­denen Gründen nicht ganz von der Hand zu weisen, dass bei einer im Wesent­lichen staatlich finan­zierten Kita die Zuzah­lungen begrenzt werden sollen.

Letztlich werden die Zuzah­lungen ja auch nicht verboten. Statt­dessen wird die staat­liche Förderung an die Bedingung geknüpft, keine unange­messen hohen Zuzah­lungen zu verlangen. Für manche Kitas und für Eltern, die ihre Kinder besonders fördern wollen, mag das unbefrie­digend sein. Aber ist es wirklich auch verfassungswidrig?

2019-05-16T11:29:47+02:0016. Mai 2019|Allgemein|

Kein Anspruch auf einen Hortplatz

Der Rechts­an­spruch auf einen Kitaplatz ist inzwi­schen mehrere Jahre alt. Die Recht­spre­chung hat zwischen­zeitlich geklärt, dass der Kitaplatz bereit gestellt werden muss und dies nicht den Eltern aufge­geben werden kann. Dass er nicht weit weg sein darf. Dass er die Zeiten abdecken muss, wenn die Eltern ihn wirklich brauchen. Und dass Städte Schadens­ersatz schulden, wenn die Eltern nicht arbeiten können.

Doch Kinder bleiben nicht immer klein. Mit Beginn der Schulzeit endet – abgesehen von landes­recht­lichen Regelungen wie in Brandenburg – der Rechts­an­spruch auf einen Kitaplatz. Für Schul­kinder und ihre Eltern ist das ein Problem. Denn § 24 Abs. 4 SGB VIII enthält – dies wurden wir in den letzten Wochen mehrfach gefragt – keinen Anspruch auf eine Hortbe­treuung. Und die Grund­schule endet meist mittags. Im § 24 Abs. 4 S. 1 SGB VIII heißt es nämlich nur:

Für Kinder im schul­pflich­tigen Alter ist ein bedarfs­ge­rechtes Angebot in Tages­ein­rich­tungen vorzuhalten.“

Von „bedarfs­ge­recht“ kann tatsächlich keine Rede sein. In den meisten Bundes­ländern ist der Hortbe­reich nicht so ausgebaut, dass Eltern auch nur verlässlich in Teilzeit arbeiten können, von einer Vollzeit mit Arbeits­wegen mal ganz abgesehen. Doch gewährt diese Regelung trotz der offen­kun­digen Zielver­fehlung durch die Gemeinden kein subjek­tives öffent­liches Recht. Zwar kann in begrün­deten Einzel­fällen nach § 90 SGB Abs. 2 VIII ein Anspruch auf Kosten­über­nahme eines Hortplatzes bestehen. Generell können Eltern aber nicht vor Gericht ziehen, wenn sie arbeiten müssen und niemanden haben, der ihr Schulkind am nachmittag betreut, wie z. B. das VG Ansbach am 17.02.2017, AN 15 E 17.00226, festge­stellt hat. In nicht wenigen Fällen bedeutet das, dass bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Kind nachmittags allein zu Hause bleiben kann, ein Elternteil maximal in Teilzeit arbeiten kann.

 

2018-08-16T10:08:27+02:0016. August 2018|Verwaltungsrecht|