Wie weiter mit der Aufdach-PV?

Ganz klar: Der immer höhere Anteil erneu­er­barer Energien in den Strom­netzen zieht einen erheb­lichen Bedarf an zusätz­lichen System­dienst­leis­tungen nach sich. Es ist daher nicht überra­schend, dass vermehrt die Frage gestellt wird, ob es eigentlich noch zeitgemäß ist, die Einspeisung aus Dachan­lagen in das Netz der öffent­lichen Versorgung mit festge­legten Vergü­tungs­sätzen zu honorieren.

Aus dieser Diskussion den Schluss zu ziehen, dass die Strom­pro­duktion auf Gebäuden generell keine gute Idee mehr sei, ist jedoch verfehlt. Sinnvoll ist es aller­dings, den erzeugten Strom zuerst im Gebäude selbst zu verbrauchen und die Einspeisung – etwa durch Speicher – zeitlich besser zu verteilen. Insgesamt ist jedoch klar: Die Ausbau­ziele für erneu­erbare Energien fußen ganz wesentlich auch auf verbrauchs­nahen Solar­an­lagen auf Dächern.

Entspre­chend verlangt auch die EU-Gebäu­de­richt­linie die Einführung von Solar­pflichten in Deutschland. Bundesweit existiert eine solche Pflicht bislang noch nicht. Viele Bundes­länder haben aber bereits vorgelegt; derzeit haben praktisch nur noch Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen keine Verpflichtung vorge­sehen, Dächer mit Photo­voltaik zu belegen.

Im Detail unter­scheiden sich die Regelungen in den Bundes­ländern deutlich, auch die Ausnah­me­re­ge­lungen weichen in erheb­lichem Maße vonein­ander ab. Für die Zukunft ergibt sich aber aus Art. 10 der Gebäu­de­richt­linie (EPBD) ein Mindest­standard, der gestaffelt gilt: beginnend mit neuen öffent­lichen Gebäuden und Nicht­wohn­ge­bäuden mit mehr als 250 m² Nutzungs­fläche, für die die Errichtung von PV-Anlagen vorge­schrieben wird. Es folgen bestehende öffent­liche Gebäude und weitere Nicht­wohn­ge­bäude, dann neue Wohnge­bäude sowie neue überdachte Parkplätze an Gebäuden. Damit bleibt der bestehende Wohnungs­be­stand bislang außen vor. Klar ist damit aber: Die in der öffent­lichen Diskussion bisweilen mitschwin­gende Annahme, Dachsolar habe seinen Zenit überschritten, wird von der Rechtslage nicht gedeckt. Im Gegenteil, im Zuge der Umsetzung der Gebäu­de­richt­linie bis Mai 2026 in einem novel­lierten Gebäude-Energie­gesetz (GEG) wird die Pflicht zur Dachbe­legung weiter vertieft (Miriam Vollmer).

2025-09-12T17:26:29+02:0012. September 2025|Erneuerbare Energien|

Heizung in der Zeitmaschine?

Die CDU plant, die Änderungen des Gebäude-Energie­ge­setzes (GEG), auch bekannt als „Heizungs­gesetz“, aus 2023 zurück­zu­nehmen und zum GEG 2020 zurück­kehren. So geht es aus ihrem Entwurf „Neue Energie-Agenda für Deutschland“ hervor. Damit soll die Pflicht, beim Heizungs­wechsel nach vollendeter Wärme­planung durch die Gemeinde auf eine der in § 71 Abs. 3 GEG 2023 aufge­führten Techno­logien umzusteigen, wieder fallen. Eigen­tümer könnten also auch nach 2026 bzw. 2028 erneut eine Gasheizung einbauen. Zulässig wäre sogar der Einbau einer neuen Ölheizung, sofern die Voraus­set­zungen des bis 2023 geltenden § 72 Abs. 4 GEG 2020 bestehen, also Erneu­erbare Energien anteilig verwendet werden oder weder ein Gasan­schluss noch ein Fernwär­me­an­schluss herge­stellt werden können und auch erneu­erbare Energien nicht verfügbar sind.

Diese Änderung würde die Eigen­tümer aller­dings nicht von der Einhaltung des CO2-Minde­rungs­pfades suspen­dieren. Es bleibt auch nach dem Willen der CDU dabei, dass die Ziele des Bundes­kli­ma­schutz­ge­setzes (KSG) einge­halten werden müssen. Nur will die Union den Weg zur Treib­haus­gas­neu­tra­lität in 20 Jahren mit den entspre­chenden Zwischen­schritten dem Bürger selbst überlassen. Er soll wählen können, wie er sich vom fossilen Zeitalter verab­schiedet, motiviert durch den CO2-Preis. Dieser ist als ETS II europa­rechtlich vorge­geben und soll durch eine fortlau­fende Verknappung der Zerti­fikate von 2027 an in Jahres­schritten um jeweils etwas mehr als 4% Abschmelzung die Nulllinie ansteuern. Konkret: Der Bürger darf also weiter Gashei­zungen einbauen, diese werden aber durch steigende Preise für Erdgas immer weniger attraktiv. Da bereits ab 2025 bedingt durch verkürzte Abschrei­bungs­regeln für die Gasnetze die Netzent­gelte steigen und die bei sinkender Kunden­anzahl steigenden Infra­struk­tur­kosten ebenfalls die Preise treiben, ist anzunehmen, dass die Freiheit zur Gasheizung in den meisten Fällen recht teuer erkauft würde. Zudem erwarten viele Experten, dass viele Erdgas­netze aus wirtschaft­lichen Gründen bereits Mitte der Dreißiger Jahre still­gelegt werden.

Doch nicht für alle Eigen­tümer bedeutet die Rückkehr zum GEG 2020 ein Plus an Wahlfreiheit. Der alte § 72 Abs. 1 GEG 2020 verpflichtete Eigen­tümer, ihre Heizkessel, die mit flüssigen oder gasför­migen Brenn­stoffen beschickt werden, still­zu­legen, wenn sie vor 1991 eingebaut wurden, und jüngere Anlagen nach 30 Jahren auszu­ran­gieren. Das galt zwar nicht für Nieder­tem­pe­ratur-Heizkessel und Brenn­wert­kessel, aber betrifft doch nicht wenige Eigen­tümer. In diesem Punkt ist das GEG 2023 großzügiger.

Für Eigen­tümer bedeutet das: Sollte die CDU ihren Plan umsetzen, sollten sie prüfen, ob in ihrem spezi­ellen Fall nicht sogar eine Verschärfung droht. In jedem Fall sollte bei der Diskussion, ob noch eine letzte Gasheizung angeschafft wird, die Wärme­planung der Gemeinde nicht ausge­blendet werden: Wenn es 2035 kein Gasnetz mehr gibt, steht lange vor Amorti­sation eine neue Heizung an. Und in jedem Falle muss der Eigen­tümer rechnen: Lohnt sich eine Gasheizung auch bei drastisch steigenden Gaspreisen und Netzent­gelten? (Miriam Vollmer).

2024-11-22T20:51:51+01:0022. November 2024|Wärme|

Kein Wasser­stoff fürs Haus

An und für sich ist es simpel: Im § 3 Abs. 2 Bundes-Klima­gesetz steht, dass Deutschland 2045 treib­haus­gas­neutral sein soll. Erdgas ist kein treib­haus­gas­neu­traler Brenn­stoff, damit hat die Erdgas­ver­brennung ein natür­liches Verfalls­datum: Nach dem 31.12.2044 ist sie verboten.

Statt dessen hoffen viele Verbraucher auf Wasser­stoff. Grüner Wasser­stoff entspricht gem. § 71 Abs. 3 Nr. 5 Gebäu­den­e­en­er­gie­gesetz (GEG) der Verpflichtung, mindestens 65% Erneu­erbare einzu­setzen, die bis 2045 natürlich auf 100% steigen muss, denn ansonsten haut das mit der THG-Neutra­lität ja gar nicht hin. Manche Verbraucher hoffen, dass dann eines Tages das vorhandene Erdgasnetz einfach und sozusagen hinter den Kulissen mit Wasser­stoff statt Erdgas befüllt wird, und für sie alles bleibt, wie es ist.

Dies aller­dings scheitert schon daran, dass auch H2-ready-Heizungen nicht mit 100% Wasser­stoff befeuert werden können. Aber gut, bis 2045 mag das anders aussehen. Der Grund, wieso Verbraucher sich nicht auf eine solche Lösung verlassen sollten, ist ein ganz anderer: Es ist extrem unwahr­scheinlich, dass der örtliche Verteil­netz­be­treiber für Erdgas eine solche Umstellung vornehmen kann. Das hat zum einen sachliche und zum anderen recht­liche Gründe.

Der sachliche Grund ist simpel: Voraus­sichtlich ist nicht genug grüner Wasser­stoff da. Denn um Wasser­stoff herzu­stellen braucht man elektri­schen Strom, der das Wasser in Sauer­stoff und Wasser­stoff aufspaltet und damit elektrische in chemische Energie umwandelt. Mit anderen Worten: Die verfügbare Menge an Erneu­er­barem Strom begrenzt die Kapazität für Wasser­stoff. Entweder braucht man also viel mehr Solar- und Windkraft­an­lagen in Deutschland. Oder in anderen Ländern entstehen diese Kapazi­täten und werden nicht vor Ort verbraucht, sondern in einer Elektrolyse verar­beitet und nach Deutschland expor­tiert. Dass die gesamten – oder auch nur wesent­liche Teile – der zuletzt rund 360 TWh Erdgas, die in Gebäuden abgenommen wurden, durch auf diese Weise produ­zierten Wasser­stoff ersetzt werden, erwartet niemand ernsthaft, auch nicht die Bundes­re­gierung. Diese plant in ihrer aktuellen Wasser­stoff­stra­tegie zwar mit einer Explosion der Elektro­ly­se­ka­pa­zität auf das 125-fache der heutigen Kapazität. Sie rechnet auch damit, dass Deutschland darüber hinaus auch im Ausland im großen Stil kauft. Aber selbst mit so erheb­lichen Anstren­gungen plant sie nur mit 90 – 130 TWh im Jahr 2030. Diese Mengen benötigt die Industrie aber deutlich dringender als Verbraucher, weil sie Wasser­stoff teilweise stofflich nutzt, teilweise auf direkte Verbren­nungs­vor­gänge angewiesen ist. Dieses Maß an Alter­na­tiv­lo­sigkeit besteht im Gebäu­de­sektor nicht.

Neben diesem sachlichen Grund gibt es aber einen handfesten recht­lichen Grund, wieso die Umwidmung des bestehenden Netzes in ein Wasser­stoffnetz die Ausnahme bleiben wird: Der einzelne Gasver­teil­netz­be­treiber ist in seiner Entscheidung nicht frei. Das versteht sich eigentlich von selbst, denn der Wasser­stoff kommt ja in aller Regel vom Produ­zenten aus nur zu ihm, wenn er mit einem Wasser­stoff­fern­lei­tungsnetz verbunden ist. Er muss also in der Nähe einer solchen geplanten Netzstruktur liegen, oder es gibt Elektro­ly­se­ka­pa­zi­täten vor Ort. Ohne eine solche Struktur kann es keinen Fahrplan für die Umstellung des Netzes geben, wie er in § 71k Abs. 1 Nr. 2 GEG vorge­sehen ist. Hier ist auch vorge­sehen, dass der Netzbe­treiber die Finan­zierung nachweist, und dass der Plan mit den Klima­schutz­zielen und den Zwischen­zielen vereinbar ist. Dieser Plan muss zum 30.06.2028 vorliegen. Er ist zudem geneh­mi­gungs­be­dürftig, zuständig die BNetzA. Vorge­sehen sind fortlau­fende Revisionen alle drei Jahre.

Nun kommt’s: Wenn die Behörde im Zuge ihrer turnus­mä­ßigen Überprü­fungen feststellt, dass die Umstellung des Erdgas­netzes nicht so läuft, wie der Betreiber es geplant hat, so stellt die Behörde das Scheitern fest. Indes scheitert der Netzbe­treiber nicht einfach so. Sondern er schuldet nach § 71k Abs. 6 GEG in diesem Fall den Gebäu­de­ei­gen­tümern die Mehrkosten, die entstehen, weil sie sich in guten Glauben an das Wasser­stoffnetz eine Heizung haben einbauen lassen, die nun nach drei Jahren durch eine andere, klima­neu­trale Lösung ersetzt werden muss, es sei denn, er hat dies nicht zu vertreten. Damit kostet ein Scheitern des Versorgers nicht nur die Entwick­lungs­kosten, sondern auch mögli­cher­weise erheb­liche Verpflich­tungen gegenüber den enttäuschten Letztverbrauchern.

Damit ist klar: Die aller­meisten Gasver­teil­netz­be­treiber können von vornherein keinen Umstel­lungs­fahrplan vorlegen, weil sie weder an einer Fernleitung liegen noch eine Elektrolyse vor Ort produ­ziert. Ist das anders, haften sie aber nach dem Gesetz für einen Erfolg, dessen Eintritt sie nur sehr peripher beein­flussen können. Dazu werden nur wenige Unter­nehmen bereit sein, wenn die Unsicher­heiten so groß sind wie aktuell.

Insofern ist es konse­quent, wenn die Bundes­re­gierung in ihrer Wasser­stoffstretagie schreibt:

Allgemein wird der Einsatz von Wasser­stoff in der dezen­tralen Wärme­er­zeugung nach derzei­tigem Erkennt­nis­stand eine eher nachge­ordnete Rolle spielen.“

(Miriam Vollmer).

2024-07-13T01:17:49+02:0013. Juli 2024|Wärme, Wasserstoff|