Kommentar: Fernwärme hat Zukunft!

Egal was bei der Neufassung des Gebäu­de­en­er­gie­ge­setzes am Ende im Detail heraus­kommen wird: Eines scheint gesichert – die Zukunft gehört zunehmend der Fernwärme. Führte Sie bisher im Energie­recht ein eher verschla­fenes Dasein, mit einer seit Jahrzehnten unver­än­derten AVB wurde sie im letzten Jahr mit der FFVAV zunächst Fit gemacht für die Anfor­de­rungen des modernen Messwesens und kann nun in Zukunft eine wichtigere Rolle bei der urbanen Wärme­er­zeugung einnehmen. Auch der aktuelle Entwurf des GEG räumt der Fernwärme einen wichtigen Platz ein. Beim Einbau oder Aufstellung einer Hausüber­ga­be­station zum Anschluss an ein neues Wärmenetz, dessen Baubeginn nach dem 31. Dezember 2023 liegt, muss die im Wärmenetz insgesamt verteilte Wärme zu mindestens 65 Prozent der jährlichen kumulierten Erzeu­ger­nutz­wär­me­abgabe aus erneu­er­baren Energien oder unver­meid­barer Abwärme stammen.

Wo der Betreiber einer indivi­du­ellen Heizungs­an­lagen in Zukunft zunächst vor der Frage der Auswahl von zukunfts­fä­higer und in Zukunft noch zuläs­siger Wärme­er­zeugung und den entspre­chenden Inves­ti­tionen steht, ist der Fernwär­me­kunde zumindest dieses Problems enthoben. Er kann die Decar­bo­ni­sierung und die damit verbun­denen steigenden Anfor­de­rungen den Profis überlassen.

Wir erleben auch in unserer Beratungs­praxis als energie­rechtlich spezia­li­sierte Kanzlei, das Bewegung in den Markt kommt und viele spannende Projekte zur Fernwär­me­ver­sorgung in den Start­lö­chern stehen.

(Christian Dümke)

2023-03-31T20:14:03+02:0031. März 2023|Wärme|

Achtung, die AVBFern­wärmeV wird (ein bisschen) abweichungsfest

Für die Versorgung mit Fernwärme gilt mit der AVBFern­wärmeV ein gerade für das schnel­lebige Energie­recht erstaunlich beständige Norm: Seit Inkraft­treten im Jahre 1980 hat sie sich im Wesent­lichen so erhalten wie ursprünglich erlassen. Erst 2021 kam es zu mehr als nur kosme­ti­schen Änderungen. Nun aber will das Bundes­wirt­schafts­mi­nis­terium tiefer in die Verordnung eingreifen. Zu den Änderungen, die nun neu in die AVB implan­tiert werden sollen, gehört auch erstmals eine Diffe­ren­zierung nach Kunden­gruppen. Bisher kennt die AVBFern­wärme nämlich nur nicht erfasste Indus­trie­kunden und alle anderen, für die sie unter­schiedslos gilt, wenn die sonstigen Bedin­gungen vorliegen. Das ist künftig anders, auch im Zusam­menhang mit der wichtigen Abwei­chungs­re­gelung in § 1 Abs. 3 AVBFern­wärmeV.

Bislang ist es hier so: Man darf von den Regelungen der AVBFern­wärmeV in den §§ 2 bis 34 abweichen, wenn der Versorger neben dem Vertrag, mit dem abgewichen werden soll, auch einen AVBFern­wärmeV-konformen Vertrag vorlegt. Künftig soll das in dieser Form nur noch bei Kunden möglich sein, die keine Verbraucher sind, also vor allem Gewer­be­kunden. Gegenüber Verbrau­chern ist unter diesen Bedin­gungen die Abwei­chung vom AVBFern­wärmeV-Standard nur noch möglich, wenn die Abwei­chung nicht zum Nachteil des Kunden ausschlägt, was den heute üblichen Verträgen entge­gen­stehen würde, die oft einen günsti­geren Preis einräumen gegen Übernahme von mehr oder anderen Pflichten als in der AVBFern­wärmeV vorgesehen.

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Sofern diese Regelung also in dieser Form in Kraft tritt, müssen Versorger ihr Vertrags­ma­nagement anpassen. Dies gilt auch und insbe­sondere für Contrac­ting­ver­träge, die der AVBFern­wärmeV unter­fallen. Zwar sind und bleiben Indivi­du­al­ver­träge weiterhin möglich, wenn Klauseln eben nicht für eine Vielzahl von Verträgen vorfor­mu­liert sind, wie § 1 Abs. 1 AVBFern­wärmeV dies verlangt. Doch wie aus dem Kontext des rechts Allge­meiner Geschäfts­be­din­gungen bekannt ist: Das sind seltene Fälle. (Miriam Vollmer)

 

2022-10-14T20:09:39+02:0014. Oktober 2022|Vertrieb, Wärme|

Geplante Novel­lierung des § 24 AVBFern­wärmeV – Super­preis­an­pas­sungs­recht jetzt auch für Wärmeversorger?

Die drohende Gasman­gellage bleibt weiterhin das dominie­rende Thema der Energie­wirt­schaft. Erst neulich hatten wir beschrieben, wie sich eine Gasknappheit auf die Liefer­pflichten im Bereich der Fernwär­me­ver­sorgung nach den bisher gelten recht­lichen Rahmen­be­din­gungen der AVBFern­wärmeV auswirken könnte.

Nach den uns vorlie­genden Infor­ma­tionen beabsichtigt der Gesetz­geber den Rechts­rahmen der Fernwär­me­lie­ferung aktuell mit den Vorgaben des § 24 EnSiG zu harmo­ni­sieren. Dieser erlaubt es Gaslie­fe­ranten bisher während der Notfall­stufe und bei Feststellung der Gasman­gellage Preis­an­pas­sungen sehr kurzfristig und unabhängig von sonstigen vertrag­lichen Inhalten an die Kunden weiter­zu­geben. Für Fernwär­me­ver­sorger fehlt ein solches „Super­preis­an­pas­sungs­recht“ bisher. Der Gesetz­geber hat dazu kurzfristig einen Referen­ten­entwurf zur Änderung der AVBFern­wärmeV vorgelegt, der eine Anpassung des § 24 AVBFern­wärmeV dahin vorsieht, dass auch Wärme­lie­fe­ranten Preis­an­pas­sungen erleichtert vornehmen können.

Der Referent­entwurf sieht vor, das erleich­terte Preis­an­pas­sungs­recht des Wärme­lie­fe­ranten an die Voraus­setzung zu knüpfen, dass dieser seiner­seits selbst von einer Preis­an­passung nach § 24 EnSiG betroffen ist. Der Wärme­lie­ferant soll dann „berechtigt (sein), ein in einem Wärme­lie­fer­vertrag verein­bartes und insoweit einschlä­giges Preis­an­pas­sungs­recht binnen zwei Wochen nach der Gaspreis­er­höhung auszuüben, auch wenn in dem Wärme­lie­fer­vertrag ein längerer Zeitraum für die Anpassung des Preises für die Wärme­lie­ferung an die Änderung der durch die Gaspreis­er­höhung gestie­genen Bezugs­kosten vereinbart wurde“

Dem Kunden soll im Gegenzug ein Sonder­kün­di­gungs­recht einge­räumt werden.
Übt das Fernwär­me­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen das Preis­an­pas­sungs­recht gegenüber dem Kunden aus, hat der Kunde das Recht, den Wärme­lie­fer­vertrag außer­or­dentlich mit Wirkung spätestens zum Ende des ersten Jahres nach Wirksam­werden der Preis­än­derung zu kündigen. Die Kündigung ist dabei binnen zwei Wochen nach Wirksam­werden der Preis­än­derung in Textform gegenüber dem Fernwär­me­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen unter Angabe des gewählten Wirksam­keits-zeitpunkts zu erklären. In der Preis­an­pas­sungs­mit­teilung ist auf das Kündi­gungs­recht hinzuweisen.

Was im Strom- und Gasbe­reich seit je her Standard ist, bedeutet für den Bereich der Fernwär­me­ver­sorgung ein Novum, denn hier konnte der Versorger bisher ein Preis­an­pas­sungs­recht verein­baren, ohne dass dem Kunden hierfür ein Sonder­kün­di­gungs­recht gewährt werden musste.

Das Ganze muss derzeit als ein Zwischen­stand in einer dynami­schen Phase verstanden werden, denn wie wir auch schon berich­teten, denkt der Gesetz­geber gleich­zeitig über eine Verän­derung des § 24 EnSiG selbst nach, die dann natürlich auch wieder Auswir­kungen auf die geplante Anpassung der AVBFern­wärmeV hätte.

(Christian Dümke)

2022-07-04T13:16:08+02:004. Juli 2022|Energiepolitik, Wärme|