Mau statt Wow im Verkehr: Der Koali­ti­ons­vertrag auf dem Prüfstand (2)

Der Verkehrs­sektor steht, das ist inzwi­schen schon fast eine Plattitüde, vor einer Zeiten­wende. Nicht nur Diesel­fahr­zeuge, der Verbren­nungs­motor generell müsste möglichst schnell durch klima­freund­liche und schad­stoffarme Techno­logien ausge­tauscht werden, um den recht­lichen Verpflich­tungen der Bundes­re­publik wirksam nachzu­kommen. Was hat die Bundes­re­gierung also vor? Zuerst einmal will sie … richtig: Einen Arbeits­kreis gründen. Dieser soll bis Anfang 2019 eine Strategie „Zukunft der bezahl­baren und nachhal­tigen Mobilität“ entwerfen. 

Eine solche Strategie ist im Koali­ti­ons­vertrag selbst leider nicht angelegt. Elektro­autos sollen gefördert werden, indem eine Sonder­ab­schreibung von 50% im ersten Jahr gelten soll. Das ist aber nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wer hat schon Anspruch auf einen Dienst­wagen in der für E‑Autos überhaupt inter­es­santen Größen­klasse? Um das E‑Auto wirklich voran­zu­bringen, bräuchte man verbind­liche Vorgaben, etwa Quoten. Diese will die nächste Bundes­re­gierung aber ganz offen­sichtlich nicht. Hier favori­siert man „techno­lo­gie­offene“ Lösungen und hat sich auch vom Verbren­nungs­motor ausdrücklich noch nicht verab­schiedet. Ob das so mit den Einspar­zielen des Verkehrs­sektors in Hinblick auf CO2 etwas wird, steht in ziemlich fernen Sternen.

Auch bezogen auf Stick­oxide wirkt der Entwurf mutlos. Die GroKo will Fahrverbote vermeiden. Das ist lobenswert, schließlich will niemand verzwei­felte Pendler, die nicht mehr wissen, wie sie zur Arbeit kommen. Die geltenden Luftqua­li­täts­normen müssten also einge­halten werden. Doch wie dies geschehen soll, bleibt einiger­maßen unklar. Man wünscht sich, so der Entwurf, ein gemein­sames Vorgehen zur Sanierung des Bestandes. Aber ist dies wirklich realis­tisch? Oder drückt sich hier die nächste Bundes­re­gierung und schiebt den schwarzen Peter den Gerichten zu? Diesen traut die Bundes­re­gierung offenbar nicht über den Weg. Statt die vielen Prozesse gegen wichtige Infra­struk­tur­pro­jekte als Ausweis der oft unzurei­chenden Planung im Vorfeld und der bisweilen allzu schlep­penden Umsetzung von Gemein­schafts­recht zu betrachten, will die nächste Bundes­re­gierung die aufgrund europäi­scher Regelungen in den letzten Jahren immer exten­sivere Verbands­klage wieder einschränken und zudem bei einigen Infra­struk­tur­pro­jekte den Rechtsweg verkürzen. Nun dauern Prozesse wirklich oft allzu lange. Doch ist dies der richtige Weg, oder sollte Vater Staat die Gerichte nicht besser mit Richtern ausstatten, um schnellere Urteile zu ermöglichen?

Nur eine Maßnahme überzeugt: Es soll mehr Geld für den ÖPNV ausge­geben werden. Geplant ist eine Verdrei­fa­chung. Dies ist ein guter und wichtiger Schritt.