Stati­ons­un­ge­bun­denes Carsharing – doch Gemeingebrauch

In den Berliner Sommer­ferien hat das dortige Verwal­tungs­ge­richt einen Eilbe­schluss erlassen, der für die Nutzung öffent­licher Straßen in Deutschland von einiger Relevanz ist: Es geht um einen Vorstoß des Landes Berlin ein bisschen Ordnung in das inzwi­schen mancherorts ausufernde Chaos der Leihfahr­zeuge zu bringen. Aber, wie es so manchmal ist, gut gewollt ist nicht gleich gut gemacht.

Die Idee war, bestimmte Formen des Verleihens von Fahrzeugen im öffent­lichen Straßenraum dem Gemein­ge­brauchs zu entziehen. Dann wären diese Mobili­täts­an­bieter geneh­mi­gungs­pflichtig und könnten insgesamt besser kontrol­liert und gelenkt werden. Umgesetzt werden sollte dies über eine Änderung des Berliner Straßen­ge­setzes. Sehr zum Ärger einiger Mobili­täts­an­bieter, die dagegen per Eilver­fahren vor dem Verwal­tungs­ge­richt vorge­gangen sind.

Anfang dieses Monats hat das Gericht vorläufig entschieden, dass das Gesetz erst einmal nicht auf sie angewendet werden darf. Denn nach Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts kann ein Bundesland nicht einfach darüber entscheiden, wer die öffent­lichen Straßen benutzen darf und wer nicht. Denn Parken wird vom Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt als Teil des Verkehrs angesehen, für den die Straßen gewidmet sind. Dass dabei bei den Carsharing-Anbietern auch kommer­zielle Motive eine Rolle spielen, ist rechtlich nicht entscheidend. So hatte die Recht­spre­chung auch schon bei Mietwagen entschieden.

Diese Entscheidung ist nicht nur rechtlich, sondern auch verkehrs­po­li­tisch nachvoll­ziehbar. Denn dass Carsharing gegenüber privaten Pkw schlechter gestellt sein sollte, obwohl es bezogen auf die Nutzung den Straßenraum viel weniger belastet, ist kaum einzu­sehen. Anderer­seits ist nun die Hoffnung wieder in weitere Ferne gerückt, Ordnung in das Chaos der E‑Roller auf den Gehwegen zu bringen (Olaf Dilling).

2022-08-18T01:29:27+02:0018. August 2022|Allgemein, Verkehr|

Sharing-Angebote als Sondernutzung?

Eine Entscheidung des OVG Münster, die wir 2020 hier auf dem Blog besprochen hatten, hat nachhaltig für Irritation im Bereich neuer Mobili­täts­an­gebote gesorgt. Denn diese Entscheidung stellte den Grundsatz in Frage, dass Straßen für jegliche Fahrzeuge grund­sätzlich unbeschränkt als Parkraum genutzt werden können, egal ob sie zu privaten oder gewerb­lichen Zwecken genutzt werden. Nach der Entscheidung des Gerichts sollte nunmehr bei bestimmten gewerb­lichen Angeboten eine geneh­mi­gungs­be­dürftige Sonder­nutzung angenommen werden. Im entschie­denen Fall ging es um Fahrräder, die zur Vermietung aufge­stellt worden waren.

Car-to-Go Elektroauto

Vor allem sogenannte Sharing-Angebote könnten von dieser Recht­spre­chung betroffen sein. Also neben Fahrrädern typischer­weise auch E‑Roller, Scooter oder auch Autos, die ohne feste Station und oft ohne Rahmen­vertrag per Handy-App für einzelne Fahrten gemietet werden können. Dabei ermög­lichen diese Angebote an sich eine sehr flexible und effiziente Nutzung von Fahrzeugen, die nicht mehr im Privat­ei­gentum ihrer Nutzer stehen. Aus dieser Flexi­bi­lität resul­tieren eine Menge Vorteile für ihre Nutzer und im Prinzip auch für die Allge­meinheit. Denn durch intensiv von vielen Einzelnen genutzte Fahrzeuge verringert sich der Bedarf an Parkplätzen.

Nun stehen Sharing-Angebote bisher nicht im Ruf, Platz auf den Straßen zu schaffen. Vielmehr werden zu Recht Klagen laut, dass vor allem die Gehwege der großen Städte immer stärker zugestellt werden. Dies hat tatsächlich zum Teil schwer­wie­gende Folgen für die Barrie­re­freiheit bis hin zu schlimmen Unfällen von blinden Menschen, die in den letzten Jahren über E‑Roller gestolpert sind.

Letztlich ist dies jedoch weniger eine Frage der Menge an Fahrzeugen, sondern eine Frage, wo für sie Platz geschaffen wird. Denn es ist keineswegs zwingend, dass sie auf Gehwegen aufge­stellt werden, sondern eine Entscheidung des Verord­nungs­gebers, der in § 11 Abs. 5 der Elektro­kleinst­fahr­zeu­ge­ver­ordnung diese E‑Roller den Fahrrädern bezüglich des Parkens gleich­ge­stellt hat. Alter­nativ ist es möglich, E‑Roller am Fahrbahnrand abzustellen. Für Scooter und selbst­ver­ständlich auch für E‑Autos ist es sogar so vorgeschrieben.

Um zurück zu kommen zur anfäng­lichen Frage der Sonder­nutzung: Konse­quent weiter­ge­dacht, stellt diese Entscheidung zahlreiche bisher unter den Gemein­ge­brauch fallende Nutzungen in Frage. Denn auch Carsharing und letztlich auch das Parken von Taxis dürfte dann letztlich als Sonder­nutzung gelten: Auch hier liegt insofern ein gewerb­licher Zweck vor, als das Fahrzeug zur entgelt­lichen Nutzung angeboten wird. Letztlich kann dies jedoch nicht für die Einstufung als Sonder­nutzung maßgeblich sein. Denn weiterhin wird das Fahrzeug eben auch als Verkehrs­mittel benutzt, darin liegt gerade der spezi­fische Nutzen, der vom gewerb­lichen Aufsteller angeboten und von den Nutzern reali­siert wird. Statt die Sharing-Angebote zu regulieren, sollte daher eher am Straßenrand für neue Formen der Mobilität Platz geschaffen werden, indem das ineffi­ziente Parken von privaten Pkw zurück­ge­drängt wird (Olaf Dilling).

 

 

2022-03-16T22:14:24+01:0016. März 2022|Verkehr|

Carsharing-Gesetz: Autoteilen leicht gemacht

Darüber dass der motori­sierte Indivi­du­al­verkehr in deutschen Städten an Grenzen gelangt, Staus und zugeparkte Straßen zur Regel werden, darüber kann es eigentlich kaum Streit geben. Wohl aber darüber, was daraus folgt. Soll der Kfz-Verkehr stärker beschränkt werden oder sollen zunächst einmal Alter­na­tiven bereit­ge­stellt werden? Und wie könnten diese Alter­na­tiven aussehen?

Car-to-Go Elektroauto

Wer weiterhin nicht auf das Auto verzichten will, zumindest nicht zu bestimmten Gelegen­heiten, etwa beim monat­lichen Großeinkauf, beim Besuch im Möbelhaus, oder dem Famili­en­ausflug zu den Eltern auf dem Land, für den ist Car-Sharing vielleicht die Alter­native der Wahl. Car-Sharing ist aus zwei Gründen ein wichtiger Baustein der Verkehrs­wende: Es reduziert den Ressourcen- und Platz­bedarf für Kfz ganz drastisch, wenn sich viele Haushalte ein einziges Fahrzeug teilen können. Außerdem setzt es Anreize, das Auto wirklich nur noch dann zu nutzen, wenn es keine sinnvollen und komfor­tablen Alter­na­tiven gibt. Denn der Preis für die Inves­tition und Unter­haltung eines eigenen Autos fällt fast völlig weg, so dass im Wesent­lichen für die Fahrt selbst gezahlt wird.

Aus diese Gründen wird Car-Sharing auch staat­li­cher­seits gefördert. Oder genauer gesagt, es gibt eine Rechts­grundlage für zahlreiche Förder­mög­lich­keiten und Privi­le­gie­rungen. Ob von dieser Grundlage, dem Gesetz zur Bevor­rech­tigung des Carsharing (Carsha­ring­gesetz – CsgG) von 2017 auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird, liegt vor allem an den Kommunen.

Im Gesetz findet sich zunächst eine Definition des Car-Sharing. Diese geht in § 2 Nr. 1 CsgG von einer unbestimmten Anzahl von Fahrern und Fahre­rinnen aus und schließt damit das private Teilen von Kfz unter einer geschlos­senen Gruppe von Verwandten oder Bekannten aus. Dies nicht, weil diese Formen des Teilens nicht auch sinnvoll wären, aber weil die Missbrauchs­gefahr zu groß ist.

Anerkannt wird jedoch sowohl das tradi­tio­nelle stati­ons­ba­sierte Autoteilen (Nr. 4) als auch die frei flottie­renden Sharing-Angebote ohne feste Parkplätze (Nr. 3). Außerdem werden aufgrund eines weiten Unter­neh­mens­be­griffs in  § 2 Nr. 2 CsgG sowohl gewerb­liche als auch gemein­nützige Modelle umfasst.

Auf Basis dieser Definition des Car-Sharings, die auch eine Kennzeichnung der entspre­chender Fahrzeuge nach § 4 CsgG ermög­licht, sind Bevor­rech­ti­gungen möglich, die in § 3 CsgG geregelt sind. Beispiels­weise haben Kommunen die Möglichkeit, auf öffent­lichen Straßen und Plätzen spezielle Parkplätze für Car-Sharing-Fahrzeuge auszu­weisen. Davon sind sowohl stati­ons­ba­sierte als auch nicht-stati­ons­ba­sierte Fahrzeuge erfasst, so dass die Einrichtung der Car-Sharing-Parkplätze auch dazu dienen kann, in Geschäfts­vierteln oder anderen Zielorten die Parkplatz­suche zu erleichtern. Ebenso kann eine Kommune beschließen, nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 CsgG die Parkge­bühren für Car-Sharing zu reduzieren.

Geregelt sind in dem Bundes­gesetz auch gemäß § 5 CsgG die Ausweisung von Car-Sharing-Stationen einzelner Anbieter als Sonder­nutzung auf Bundes­straßen. Dies muss nach § 5 Abs. 2 CsgG im Wege eines diskri­mi­nie­rungs­freien und trans­pa­renten Auswahl­ver­fahrens erfolgen. Alles in allem stehen den Kommunen mit dem Carsharing-Gesetz Instru­mente zur Verfügung, Anreize für das Nutzen von Car-Sharing-Angeboten zu setzen. Auch wenn dies bei Eigen­tümern von privaten Pkw zunächst unbeliebt sein mag: Es kommt letztlich auch ihnen indirekt zu Gute, wenn der Parkdruck in den Städten aufgrund des wesentlich gerin­geren Platz­be­darfs von Car-Sharing nachlässt (Olaf Dilling).

2022-03-03T23:35:04+01:003. März 2022|Verkehr|