Neue Spiel­räume bei kommu­nalen Parkgebühren

Mercedes SUV auf einer Kopfsteinpflasterstraße

Freiheit ist meist etwas Relatives – was für den einen ein Freiheits­gewinn sein kann, ist für den anderen eine Freiheits­ein­schränkung: Schließlich schränken viele Tätig­keiten von Einzelnen die Möglich­keiten Anderer ein. Im Verkehrs­recht fühlten sich in letzter Zeit oft die Kommunen gegängelt: Sowohl bei Geschwin­dig­keits­be­schrän­kungen, bei der Einrichtung von Anwoh­ner­park­zonen oder auch der Einrichtung von Radfahr­streifen sind Gemeinden häufig die Hand gebunden, weil das in der Kompetenz des Bundes liegende Straßen­ver­kehrs­recht enge Vorgaben macht.

Bei der Gestaltung der Parkge­bühren haben sich dagegen neue Möglich­keiten aufgetan. Eine Gemeinde hat inzwi­schen erheblich größere Spiel­räume. Dies liegt daran, dass die Deckelung der Gebühren für das Anwoh­ner­parken inzwi­schen wegge­fallen ist. Noch bis vor Kurzen hatte es bei der Erhebung von Parkge­bühren für Bewohner enge Grenzen von derzeit maximal 30,70 EUR pro Jahr gegeben. Aber mittler­weile wurde die Nr. 265 des Gebüh­ren­ver­zeich­nisses der Gebüh­ren­ordnung für Maßnahmen im Straßen­verkehr (GebOSt) aufge­hoben.

Daher kommt es, dass inzwi­schen manche Städte, wie etwa Tübingen oder auch Berlin, planen, gestaf­felte Parkge­bühren einzu­führen, die für Halter besonders großer Fahrzeuge höhere Kosten verur­sachen. Das könnte eine durchaus sinnvolle Maßnahme sein, um den knappen Raum in gewach­senen Städten besser und gerechter zu verteilen. Schließlich ist es kaum einzu­sehen, dass in manchen Wohnvierteln ein erheb­licher Teil des Straßen­raums inzwi­schen von Wohnmo­bilen oder Bullis belegt wird, die von wenigen Urlaubs­tagen abgesehen, kaum bewegt werden. Aber auch allgemein bereitet die zuneh­mende Größe der Kfz Probleme. Der Trend geht weiterhin zu SUVs, die für die Fahrer sicher und bequem sind, aber für alle anderen Verkehrs­teil­nehmer vor allem Nachteile haben. Daher macht es durchaus Sinn diffe­ren­zierte Parkraum­kon­zepte zu entwi­ckeln. Dabei können sowohl ökolo­gische Kriterien, wie Größe oder Gewicht, oder soziale Kriterien, wie Einkommen oder Bedürf­tigkeit bei der Bemessung der Parkge­bühren bzw. der Ausweisung von Sonder­park­plätzen, berück­sichtigt werden (Olaf Dilling).

Wenn Sie als Vertreter einer Gemeinde oder Fraktion recht­liche Fragen zur Parkraum­be­wirt­schaftung haben, dann können Sie sich gerne an unsere Kanzlei wenden. Wir beraten und vertreten Sie gerne kompetent im öffent­lichen Verkehrsrecht.

 

2021-09-23T23:46:40+02:0023. September 2021|Verkehr|

Durch Parkraum­ma­nagement zur Verkehrswende

Kann es sein, dass sich Bürger­initia­tiven oder Jugend­pro­teste zunehmend darauf verlegen, statt wolkiger Utopien die Durch­setzung bestehenden Rechts einzu­fordern? Mit anderen Worten: „Pariser Klima­ab­kommen statt Pariser Kommune“? Oder täuscht der Eindruck? Nun, vermutlich gab es schon immer Diskre­panzen zwischen Recht und Rechts­wirk­lichkeit. Aber dass sich Wider­stand gegen den Status Quo mit progres­sivem Selbst­ver­ständnis vor allem dadurch ausdrückt, dass bis ins Detail auf diese Wider­sprüche hinge­wiesen wird, ist schon auffällig.

In Bremen gibt es eine Initiative mit dem raumgrei­fenden Namen „Platz da!“, die sich einem an sich eher konkreten Anliegen verschrieben hat: Dass der für den ruhenden Verkehr genutzte öffent­liche Raum, sprich die Parkplätze der Stadt, stärker bewirt­schaftet wird. In sogenannten Bewoh­ner­park­zonen. Flankierend – und dies macht einen großen Teil der Aktivi­täten der Initiative aus – geht es darum, die straßen­ver­kehrs­recht­lichen Regeln über den ruhenden Verkehr durch­zu­setzen, sprich: gegen Falsch­parker vorzu­gehen. Im Blick haben die Aktivisten vor allem das Parken auf Gehwegen, das in den meisten Wohnvierteln illegal ist, aber lange Zeit geduldet wurde und das Zuparken von Kreuzungen, bei dem die – immer noch im recht­lichen Schwe­be­zu­stand befind­liche – StVO-Reform eine Verschärfung mit sich bringen würde.

Nun sind die Mitglieder der Initiative nicht bloß lamen­tie­rende Bürger, die den Verfall der „Verkehrs-Sitten“ beklagen. Sie haben vielmehr 6.000 Unter­schriften für einen sogenannten Bürger­antrag zusam­men­be­kommen. Damit können Bremer Bürger seit der landes­ge­setz­lichen Einführung dieses Elements direkter Demokratie seit 1994  erzwingen, dass sich die Bürger­schaft mit ihrem Antrag befasst.

Nach anfäng­licher Skepsis vor allem bei der (mit-)regierenden SPD, wurde ein Kompro­miss­vor­schlag gefunden, dem schließlich nur die FDP nicht zugestimmt hat: Statt, wie von den Antrag­stellern vorge­sehen, die gesamte Stadt mit Bewoh­ner­park­zonen zu überziehen, was auch aus recht­licher Sicht Probleme mit sich gebracht hätte, wurden erst einmal zentrale Wohnbe­reiche definiert mit späterer Erwei­te­rungs­option. Dass die Mehrheit sich nicht grund­sätzlich verweigert hat, ist auch insofern nachvoll­ziehbar, als die Frage zwar – wie gesagt – konkret ist, aber einen grund­sätz­lichen aktuellen Bezug aufweist. Denn wieviel öffent­licher Raum in deutschen Städten dem Fuß- und Fahrrad­verkehr zugestanden wird, ist durchaus von allge­meiner Bedeutung für die Verkehrs­wende (Olaf Dilling).

2020-11-18T12:40:00+01:0018. November 2020|Verkehr|

Verkehrs­recht: An- oder Bewohnerzonen?

Parkraum­be­wirt­schaftung gilt als ein wichtiges Instrument der Verkehrs­wende. Denn die Nutzung von öffent­lichem Raum durch parkende Kraft­fahr­zeuge ist bisher höchst ineffi­zient und verdrängt andere Verkehrs­arten. Zudem ist der Parkdruck in städti­schen Wohnquar­tieren in den letzten Jahrzehnten immer weiter angestiegen.

Neben Parkuhren ist das sogenannte „Anwoh­ner­parken“ eine Möglichkeit, um die Probleme zu entschärfen. Gemeint ist die Einrichtung von Zonen in Wohnge­bieten, in denen nur die Anwohner, bzw. Bewohner eines bestimmten Wohnge­bietes parken dürfen. Dafür können in dem betrof­fenen Viertel Parkver­bots­schilder aufge­stellt werden, die mit dem Zusatz versehen sind: Bewohner mit entspre­chendem Parkausweis frei.

Nun gibt es mit dem Bewoh­ner­parken ein recht­liches Problem: Die sogenannte „Präferenz- und Privi­le­gi­en­feind­lichkeit“ des derzei­tigen Straßen­ver­kehrs­rechts. Damit ist gemeint, dass der Gemein­ge­brauch grund­sätzlich allen zur Verfügung stehen soll. Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) hatte 1998 daher in einer Grund­satz­ent­scheidung festge­stellt, dass das Anwoh­ner­parken unzulässig sein soll, wenn es zu einer flächen­de­ckenden oder mosaik­ar­tigen Einrichtung entspre­chender Zonen in Innen­städten kommt (BVerwG 107, 38 ff.). Begründet hat das BVerwG die Entscheidung mit der Ermäch­ti­gungs­grundlage für das per Rechts­ver­ordnung geregelte Anwoh­ner­parken im Straßen­ver­kehrs­gesetz: Der Gesetz­geber habe das Instrument in § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG (a.F.) als Ausnahme vorgesehen.

Das BVerwG war außerdem der Auffassung, dass aus dem Begriff des Anwohners eine enge räumliche Verbindung zwischen Wohnung und Pkw-Abstell­platz folge. Gemeint sei ein Nahbe­reich, der in aller Regel nicht mehr als zwei bis drei Straßen umfasse. 

Daraufhin wurde der Gesetz­geber tätig und hat die Ermäch­ti­gungs­grundlage, den aktuellen § 6 Abs. 1 Nr. 15 StVG, refor­miert. Inzwi­schen wird daher offiziell von Bewoh­ner­parken gesprochen (auch wenn der alte Name umgangs­prachlich oft weiter verwendet wird). Daher hat sich der räumliche Bezug erweitert, so dass größere Zonen möglich sind. Auch die flächen­de­ckende Parkraum­be­wirt­schaftung ist seither nicht mehr unzulässig.

Kürzlich gab es wieder ein Gerichts­ver­fahren zu dem Thema, diesmal am Sächsi­schen Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG). Das OVG entschied, dass ein Bewoh­ner­park­be­reich in Leipzig zu groß dimen­sio­niert sei. Dabei gab es dem Antrag­steller im Eilver­fahren, einer Steuer­be­ra­ter­kanzlei, recht. Diese hatte sich auf die Verwal­tungs­vor­schrift zu § 45 StVO berufen, in der „auch in Städten mit mehr als 1 Mio. Einwohner“ eine maximale Ausdehnung von 1000 m vorge­sehen ist.

Nun ist notorisch umstritten, ob sich Bürger vor Gerichten auf Verwal­tungs­vor­schriften berufen können. Denn sie werden in der Regel nicht als formelles Recht einge­stuft, sondern sollen der Verwaltung als Ausle­gungs­hilfe dienen. Aller­dings fand das OVG Hinweise in den Geset­zes­ma­te­rialien zur Ermäch­ti­gungs­grundlage im StVG. Daraus wurde deutlich, dass bereits der Gesetz­geber eine entspre­chende Größen­be­grenzung geplant hatte (Olaf Dilling).

2024-10-09T02:08:08+02:0019. Oktober 2020|Allgemein|