Wem steht das Sondernetzentgelt zu? Zu LG FFO 11 O 290/20
Wer dann Strom bezieht, wenn sonst kaum jemand Strom braucht, entlastet das Stromnetz und wird deswegen mit abgesenkten Netzentgelten belohnt. Dies ergibt sich aus § 19 Abs. 2 S. 1 StromNEV (hierzu auch hier). Dieser Anspruch ist allerdings kein Automatismus, sondern die Betreiber haben dem Letztverbraucher ein individuelles Netzentgelt anzubieten. Es wird also ein Vertrag geschlossen, der bei der Bundesnetzagentur anzuzeigen ist.
Nun gibt es regelmäßig einen zweiten Vertrag, den der Letztverbraucher schließt, um mit Strom beliefert zu werden, nämlich seinen Stromliefervertrag mit dem Versorger seiner Wahl. In dem Fall, den das Landgericht Frankfurt (Oder) am 29. Oktober 2010 (11 O 290/20) zu entscheiden hatte, umfasste dieser Vertrag aber nicht nur den Verkauf von Strom, sondern auch dessen Lieferung. Der Letztverbraucher bezahlte den Stromtransport deswegen zunächst in voller Höhe.
Dieses Geld blieb nicht beim Stromversorger, sondern wurde von diesem über ein verbundenes Unternehmen an den Netzbetreiber weitergeleitet. Dieser hatte zum Jahresende also zuviel Geld: Der Letztverbraucher hatte die veröffentlichten Netzentgelte bezahlt, schuldete eigentlich weniger und wollte die Differenz natürlich zurück.
In der Zwischenzeit war aber der Versorger insolvent geworden und das verbundene Unternehmen, über das die Netzentgelte geflossen waren, auch. Für Zahlungsströme von diesem Unternehmen an Dritte galt also die Insolvenzordnung. Damit wäre wohl nur ein Bruchteil des überzahlten Geldes beim Letzverbraucher angekommen. Das sah der Letztverbraucher nicht ein und zog in Frankfurt an der Oder vor Gericht.
Das LG Frankfurt O. gab dem Letztverbraucher recht: Es handelt sich nämlich gar nicht um einen Anspruch, der über das verbundene Unternehmen des Versorgers abgewickelt wird und auf diesem Umweg in die Insolvenzmasse fällt. Denn § 19 Abs. 2 S. 1 StromNEV sagt sehr klar, dass dem Letztverbraucher das abgesenkte Netzentgelt zusteht. Er hat also auch dann, wenn der Zahlungsstrom nicht direkt vom Verbraucher an den Netzbetreiber geht, einen Rückforderungsanspruch gegen diesen. Der insolvente Versorger ist also nur der „Postbote“, aber hat keinen eigenständigen Anspruch gegen den Netzbetreiber, der vor Weiterleitung in die Masse fallen kann (Miriam Vollmer).