Model wider Willen

Die werden sich schon melden, wenn was ist.“, soll der Geschäfts­führer eines Stadt­werks seiner Vertriebs­lei­terin einmal geant­wortet haben, als die zu bedenken gab, dass auf den Fotos, die in einen Flyer sollten, gut erkennbar Leute abgebildet waren. Soweit wir wissen, ging damals alles gut. Aber wie es auch laufen kann, illus­triert ein aktueller Fall:

In Brandenburg wird demnächst gewählt. Die CDU Brandenburg hat deswegen eine Broschüre aufgelegt. Diese beschäftigt sich mit innerer Sicherheit und enthält das „Regie­rungs­pro­gramm“ der CDU. Die Broschüre enthält diverse Fotografien.

Auf einem dieser Bilder ist Herr Storch abgebildet, ein ranghoher Polizist, Leiter der Polizei­di­rektion Nord mit Sitz in Neuruppin. Wie sich im Nachhinein heraus­stellte, steht er wohl der SPD nahe. Jeden­falls wollte er nicht für die CDU Werbung machen. Das Ende vom Lied? Die CDU muss die gesamte Auflage einstampfen. Das kostet einen vierstel­ligen Betrag.

Nun ist es nicht alltäglich, dass tatsächlich jemand kommt und gegen Veröf­fent­li­chungen seiner Bilder vorgeht. Es kommt aber vor. Und in diese Fällen kann derjenige, der veröf­fent­licht hat, tatsächlich recht wenig dagegen unter­nehmen. Dies zeigt ein Blick in § 23 KUrhG. Hier sind nämlich dieje­nigen Fälle geregelt, in denen es erlaubt ist, Bilder ohne Einwil­ligung des Abgebil­deten zu verbreiten. Hiernach geht es entweder um eine Person der Zeitge­schichte. Oder die Person ist Beiwerk neben einer Landschaft oder einem Ort, spaziert also beispiels­weise in einer Parkanlage herum, weil man die ja nun nicht komplett sperren kann, wenn man ein Foto machen will. Bilder von Versamm­lungen, Aufzügen etc. sind auch ausge­nommen, und die Kunst ist privilegiert.

Erkennbar legiti­miert nichts davon die Verbreitung eines Bildes, auf dem besagter Polizist abgebildet ist. Ebenso dürfte es mit vielen Bildern aussehen, die auf Homepages, in Broschüren etc. landen. Und dabei ist das Verhältnis zum Daten­schutz noch nicht einmal ganz geklärt.

Ist es schief­ge­gangen, gibt es im Übrigen auch kein Recht, statt die Broschüre einzu­stampfen, dem Abgebil­deten Geld zu zahlen. Niemand muss gegen seinen Willen zum Model mutieren. Insofern mag man durchaus abwarten, dass „die sich schon melden werden“, wie der oben zitierte Geschäfts­führer meinte. Aber wenn sie sich melden, gibt es wenig Möglich­keiten, am Werbe­ma­terial festzu­halten, wenn der Abgebil­deten das partout nicht will.

2019-08-02T09:09:31+02:002. August 2019|Wettbewerbsrecht|

Famili­en­strom und Kinderbild

Verdammt! Ausge­rechnet das beste Bild der neuen Famili­en­strom-Kampagne der Stadtwerk Oberal­theim GmbH (SWO) soll Vertriebs­leiter Valk von der Homepage nehmen! Dabei hatte er diesmal ausdrücklich daran gedacht, eine Zustimmung in die Veröf­fent­li­chung des Fotos einzuholen.

Auf dem bösen Bild sitzen Mutter und Tochter auf dem Balkon und frühstücken. Die attraktive rothaarige Mutter, das Kind mit einer auffäl­ligen Ähnlichkeit mit Kobold Pumuckl, im Hinter­grund der Unter­al­t­heimer See: Ein besseres und werbe­träch­ti­geres Bild konnte Valk sich kaum mehr vorstellen. Und die Mutter hatte doch unterschrieben!

Beschwert hatte sich deswegen natürlich auch nicht die Mutter. Statt­dessen hatte sich der Anwalt des – von ihr geschie­denen – Vaters gemeldet. Was Valk nicht gewusst hatte: der Vater des reizenden Kindes arbeitete ausge­rechnet beim direkten Konkurrenten. 

Leider kann hier auch Justi­ziaren Birte Berlach nicht helfen. Kommen­tarlos schickt sie Valk eine Entscheidung des OLG Oldenburg vom 24.5.2018 (13 W 10/18). In dieser Entscheidung, in der es vorder­gründig um Prozess­kos­ten­hilfe geht, spricht das nieder­säch­sische Oberlan­des­ge­richt klar aus, dass die Einwil­ligung nach § 22 Kunst­ur­he­ber­gesetz (KunstUrhG) eine Entscheidung über eine Angele­genheit darstellt, deren Regelung für das Kind von erheb­licher Bedeutung ist. Solche Entschei­dungen dürfen Eltern – anders als Entschei­dungen des täglichen Lebens – nur im gegen­sei­tigen Einver­nehmen treffen. Dies begründet das OLG zum einen mit der Seltenheit solcher Entschei­dungen. Zum anderen mit erheb­lichen Auswir­kungen auf die Entwicklung des Kindes, hier mit der Gefährdung des allge­meinen Persön­lich­keits­rechts durch die Publi­kation gegenüber einer theore­tisch unbegrenzten Anzahl an Menschen, und dem Umstand, dass eine verläss­liche Löschung von Fotos im Netz unmöglich und eine etwaige Weiter­ver­breitung kaum kontrol­lierbar sind. Außerdem handelte es sich auch bei dem entschie­denen Fall um eine werbliche Verwendung.

Es hilft also nichts. Falk muss das Foto entfernen.

2019-06-19T14:11:00+02:0019. Juni 2019|Wettbewerbsrecht|

Das BMJ plant Verein­fa­chungen bei der Kennzeichnungspflicht

Es ist schwierig: Bis jetzt sind wettbe­werb­liche Handlungen nicht unbedingt bezahlt. Denn das Gesetz über den unlau­teren Wettbewerb stellt für die Definition geschäft­licher Handlungen darauf ab, ob eine Absatz­för­derung vorliegt, nicht dagegen, ob Geld fließt. Dies hat Bedeutung für die Kennzeich­nungs­pflicht als Werbung, die sich aus § 5a Abs. 6 UWG ergibt, wo es heisst: 

Unlauter handelt auch, wer den kommer­zi­ellen Zweck einer geschäft­lichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmit­telbar aus den Umständen ergibt, und das Nicht­kennt­lich­machen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäft­lichen Entscheidung zu veran­lassen, die er andern­falls nicht getroffen hätte.“

Im Zeitalter sozialer Medien ist diese Regelung aller­dings schwie­riger als je zuvor. In der Vergan­genheit erkannte der Verbraucher Werbung in aller Regel recht schnell. Dazu gab es auch kaum unbezahlte Werbung, wer einen Fernsehspot schaltete oder eine Anzeige abdruckte hatte bis auf seltene Ausnahmen dafür bezahlt.

Das ist heute nicht mehr ebenso selbst­ver­ständlich wie früher. Influencer werben nämlich anders als der klassische Fernseh­mo­de­rator, der sich nebenbei mit Werbe­spots etwas dazu verdiente. Es gehört gerade zum Geschäft der Influencer, dass sie ihre Beliebtheit dazu nutzen, Produkte zu empfehlen. Wenn sie hierfür bezahlt werden, ist dies zu kennzeichnen, soweit ist die Sache klar. Wer sich daran nicht hält, kann abgemahnt werden. 

Aber nun kommt der Haken: Oft fließt gar kein Geld. Und noch nicht einmal die Produkte werden gestellt. Schließlich ist der Influencer ja nicht nur lebende Litfaß­säule. Er ist auch, und dieses „auch“ macht es schwierig, eine Privat­person, die aus schierer Begeis­terung ein Lokal, ein neues Buch oder auch eine Handtasche bejubelt und damit empfiehlt.

Muss der Influencer auch solche Formen der Absatz­för­derung als Werbung kenntlich machen? Zuletzt hatte die Recht­spre­chung – das viel bespro­chene Urteil des LG München zur  Fußbal­lerfrau Cathy Hummels – zu dem überra­schenden Ergebnis geführt, dass bei manchen sehr erfolg­reichen Accounts quasi nichts mehr als Werbung gekenn­zeichnet werden müsste, weil das Publikum bei so großen Accounts gar nicht von einem privaten Account ausgehen würde, sondern quasi immer Werbung erwartet und bekommt. Doch wie auch immer: Die Rechts­un­si­cherheit ist aktuell erheblich.

Hier versucht nun das Bundes­jus­tiz­mi­nis­terium den Betrof­fenen künftig das Leben etwas zu erleichtern. Es plant, eine klarstel­lende Regelung ins UWG aufzu­nehmen. Nach dieser soll eine Werbung, die auch die Kennzeich­nungs­pflicht nach § 5a Abs. 6 UWG nach sich zieht, dann vorliegen, wenn Geld fließt. Abgren­zungs­schwie­rig­keiten wie heute gehören dann der Vergan­genheit an. 

2019-06-13T18:08:39+02:0013. Juni 2019|Digitales, Wettbewerbsrecht|