Fristen sind da, um sie auszu­nutzen – aber Vorsicht ist geboten

Fristen kennt jeder – erst sind sie weit weg und kommen dann doch überra­schend. Das ist  so wie mit Weihnachten. „Fristen sind da, um sie auszu­nutzen“, sagt gern der Anwalt augen­zwin­kernd, meint damit aber, dass er sich erst um die Angele­genheit kümmert, wenn sie anzubrennen droht. Doch bei Fristen kann es auch schnell gefährlich werden.  Grund­sätzlich unter­scheidet man zwischen gesetz­lichen und behörd­lichen Fristen. Gesetz­liche Fristen sind streng: Eine Verlän­gerung ist nur zulässig, wenn das Gesetz es ausdrücklich erlaubt. Wer eine gesetz­liche Frist versäumt, kann nur auf Wieder­ein­setzung in den vorigen Stand hoffen – und muss dafür nachweisen, dass ihn kein Verschulden trifft (§ 32 VwVfG).

Behörd­liche Fristen hingegen werden von der Verwaltung selbst gesetzt. Und hier gilt: Flexi­bi­lität. Eine Verlän­gerung ist sogar rückwirkend möglich – auf Antrag oder sogar von Amts wegen. Die Behörde muss verlängern, wenn es unbillig wäre, beim Frist­ver­säumnis zu bleiben. Das gibt dem Betrof­fenen ein starkes Argument. Doch Vorsicht: Gerade Fristen wie die Rechts­mit­tel­frist gegen einen Bescheid der Behörde ist gerade keine behörd­liche Frist, sondern gesetzlich und damit zwingend zu beachten. Ansonsten wird ein Bescheid rechts­kräftig. Ganz besonders scharf sind die materi­ell­recht­lichen Ausschluss­fristen. Diese Fristen können nicht verlängert und auch nicht durch Wieder­ein­setzung geheilt werden. Wird sie versäumt, ist der Anspruch unwie­der­bringlich weg.

Und was, wenn die Frist an einem Wochenende oder Feiertag endet? Kein Problem – sie läuft am nächsten Werktag ab. Nur in Ausnah­me­fällen – etwa bei Seuchen­schutz oder eindeu­tigem Hinweis auf ein fixes Datum – kann davon abgewichen werden (§ 31 Abs. 3 VwVfG). Eine generelle Abkürzung aller Fristen wäre unzulässig. Ob bei Bauan­trägen oder im Umgang immis­si­ons­schutz­recht­lichen Geneh­mi­gungen, Anord­nungen und weiteren behörd­lichen Maßnahmen gilt: Fristen beachten! Fristen sind nicht nur zum Ausreizen da – sondern vor allem zum Ernst­nehmen. Und das macht Ihr Anwalt auch. (Dirk Buchsteiner)

2025-06-20T19:19:31+02:0020. Juni 2025|Allgemein, Umwelt, Verwaltungsrecht|

BMUKN: Rohstoff-Fußab­druck auf niedrigstem Wert seit 2010

Die gestrige Presse­mit­teilung des Bundes­um­welt­mi­nis­terium für Umwelt, Klima­schutz, Natur­schutz und nukleare Sicherheit (BMUKN) (siehe hier) klingt zunächst wie eine Erfolgs­meldung: Der Rohstoff-Fußab­druck Deutsch­lands ist laut Statis­ti­schem Bundesamt 2022 (tja, neuer sind die Zahlen nicht) auf 14,4 Tonnen pro Kopf gesunken – der niedrigste Wert seit Einführung der heutigen Berech­nungs­me­thodik im Jahr 2010. Auch der gesamt­wirt­schaft­liche Rohstoff­einsatz ist auf 2,5 Milli­arden Tonnen gefallen, rund 160 Millionen Tonnen weniger als im Vorjahr. Doch was bedeutet das wirklich – für Ressour­cen­schonung, Kreis­lauf­wirt­schaft und Klimaschutz?

Zweifellos ist ein gerin­gerer Rohstoff­ver­brauch ein positiver Indikator. Weniger Materi­al­einsatz kann auf eine effizi­entere Wirtschafts­weise hinweisen – oder eben auch auf eine konjunk­tu­relle Abkühlung, die den Bedarf einfach schrumpfen lässt. Vor allem vor dem Hinter­grund der Energie­krise, steigender Preise und einer schwä­chelnden Indus­trie­pro­duktion im Jahr 2022 kann man Letzteres auch nicht ganz von der Hand weisen. Ein tempo­rärer Rückgang ersetzt keine struk­tu­relle Trans­for­mation. Ein genauer Blick auf die Zahlen zeigt zudem: Die deutsche Wirtschaft bleibt hochgradig rohstoff­ab­hängig – insbe­sondere von Importen. Rund 80 Prozent der einge­setzten fossilen Energie­träger (die heimi­schen 20 % sind übrigens Braun­kohle) und nahezu 100 Prozent der metal­li­schen Erze stammen aus dem Ausland. Rohstoff­ab­hän­gigkeit ist eine offene Flanke, insbe­sondere bei kriti­schen Rohstoffen und machen daher eine Stärkung der Kreis­lauf­wirt­schaft nicht nur aus wirtschaft­lichen und klima­po­li­ti­schen Erwägungen notwendig, sondern auch aus Gründen der natio­nalen Sicherheit. Obige Zahlen machen deutlich, wie weit Deutschland noch von einer funktio­nie­renden Circular Economy entfernt ist. Denn eine echte Kreis­lauf­wirt­schaft reduziert nicht nur den Bedarf an Primär­roh­stoffen, sondern macht die Volks­wirt­schaft resili­enter gegenüber geopo­li­ti­schen Risiken und Lieferkettenstörungen.

Ebenfalls proble­ma­tisch: Große Teile der einge­setzten Rohstoffe fließen weiterhin in export­ori­en­tierte Produk­ti­ons­pro­zesse. Für den inlän­di­schen „Rohstoff-Fußab­druck“ bleiben sie damit außen vor – obwohl sie klima­po­li­tisch sehr wohl ins Gewicht fallen. Denn jede Tonne CO₂, die bei der Förderung, Verar­beitung und Ausfuhr dieser Rohstoffe entsteht, wirkt sich global aus, auch wenn sie „buchhal­te­risch“ nicht Deutschland zugerechnet wird.

Die Zahlen zeigen also zweierlei: Ja, es gibt Bewegung. Aber sie ist zu langsam, zu wenig zirkulär und bislang eher krisen­ge­trieben als syste­misch gestaltet. Wenn Deutschland seine Rohstoff­ab­hän­gigkeit ernsthaft reduzieren, eine echte Circular Economy etablieren und die Klima­ziele erreichen will, braucht es mehr als statis­tische Licht­blicke. Es braucht verbind­liche Ressour­cen­schutz­ziele, einen flächen­de­ckenden Ausbau der Sekun­där­roh­stoff­nutzung, eine konse­quente Abfall­ver­meidung und eine Indus­trie­po­litik, die Wertschöpfung neu denkt – nachhaltig, lokal, kreis­lauf­fähig. Der niedrigste Rohstoff­ver­brauch seit 2010 ist kein Grund, sich zurück­zu­lehnen. Es ist ein Anlass, den Fußab­druck dauerhaft kleiner werden zu lassen und das System dahinter zu verändern ohne auf Wirtschafts­kraft und Innovation zu verzichten. (Dirk Buchsteiner)

2025-06-06T18:00:19+02:006. Juni 2025|Abfallrecht, Industrie, Klimaschutz, Umwelt|

Inkraft­treten von § 2a der BioAbfV

Die Bioab­fall­ver­ordnung (BioAbfV) regelt die Verwertung von Bioab­fällen auf landwirt­schaftlich, forst­wirt­schaftlich und gärtne­risch genutzten Böden. Wir erinnern uns, 2022 gab es eine „kleine Novelle“ der Bioab­fall­ver­ordnung mit gestaf­feltem Inkraft­treten von einzelnen Vorschriften. Die Anfor­de­rungen an die Fremd­stoff­ent­frachtung in § 2a traten nun zum 01.05.2025 in Kraft.

Hierin heißt es u.a.: Der Anteil der Fremd­stoffe Glas, Metalle und Kunst­stoffe mit einem Siebdurchgang von mehr als 2 Milli­metern darf zusammen einen Höchstwert von 0,5 vom Hundert, bezogen auf die Trocken­masse des Materials, bei den in Absatz 1 genannten Bioab­fällen und Materialien nicht überschreiten (…).

Zu diesen Anfor­de­rungen gehört unter anderem auch, dass Aufbe­reiter, Bioab­fall­be­handler und Gemisch­her­steller übernommene verpackte Bioab­fälle – insbe­sondere verpackte Lebens­mit­tel­ab­fälle – zunächst von anderen Bioab­fällen getrennt halten und eine geson­derte Verpa­ckungs­ent­frachtung durch­führen müssen. Die Fremd­stoffe, sprich, Verpa­ckungen, sollen dabei in möglichst großstü­ckigem Zustand aussor­tiert werden.

Von Verbands­seite wird diese Verschärfung durchaus begrüßt. Vom BDE Bundes­verband der Deutschen Entsorgungs‑, Wasser- und Kreis­lauf­wirt­schaft e. V. hieß es dazu: „Wir unter­stützen die neuen Vorgaben, da sie den Eintrag von Kunst­stoffen und anderen Störstoffen in die Umwelt reduzieren und die Qualität der Bioab­fälle deutlich verbessern“. „Eine sorgfältige Getrennt­sammlung war schon immer erfor­derlich. Kunst­stoffe, Metalle und Glas gehören nicht in die Biotonne, da sie hohe Behand­lungs­kosten verur­sachen und die Qualität der Komposte mindern. Die neuen Grenz­werte richten sich primär an die Kommunen, die durch Abfall­sat­zungen Anreize für bessere Mülltrennung schaffen können – etwa durch Öffent­lich­keits­arbeit, Gebüh­ren­mo­delle oder Sanktionen bei Fehlwürfen. Mit kluger lokaler Steuerung müssen dadurch keine zusätz­lichen Kosten für Bürge­rinnen und Bürger entstehen“. (so steht es zumindest im Recycling Magazin).

So richtig es auch ist, Bioabfall von Fremd­stoffen zu trennen, so bausch­schmerz­be­haftet ist es dann doch oftmals in der Praxis. Fehlwürfe sind ein Problem, besonders in Städten. Was in welche Tonne kommt, lernt man zwar auch in der Schule (oder sollte es dort lernen). Doch gilt hier auch der Grundsatz, was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Steigende Kosten sind dann die logische Folge, denn wenn nicht am Entste­hungsort getrennt wird, helfen am Ende auch modernste Maschinen nicht, heißt es aus der Praxis. Der Verbraucher hat mitunter immer noch nicht gelernt, dass die Plastiktüte („ist doch kompost­tierbar!“) nicht in die Biotonne gehört. Auch zu den Biomüll­pa­pier­tüten gibt es unter­schied­liche Meinungen. In Berlin sind diese gestattet, woanders nicht. Das Ziel sollte aber sein, dass am Ende dann Energie produ­ziert bzw. ein guter Kompost aus dem Bioabfall herge­stellt wird. Für letzteren besteht dann auch die Hoffnung, dass dieser auch beim Behandler das Ende der Abfall­ei­gen­schaft erreicht. Doch das ist ein anderes Thema. (Dirk Buchsteiner)

2025-05-02T16:57:50+02:002. Mai 2025|Abfallrecht, Gesetzgebung, Industrie, Umwelt|