Eine Radlerin ist eine Radlerin ist eine Radlerin…

Was tun, wenn eine Verkehrs­ampel einfach nicht grün wird? Für Kraft­fahr­zeuge gibt es dazu einschlägige Recht­spre­chung. Nach einer angemes­senen Wartezeit, nach der davon auszu­gehen ist, dass eine Funkti­ons­störung vorliegt, darf vorsichtig auf die Kreuzung gefahren und – wenn kein Querverkehr kommt – die vorrangige Straße überquert werden. Denn auch die Signale von Verkehrs­ampeln, die im Amtsdeutsch bekanntlich Licht­zei­chen­an­lagen heißen, sind Verwal­tungsakte. Wenn sie offen­sichtlich im Wider­spruch zu dem stehen, was sinnvol­ler­weise program­miert wurde, sind sie nicht nur rechts­widrig, sondern nichtig i.S.d. § 44 VwVfG und müssen nicht beachtet werden.

Im Fall einer Fahrrad­fah­rerin hatte das Amtsge­richt Hamburg-Blankenese vor einiger Zeit anders entschieden. Die Verkehrs­teil­neh­merin hatte nach eigenem Bekunden mehr als 5 Minuten an der roten Ampel gewartet. Schließlich war sie davon ausge­gangen, dass sie kaputt sei. Tatsächlich ging die Polizei, die den Vorgang vor Ort beobachtet hatte, davon aus, dass lediglich die Induk­ti­ons­schleife zur Bedarfs­an­meldung nicht dafür ausgelegt sei, auch Fahrräder zu berück­sich­tigen. Jeden­falls wurde sie nach dem Überqueren der Kreuzung von der Polizei zur Kasse gebeten. Immerhin eine Geldbuße von 100 Euro sollte sie zahlen.

Das Amtsge­richt Hamburg-Blankenese hat die Geldbuße nicht beanstandet. Zwar sei die Licht­zei­chen­anlage nicht auf Grün gesprungen, aber die Radfah­rerin hätte ja ohne weiteres absteigen und die Kreuzung mit Hilfe einer auf der rechten Seite befind­lichen, mit einem Anfra­ge­knopf ausge­stat­teten Fußgän­ger­be­darfs­ampel überqueren können.

Auf die Beschwerde der Radfah­rerin hat das OLG Hamburg dies verneint, denn:

Radfah­rende sind auch nicht etwa als „quali­fi­zierte Fußgänger“ anzusehen, denen unabhängig von etwaigen straßen­ver­kehrs­recht­lichen Anord­nungen nach Belieben angesonnen werden könnte oder müsste, vom Fahrrad abzusteigen und fortan als Fußgänger am Verkehr teilzunehmen.“

Für den Radverkehr ist dies eine gute Botschaft. Denn die Vorstellung, dass es doch jederzeit möglich sei, abzusteigen und zu schieben, ist einer der Gründe, warum Deutschland immer noch weit entfernt ist von einer lücken­losen Radver­kehrs­in­fra­struktur, die es ermög­licht, sicher und behin­de­rungsfrei längere Strecken zurück­zu­legen. (Olaf Dilling)

2024-06-14T16:32:08+02:009. Oktober 2023|Rechtsprechung, Verkehr|

Bundes­netz­agentur untersagt gas.de die Tätigkeit als Energie­lie­ferant von Haushaltskunden

Wer in Deutschland als Energie­ver­sorger tätig sein möchte benötigt dafür eine Versor­ger­er­laubnis des Haupt­zoll­amtes und – sofern er als Energie­ver­sorger Haushalts­kunden beliefern möchte – muss er das gem. § 5 EnWG bei der Bundes­netz­agentur anzeigen. Diese muss dafür keine ausdrück­liche Geneh­migung erteilen, kann aber gem. § 5 Abs. 5 EnWG einem Energie­lie­fe­ranten die Ausübung der Tätigkeit jederzeit ganz oder teilweise unter­sagen, wenn die perso­nelle, technische oder wirtschaft­liche Leistungs­fä­higkeit oder Zuver­läs­sigkeit nicht gewähr­leistet ist.

Genau das hat die Bundes­netz­agentur nun vor kurzem offenbar beim Energie­ver­sorger gas.de getan.

 

Die Bundes­netz­agentur hat der gas.de Versor­gungs­ge­sell­schaft mbH die Tätigkeit als Energie­lie­ferant von Haushalts­kunden untersagt“ heißt es in der entspre­chenden Pressemeldung.

Gas.de halte nach Auffassung der Bundes­netz­agentur die gesetz­lichen Regeln nicht ein, die einer sicheren und verbrau­cher­freund­lichen Energie­ver­sorgung dienen. Daher habe die Bundes­netz­agentur die Tätigkeit der gas.de Versor­gungs­ge­sell­schaft mbH als Energie­lie­ferant zum Schutz der Haushalts­kunden untersagt.

Laut Presse­mit­teilung wurde die Behörde tätig, nachdem der Versorger zunächst Ende 2021 den Betrieb komplett einge­stellt und zahlreichen Kunden außer­or­dentlich gekündigt hatte – was bis heute Gegen­stand von Schaden­er­satz­pro­zessen gegen das Unter­nehmen ist – und nun im Jahr 2023 eine Wieder­auf­nahme der Tätigkeit anzeigen wollte.

(Christian Dümke)

2023-10-06T13:40:21+02:006. Oktober 2023|Energiepolitik, Gas, Rechtsprechung|

BGH kippt Erlös­ober­grenze der Gasnetz­ent­gelt­re­gu­lierung wegen fehler­haftem Effizienzvergleich

Netznut­zungs­ent­gelte unter­liegen in Deutschland der staat­lichen Kontrolle, genauer gesagt der Kontrolle durch die Bundes­netz­agentur. Diese legt jedoch nicht für jeden einzelnen Netzbe­treiber das zulässige Entgelt in tatsäch­licher Höhe vor, sondern legt für jede Regulie­rungs­pe­riode im Rahmen der Anreiz­re­gu­lierung eine sog. Erlös­ober­grenze fest.

Wichtiger Bestandteil zur Festlegung dieser Erlös­ober­grenze ist nicht nur die beim jewei­ligen Netzbe­treiber vorlie­gende Kosten­struktur, die durch die Netznut­zungs­ent­gelte finan­ziert werden muss, sondern auch die jeweilige Effizienz des Unter­nehmens. Denn der Staat möchte die Netzbe­treiber durch die Netzent­gelt­re­gu­lierung zu stetiger Effizi­enz­stei­gerung anhalten.

Zu diesem Zweck findet regel­mäßig ein Effizi­enz­ver­gleich der Netzbe­treiber statt, den die Bundes­netz­agentur vornimmt, um den jewei­ligen Effizi­enzwert zu bestimmen.

Diese Bestimmung erfolgte jedoch fehlerhaft, stellte nun der Bundes­ge­richtshof mit Entscheidung vom 26.09.2023, Az. EnVR 37/21 fest. Die auf dieser Basis ermit­telte Erlös­ober­grenze ist damit unwirksam und muss neu bestimmt werden. Der zentrale Fehler des Effizi­enz­ver­gleiches ist nach Ansicht der klagenden Netzbe­treiber und auch des BGH, dass auch Netzbe­treiber mit einer abwei­chenden Versor­gungs­struktur, die regio­nalen Fernlei­tungs­ver­sorger, einbe­zogen worden sind.

 

Das Oberlan­des­ge­richt (OLG) Düsseldorf als Vorin­stanz hatte die Rechts­frage noch anders beurteilt. und das Vorgehen der Bundes­netz­agentur unter Verweis auf das bestehende „Regulie­rungs­er­messen“ als zulässig erachtet.

Es ist nicht das erste Mal, dass Netzbe­treiber erfolg­reich gegen die Festlegung der Erlös­ober­grenze vorgehen.

(Christian Dümke)

2023-09-29T12:01:38+02:0029. September 2023|BNetzA, Gas, Netzbetrieb, Rechtsprechung|