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Von Verbrenner zugeparkte Ladesäule: Was tun?

Von „bin nur ganz kurz Brötchen holen“ über „wo soll ich denn sonst parken?“ bis „das machen hier doch alle“ und „ich wohne hier!“ reichen die belieb­testen Ausreden, wenn Menschen ihre Kraft­fahr­zeuge an Plätzen abstellen, die keine Parkplätze sind oder jeden­falls nicht für sie bestimmt. Rechtlich zählen diese Ausreden alle nicht. Und für Menschen, die wirklich auf den Parkplatz angewiesen sind, kann es nerven, sich jedes Mal aufs Neue gegen hinhal­tende Wider­stände sein Recht zu erkämpfen.

Denn für die Nutzer von E‑Autos reicht es nicht, dass irgendwo Ladesäulen sind und man sie nach längerer Suche sogar findet, wenn dort dann ein Verbrenner steht und einen am Laden hindert. Was für Möglich­keiten gibt es, wenn der Fahrzeug­halter nicht vor Ort ist oder sich nicht überzeugen lässt, sein Auto wo anders abzustellen?

Geregelt sind die Bevor­rech­ti­gungen von elektro­nisch betrie­benen Fahrzeugen im E‑Mobilitätsgesetz (EmoG). Bevor­rech­ti­gungen sind dabei sowohl für das Parken auf öffent­lichen Straßen oder Wegen möglich gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 1 EmoG als auch für Parkge­bühren gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 4 EmoG. Umgesetzt werden sie mit den Mitteln der Straßen­ver­kehrs­ordnung, indem mit Hilfe von Zusatz­zeichen zu Parkver­boten oder zur Anordnung von Parkflächen Bevor­rech­ti­gungen für elektro­nisch betriebene Fahrzeuge angeordnet werden. Grund­sätzlich sind für die Durch­setzung der Regeln über das Halten und Parken die Ordnungs­be­hörden zuständig.

Nun kann man also das zuständige Ordnungsamt anrufen und hoffen, dass genug Kapazi­täten da sind, um zeitnah jemanden vorbei­zu­schicken. Gemäß Bußgeld­ka­talog wird ein Bußgeld in Höhe von 55 Euro fällig, aller­dings kein Eintrag ins Fahreig­nungs­re­gister. Leute, die es drauf ankommen lassen, müssen aller­dings befürchten, dass ihr Fahrzeug auf dem Betriebshof eines Abschlepp­un­ter­nehmens landet. Dass dies in diesen Fällen gerecht­fertigt ist, hat das Oberver­wal­tungs­ge­richt Münster vor knapp zwei Jahren entschieden (OVG Münster, Beschluss vom 13.04.2023 – Az 5 A 3180/21). Das OVG hat es in seiner Entscheidung als zulässig und ermes­sens­feh­lerfrei angesehen, dass die beklagte Gemeinde „Elektro­park­plätze als Funkti­ons­be­reiche konse­quent ‚frei schleppe‘, damit sie ihre Funktion erfüllen könnten“ und dabei Verkehrs­len­kungs- und Umwelt­ge­sichts­punkte eine Rolle spielten.

Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 2 StVO besteht auch eine Eilzu­stän­digkeit der Polizei, wenn Gefahr im Verzug ist, so dass Hilfe auch per Notruf angefordert werden kann. Dies ist jeden­falls dann der Fall, wenn die Fahrt unter­brochen werden müsste oder erheb­liche Umwege in Kauf genommen werden müssten, weil in der Nähe keine alter­native Ladesäule aufzu­treiben ist.

Die oben wieder­ge­gebene Recht­spre­chung des OVG Münster ist begrü­ßenswert, da Falsch­parker ansonsten die vorhandene Ladeinfra­struktur, auf deren verläss­liches Funktio­nieren Nutzer von elektrisch betrie­benen Kfz angewiesen sind, unbrauchbar machen würden. Für Kommunen lässt sich festhalten, dass ein konse­quentes Abschleppen falsch abgestellter Fahrzeuge aus den genannten Gründen gerichtsfest möglich ist. (Olaf Dilling)

2025-03-05T19:27:34+01:005. März 2025|Allgemein, Rechtsprechung, Verkehr|

Nach der Reform ist vor der Reform? Radfahr­streifen laut VG Düsseldorf unzulässig

Der Verord­nungs­geber hat sich nach langem Hin- und Her endlich dazu durch­ge­rungen, dem Fuß- und Radverkehr mehr Platz zu geben und den Kommunen mehr Spiel­räume. Was macht nun das Verwal­tungs­ge­richt Düsseldorf bei erster Gelegenheit? Es stellt in einer Eilent­scheidung bei der Prüfung eines geschützten Radfahr­streifens auf das vorsint­flut­liche Kriterium der Unfall­sta­tistik ab und entscheidet, dass der Radfahr­streifen rückgebaut werden muss (VG Düsseldorf, Beschluss vom 26.02.2025, Az 6 L 3858/24).

Das ist angesichts der Reformen der StVO unter mehreren recht­lichen Gesichts­punkten fragwürdig:

1) Schon die Herab­stufung der quali­fi­zierten zur einfachen Gefahr für Radfahr­streifen in § 45 Abs. 9 Satz 4 Nr. 3 StVO durch die vorher­ge­hende Reform dürfte es erübrigen, einen Unfall­schwer­punkt oder eine überdurch­schnittlich hohe Anzahl an Radfah­renden zu ermitteln. Denn auch ohne ein erheblich über dem Durch­schnitt liegende Wahrschein­lichkeit des Schadens­ein­tritts darf ein Radfahr­streifen von der Kommune angeordnet werden. Jeden­falls, wenn der Radweg im Bestand – unstreitig – zu schmal ist.

2) Erst Recht, nachdem in § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr 7 StVO den Kommunen Möglich­keiten zur Bereit­stellung angemes­sener Flächen für den Fuß- und Radverkehr einge­räumt worden sind, dürfte sich die Entscheidung des VG Düsseldorf nicht halten lassen. Notfalls müsste die Stadt Mönchen­gladbach hier nachlegen und ein Konzept erstellen, aufgrund dessen deutlich wird, dass der Radfahr­streifen dem Umwelt‑, Gesund­heits­schutz oder der geord­neten städte­bau­lichen Entwicklung dient.

3) Auch das weitere Argument, dass die Trenn­ele­mente aus Beton nicht in der StVO vorge­sehen seien geht fehl. Denn es handelt sich gerade nicht um Verkehrs­ein­rich­tungen mit Anord­nungs­cha­rakter, sondern um bloß physisch wirkende straßen­recht­liche Maßnahmen. So wie Bordsteine, die in der StVO auch nicht ausdrücklich vorkommen.

Gerichte haben im Rechts- und Verfas­sungs­staat eine wichtige Aufgabe. Sie müssen Gesetze nicht nur anwenden, sondern auch überprüfen. Zumal wenn es sich bei der Rechts­grundlage um eine Verordnung handelt, müssen sie auf eine verfas­sungs­kon­forme Auslegung achten. Dies darf aber nicht dazu führen, dass Gerichte sich über den Gesetz- und Veror­dungs­geber und seine Inten­tionen hinweg­setzen. Die Rolle der Gerichts­barkeit ist im Rahmen der Gewal­ten­teilung eine dienende. Wenn sich Gerichte über Richtungs­ent­schei­dungen des Gesetz- und Verord­nungs­gebers offen­sichtlich hinweg­setzen, führt dies zu Frustra­tionen und einem Vertrau­ens­verlust in den demokra­ti­schen Prozess.

Es ist zu hoffen, dass Beschwerde eingelegt wird und diese offen­sicht­liche Fehlent­scheidung vom Oberver­wal­tungs­ge­richt aufge­hoben wird. (Olaf Dilling)

2025-03-09T01:23:40+01:0027. Februar 2025|Allgemein, Kommentar, Verkehr|

Was darf Zivil­ge­sell­schaft? „Omas gegen Rechts“ im Faden­kreuz der CDU

Nachdem die CDU in den letzten Wochen des Wahlkampfes wegen ihrer gemein­samen Abstimmung mit der AfD in die Defensive geraten ist, holt sie nun zum Gegen­schlag aus: In einer kleinen Anfrage der Unions­frak­tionen an die Bundes­re­gierung wird zahlreichen Vereinen und Verbänden der Zivil­ge­sell­schaft die Gemein­nüt­zigkeit streitig gemacht. Sie hätten sich durch Aufrufe und Organi­sation von partei­po­li­ti­schen Demons­tra­tionen zu stark positio­niert und dabei ihr Mandat zur Verfolgung gemein­nüt­ziger Ziele gemäß Abgaben­ordnung überschritten.

Ähnlich wie schon die Koope­ration der CDU mit einer rechts­extremen Partei ist der Vorgang in der Geschichte der Bundes­re­publik einmalig. Denn für liberale „westliche“ Gesell­schaften war bisher charak­te­ris­tisch, dass es zwischen dem Staat und der Privat­sphäre noch etwas Drittes gibt: die Zivil­ge­sell­schaft. In Deutschland gewähr­leistet die Verfassung diese (vor-)politische Öffent­lichkeit und schirmt sie zugleich von der Staats­or­ga­ni­sation als auch von der Privat­wirt­schaft ab, sei es über die Gebüh­ren­fi­nan­zierung des öffent­lichen Rundfunks, sei es über das Steuer­pri­vileg der gemein­nüt­zigen NGOs. Die staat­liche Förderung setzt voraus, dass die politische Öffent­lichkeit ihrer­seits plura­lis­tisch und inklusiv ist sowie partei­po­li­tisch neutral und frei von Profit­in­ter­essen. Konkret geregelt ist das zum Beispiel in § 52 Abgaben­ordnung (AO), wo sich die Kriterien für Gemein­nüt­zigkeit finden. Inbesondere wird die Verfolgung eines Katalogs von mehreren zuläs­sigen Zielen gefordert, etwa die Förderung von Natur- oder Umwelt­schutz, von Flücht­lingen, politisch, rassis­tisch oder religiös Verfolgten, die Förderung des Sports „(Schach gilt als Sport)“, die Förderung der Heimat­pflege etc. Die genannten gemein­nüt­zigen Ziele müssen in der Satzung der Organi­sation benannt und gemäß § 56 AO ausschließlich von ihr verfolgt werden. D.h. es darf keine anderen Zwecke geben neben ihnen.

Hier hat die AfD schon länger eine Chance gewittert, die politi­schen Aktivi­täten der Vereine und Verbände, ihre aktive Rolle bei der Meinungs­bildung zu sabotieren: Sie haben mit „München ist bunt“ eine Organi­sation beim Finanzamt angezeigt, die sich gegen Ausgrenzung und für Demokratie einsetzt. Bei „München ist bunt“ hat das Finanzamt entschieden, dass die Gemein­nüt­zigkeit gegeben ist. Trotzdem geraten die Vereine unter Druck. Schon im Sommer 2024 haben deutsch­landweit 110 Vereine, darunter lokale Sport­vereine, darauf hinge­wiesen, dass das Gemein­nüt­zig­keits­recht refor­miert werden solle, da sie von der AfD unter Druck gesetzt würden. Und das ist tatsächlich für Vereine nicht nur ein Ärgernis, sondern ein erheb­liches Risiko. Schließlich ist die Prüfung der Gemein­nüt­zigkeit bei anderen Organi­sa­tionen, etwa Attac und Campac, anders ausge­gangen. Bei Attac hatte schließlich der Bundes­fi­nanzhof entschieden, dass ihre Tätigkeit zu sehr auf politische Meinungs­bildung ausge­richtet sei. 

Die kleine Anfrage der Unions­frak­tionen geht über eine gezielte Korrektur an Fehlent­wick­lungen im Detail deutlich hinaus. Vielmehr stellen die Anfra­genden die Funktion und staat­liche Gewähr­leistung der Zivil­ge­sell­schaft viel grund­sätz­licher in Frage. Und das in einer bemer­kenswert raunenden Rhetorik: „Manche Stimmen sehen in den NGOs eine Schat­ten­struktur, die mit staat­lichen Geldern indirekt Politik betreibt“, so heißt es wörtlich in der Anfrage. Wenn man Kritik übt – und das dann noch in Form einer Unter­stellung, liebe Bundes­tags­ab­ge­ord­neten der Union, dann soll man schon Ross und Reiter nennen. Wenn man sich das nicht traut, dann mögli­cher­weise, weil man offen legen müsste, dass man sich auf rechts­extreme Verschwö­rungs­theo­re­tiker beruft.

Die CDU bewegt sich daher mit ihrer Strategie in den Fußstapfen der AfD, die schon länger ihr unliebsame NGOs bei den Finanz­ämtern angeschwärzt hat. Der zivil­ge­sell­schaft­liche öffent­liche Raum ist bestimmten politi­schen Akteuren rechts der Mitte offenbar ein Dorn im Auge. Es sind nicht mehr nur die offen­sicht­lichen Feinde von Plura­lismus und Meinungs­freiheit, die AfD, sondern auch die Verfechter eines vermeintlich effizi­enten „Durch­re­gierens“ die immer strengere Kriterien für die politische Betätigung zivil­ge­sell­schaft­licher Organi­sa­tionen durch­zu­setzen versuchen. Dadurch kommen nicht nur diese Organi­sa­tionen, sondern allgemein die Möglichkeit der freien Meinungs­bildung in der Öffent­lichkeit jenseits von Staats­or­ga­ni­sation und Privat­wirt­schaft unter Druck.

Rechtlich ist dabei aber zu berück­sich­tigen, dass Parteien gemein­nüt­zigen Organi­sa­tionen keineswegs einen „Maulkorb“ anlegen dürfen. Vielmehr ist es auch nach der Rechts­spre­chung des Bundes­fi­nanzhofs durchaus erlaubt, sich als gemein­nützige NGO politisch zu äußern, solange dies auch dem gemein­nüt­zigen Vereins­zweck dient. Umwelt­ver­bände dürften also durchaus gegen die CDU auf die Straße gehen, wenn sie Windräder rausreißen will und die Atomkraft fördern. Umwelt­schutz darf nicht auf das Aufhängen von Vogel­häuschen beschränkt werden. Genauso dürfen natürlich auch Organi­sa­tionen, die sich für politisch oder rassis­tisch verfolgte Flücht­linge einsetzen, für das Asylrecht und gegen den Schul­ter­schluss zwischen AfD und CDU auf die Straße gehen. Vor den Gerichten dürfte die CDU mit ihrem Vorstoß daher vermutlich in den aller­meisten Fällen krachend scheitern.

Deutlich wird aber auch, dass es höchste Zeit wäre, das Gemein­nüt­zig­keits­recht zu refor­mieren, um für Vereine Klarheit zu schaffen. Gefordert wird das aktuell etwa von der Gesell­schaft für Freiheits­rechte. So eine Reform muss deutlich machen, dass zivil­ge­sell­schaft­liche Organi­sa­tionen für alle Bevöl­ke­rungs­gruppen offen sein müssen, Menschen­rechte und Demokratie respek­tieren sollen. Konflikte mit Parteien, die offen für Ausgrenzung und gegen Demokratie eintreten, sind dabei unver­meidbar. Sie dürfen nicht dazu führen, dass zivil­ge­sell­schaft­liche Akteure ihre Gemein­nüt­zigkeit verlieren. (Olaf Dilling)

 

2025-02-25T21:44:46+01:0025. Februar 2025|Allgemein|