Die neue „Übergangs­ver­sorgung“ – § 38a EnWG‑E

Ende 2022 hingen wir einige Male am Telefon: Großkun­den­ver­träge Gas und Strom liefen zum Jahresende aus, und ein Ersatz war einfach nicht zu beschaffen. Wir kennen eigentlich viele Leute. Aber das hatten wir noch nicht erlebt.

Das Problem sah auch die Politik. Sie erließ deswegen für die Monate Januar und Februar 2023 einen § 118c EnWG, der eine befristete Notver­sorgung von Letzt­ver­brau­chern durch denje­nigen Energie­lie­fe­ranten vorsah, der den jewei­ligen Letzt­ver­braucher bis zum 31. Dezember 2022 beliefert hatte. Die Betrof­fenen erhielten somit zwei Monate Zeit, um einen neuen Liefe­ranten zu finden. Der Lieferant war berechtigt, die Kosten der kurzfris­tigen Beschaffung mit einem Aufschlag von 10 % weiter­zu­geben. Damit schloss die Politik für einen vorüber­ge­henden Zeitraum eine Lücke: Die Ersatz­ver­sorgung nach § 38 Abs. 1 EnWG regelt nur die Versorgung in der Nieder­spannung bezie­hungs­weise im Niederdruck.

Hieran will der Gesetz­geber nun ganz anders, aber mit ähnlicher Zweck­richtung, anknüpfen (siehe hier). Ein neuer § 38a EnWG soll eine Übergangs­ver­sorgung auch für Mittel­spannung bzw. Mittel­druck ermög­lichen. Erfasst werden sollen dabei auch Letzt­ver­braucher, die direkt an einer Umspannung von Nieder­spannung auf Mittel­spannung angeschlossen sind. Aller­dings ist keine verpflich­tende Regelung vorge­sehen. Vielmehr soll die neue Vorschrift es ermög­lichen, dass der örtliche Netzbe­treiber und der lokale Grund­ver­sorger ein Angebot zur Übergangs­ver­sorgung verein­baren können. Der Abschluss einer solchen Regelung ist also fakul­tativ. Eine Zuordnung der Versor­gungs­pflicht zu einer anderen Person erlaubt der Entwurf jedoch nicht. Gibt es eine solche Verein­barung, muss sie aber diskri­mi­nie­rungsfrei angewandt werden, verweigert werden darf deswegen nur bei Unzumutbarkeit.

Damit es nicht zu einer Versor­gungs­lücke kommt, verpflichtet ein geplanter Abs. 4 den Netzbe­treiber, betroffene Letzt­ver­braucher bei Kenntnis eines drohenden vertrags­losen Zustands zu infor­mieren, wie es weitergeht. Er muss diese Infor­ma­tionen zwar nicht selbst aktiv beschaffen, aber sobald er Kenntnis hat, muss er tätig werden.

Bei den Bedin­gungen der Übergangs­ver­sorgung greift der Entwurf auf die bewährten Regeln der Ersatz­ver­sorgung in Nieder­spannung bzw. Nieder­druck zurück. Es besteht eine Veröf­fent­li­chungs­pflicht, auch hinsichtlich der Tarife. Diese dürfen jeweils zum 1. und zum 15. eines Monats geändert werden. Auch entsteht keine dauer­hafte Versor­gungs­pflicht, sondern lediglich eine zeitlich befristete Übergangs­ver­sorgung über maximal drei Monate.

Doch was passiert, wenn Grund­ver­sorger und Netzbe­treiber keine Verein­barung treffen? Mit dieser Frage hat sich die Recht­spre­chung bereits befasst. Die Lage ist jedoch nicht eindeutig: Es gibt Recht­spre­chung zu dieser Frage, die aber nicht wider­spruchsfrei ist,  insbe­sondere hinsichtlich der Frage, aus welchem Portfolio Strom stammt, der vertragslos entnommen wurde (hier, hier und hier). Schon um diese Unsicherheit zu besei­tigen, wäre eine gesetz­liche Regelung sinnvoll. Aller­dings ist zu befürchten, dass sie aufgrund ihres fakul­ta­tiven Charakters nicht flächen­de­ckend zur Klärung beiträgt. Im Ergebnis muss also sicher weiterhin im Einzelfall geprüft werden (Miriam Vollmer).

2025-08-27T00:28:59+02:0027. August 2025|Gas, Strom, Vertrieb|

Kommt der gesetz­liche Dritt­zugang zum Wärmenetz?

Die Lieferung von Strom, Gas und Fernwärme galt aufgrund ihrer Netzge­bun­denheit noch bis in die 90er Jahre als „natür­liche Monopole“ in denen ein Wettbewerb verschie­dener Anbieter schon rein technisch nicht möglich erschien. Dann kam bekanntlich die Lisbe­ra­li­sierung der Strom- Und Gasver­sorgung und über das konzept der Entflechtung von Netzbe­trien und Energie­lie­ferung, sowie die gesetz­liche Pflicht zur diskri­mi­nie­rungs­reien Netznutzung hielt der Wettbewerb einzug. Die Wärme­ver­sorgung blieb hiervon aber verschont. Dort gilt weiterhin, der an ein Fernwär­menetz angeschlossene Wärme­kunde kann dort nicht zwischen verschie­denen Wärme­lie­fe­ranten wählen, sondern hängt am lokalen (Monopol)versorger.

Wie wir berichtet hatten, wurde dieser Zustand vor kurzem von der Monopol­kom­mission bemängelt und auch hier die Einführung eines gesetzlich geregelten Systems des freien (Wärme)Netzzugangs gefordert.

Die Bundes­re­gierung scheint hiervon jedoch insgesamt nicht sonderlich begeistert. In Ihrer Antwort heißt es:

Das Bundes­mi­nis­terium für Wirtschaft und Energie hat bereits Möglich­keiten wettbe­werbs­struk­tu­reller Eingriffe ins Markt­design, insbe­sondere eine Zugangs­re­gu­lierung zugunsten von Wärme­er­zeugern, geprüft.Teilweise ist der Fremd­bezug von Wärme bereits in der Praxis etabliert und dürfte zur Erfüllung der Dekar­bo­ni­sie­rungs­vor­gaben des WPG künftig auch ausge­weitet werden. Einem Netzzugang von dritten Wärme­lie­fe­ranten zur Versorgung eigener Kunden (i.S. einer Durch­leitung wie bei Strom/Gas) können in vielen Fällen aber auch prohi­bitive technische und wirtschaft­liche Hinder­nisse entge­gen­stehen. Ein gesetzlich geregelter, regulierter Dritt­netz­zugang wäre aufgrund der Hetero­ge­nität der Netzstruktur jeden­falls hochkomplex und bedarf politi­scher Weichen­stel­lungen – es ist jeden­falls kein kurzfristig umsetz­bares Instrument.“

Mit anderen Worten: Könnte man zwar machen, gibt es im Einzelfall auch schon, aber für eine gesetz­liche Regelung ist uns das Ganze derzeit zu komplex.

(Christian Dümke)

2025-08-22T14:14:02+02:0022. August 2025|Allgemein|

Globales Plastik­ab­kommen – Sommer, Sonne, Plastikmüll?

Wenn Sie in diesem Jahr im Urlaub am Meer (z.B. am Mittelmeer) waren, werden Sie es vielleicht auch gesehen haben. Mich betrübt es immer sehr. Kunst­stoffmüll an den Stränden. An einigen Meeren und Strand­ab­schnitten ist es besonders schlimm. Gerade abseits der Touris­tenhot­spots wird mit der Situation unmit­telbar konfron­tiert: Wo keine Reini­gungs­kräfte frühmorgens den Strand aufwendig säubern, läuft man nicht nur durch feinkör­nigen Sand, sondern auch durch jede Menge Plastikmüll. Übrigens: Zu den größten Verschmutzern gehören dabei die Mittelmeer-Anrai­ner­staaten Ägypten, Türkei und Italien. Zwei Drittel aller Kunst­stoff­ab­fälle stammen von hier. Allein in Italien werden jeden Tag 32 Millionen Plastik­fla­schen benutzt – ein europa­weiter Rekord, so der WWF.

Seit Jahren wächst im Grunde der Druck, die weltweite Plastikflut einzu­dämmen. Ein globales Abkommen unter dem Dach der Vereinten Nationen sollte verbind­liche Regeln schaffen. Dies reicht von der Reduzierung der Plastik­pro­duktion bis hin zu stren­geren Vorgaben für Recycling. Doch die jüngsten Verhand­lungs­runden sind ins Stocken geraten.

 

Vor allem die Inter­es­senlage ist gespalten: Während viele Staaten ein ambitio­niertes Abkommen mit klaren Reduk­ti­ons­zielen fordern – so auch Deutschland –, drängen erdöl- und kunst­stoff­pro­du­zie­rende Länder auf freiwillige Maßnahmen. Am Ende blieb der kleinste gemeinsame Nenner in Genf bei der letzten Verhand­lungs­runde.

Die Praxis zeigt, dass wir in vielen Bereichen mit dem Recycling nicht weiter­kommen. Es gibt zu viele Arten Kunst­stoffe, Additive, Weich­macher, Farbstoffe etc. Neben wirtschaft­lichen Fragen erschweren techni­schen Hürden Recycling­lö­sungen. Daher ist auch beispiels­weise ein Ende der Abfall­ei­gen­schaft schwierig zu erreichen. Das Scheitern der Verhand­lungen verdeut­licht, dass die Lösung nicht allein im „besseren Recycling“ liegt. Notwendig wäre vor allem eine drastische Verrin­gerung der Plastik­pro­duktion – ein Schritt, zu dem sich die Weltge­mein­schaft bislang nicht durch­ringen konnte.

2025-08-22T14:05:54+02:0022. August 2025|Allgemein|