Wann ist kein Netz kein Netz? – Einmal mehr zur Kundenanlage
Nun liegen die Entscheidungsgründe zum Beschluss des BGH vom 13.05.2025 (EnVR 83/20) vor. In dem Verfahren hatte der BGH dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die stark umstrittene Frage vorgelegt, wann ein elektrisches Leitungssystem nicht als Verteilernetz einzuordnen ist, sondern als Kundenanlage nach § 3 Nr. 24a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). In diesem Fall unterliegt das System nicht der Regulierung und kann Strom ohne Erhebung von Netzentgelten und Umlagen transportieren.
Der EuGH hatte mit Urteil vom 28.11.2024 (C‑293/23) entschieden, dass der Netzbegriff der EltRL maßgeblich ist. Vor diesem Hintergrund gibt der BGH seine bisherige Rechtsprechung zu den Voraussetzungen und Grenzen von Kundenanlagen auf. Es kommt also weder auf die Anzahl der Anschlüsse noch auf die Ausdehnung des Leitungssystems an.

Interessant immerhin: Der BGH sieht weiterhin einen Anwendungsbereich für den Begriff der Kundenanlage. Auch künftig soll es also Stromtransport geben, der nicht den Regelungen für den Netzbetrieb unterfällt. Dies hatte sich bereits aus der Pressemitteilung des BGH im Mai angedeutet, die allerdings vielerorts zu Rätselraten führte. Nun lüftet der BGH in den Entscheidungsgründen das Geheimnis: Nach seiner Auffassung sind Leitungssysteme als Kundenanlagen einzuordnen, die der Weiterleitung von Elektrizität dienen, die nicht zum Verkauf bestimmt ist. Damit seien insbesondere Eigenversorgungsanlagen gemeint, also beispielsweise Leitungssysteme, die mit einer Erzeugungsanlage verbunden sind und von Eigentümern einer Wohngemeinschaft oder von Grundstückseigentümern gemeinsam betrieben und genutzt werden wie etwa das BHKW im Keller oder die PV auf dem Dach. Nach Ansicht des BGH ist es also nicht einmal erforderlich, dass Erzeuger, Transporteur und Verbraucher vollständig identisch sind, offenbar darf auch eine WEG ihre Mitglieder mit Strom versorgen.
Was nach Auffassung des BGH jedoch nicht ausreicht: Wenn die in einem Blockheizkraftwerk erzeugte Energie wie im entschiedenen Fall an die Mieter verkauft wird. Modelle, bei denen Strom an einen anderen Letztverbraucher als den Erzeuger geliefert wird, scheinen somit nicht mehr als Kundenanlagen qualifiziert zu werden.
Was bedeutet das für die Praxis?
Möglicherweise kehrt nun – in neuem Gewand – die Eigenversorgung zurück, die einst zur Vermeidung der EEG-Umlage kreative Blüten trieb. Gemeinschaftliche und genossenschaftliche Modelle könnten dagegen künftig privilegiert sein, während klassische Liefermodelle offenbar vollständig aus dem Anwendungsbereich der Kundenanlage herausfallen. Das wirft insbesondere Fragen zum Stromtransport „hinter dem Hausanschluss“ auf. Diese kann letztlich nur der Gesetzgeber beantworten, doch im aktuell diskutierten aktuellen Entwurf des EnWG findet sich hierzu kein klärendes Wort. Das ist insofern bedauerlich, als der EuGH deutlich gemacht hat, dass er bei der Auslegung des Verteilernetzbegriffs keine großzügige Linie verfolgen wird. Eigentlich müsste deswegen die EU tätig werden, um eine klare Abgrenzung zwischen Netzen und Kundenanlagen zu schaffen und Quartierslösungen nicht zu erschweren (Miriam Vollmer).
Zwischen und unter den PV-Modulen bleibt der Boden in der Regel weitgehend unversiegelt. Anders als bei klassischen baulichen Anlagen oder Straßen wird keine Betonfläche geschaffen. Das ermöglicht es, dass sich eine artenreiche Vegetation entwickeln kann – insbesondere dann, wenn die Fläche gezielt ökologisch gepflegt wird. Gerade bei extensiver Pflege – also ohne Pestizide und mit reduziertem Mähintervall – können diese Flächen wichtige Rückzugsräume für bedrohte Arten darstellen, insbesondere in ausgeräumten Agrarlandschaften.
Ein besonders spannendes Konzept ist die Agri-Photovoltaik (Agri-PV) – die Kombination von landwirtschaftlicher Nutzung mit Photovoltaik. Hier werden die Flächen bewusst doppelt genutzt: Beweidung durch Schafe oder Ziegen ist in vielen Solarparks üblich. Die Tiere halten das Gras kurz, fördern die Biodiversität und ersparen den Einsatz von Maschinen. Spezialkulturen wie Kräuter, Beeren oder Pilze, die mit teilweiser Beschattung gut zurechtkommen, lassen sich ebenfalls anbauen. Forschung zeigt, dass bestimmte Kulturen sogar vom Mikroklima unter den Modulen profitieren können – etwa durch reduzierte Verdunstung oder Windschutz. Damit wird deutlich: Freiflächenanlagen stehen nicht im Widerspruch zur Landwirtschaft – sie können ein integrativer Bestandteil zukunftsfähiger Landnutzung sein.
Die pauschale Behauptung, unter Solaranlagen entstünden tote Zonen, greift zu kurz. Mit einer durchdachten Planung und naturschutzfachlicher Begleitung können Freiflächensolaranlagen einen wichtigen Beitrag leisten – nicht nur zur Energiewende, sondern auch zur Stärkung der Biodiversität, zur umweltfreundlichen Landwirtschaft und zur nachhaltigen Flächennutzung.