Verkehr als Selbst­zweck: Cruisen im Alpenvorland

Wenn es um Verkehrs­ver­wal­tungs­recht geht, dann stehen oft die proble­ma­ti­schen Seiten des Verkehrs im Vorder­grund. Es wäre aber geheu­chelt, dass Verkehr und Mobilität nur ein notwen­diges Übel ist. Sich zu bewegen macht Spaß, das gilt fürs Joggen und Fahrrad­fahren genauso wie fürs sonntäg­liche Cruisen mit dem Motorrad oder einem Auto.

Am Wochenende war ich mit meinen Töchtern zu Besuch beim technik­af­finen Onkel, der in einem oberbay­ri­schen Dorf in Chiem­seenähe wohnt. Das Wetter war wechselhaft und so ging es mit dem Tesla meines Onkels durch die wunder­schöne Moränen­land­schaft mit Seen und Wäldern und ab und zu überra­schenden Ausblicken auf die erste Kette der Alpen­gipfel, die aufgrund des frühen Winter­ein­bruchs schnee­be­deckt waren. Irgendwann kam dann die Frage meiner Töchter, ob es eigentlich erlaubt sei, so ohne Ziel in der Gegend rumzufahren…

Oberbayrische Landschaft

Da war doch was. Nämlich der § 30 Abs. 1 StVO, zu dem wir schon mal über einen Fall im Zusam­menhang mit Auto-Posen berichtet haben. Demnach ist bei der Benutzung von Fahrzeugen „unnötiger Lärm und vermeidbare Abgas­be­läs­ti­gungen“ verboten. Nun, mein Onkel in seinem Tesla hat sich dadurch nicht besonders anfechten lassen. Immerhin war er fast geräuschlos und ohne unmit­telbare Emissionen unterwegs. Und tatsächlich verbietet § 30 StVO auch nicht grund­sätzlich unnötiges Fahren, das Lärm und Abgase erzeugt. Außer, jemand belästigt gemäß § 30 Abs. 1 Satz 3 StVO Andere durch unnützes Hin- und Herfahren  innerhalb geschlos­sener Ortschaften.

Übrigens gibt es oft die Frage lärmge­plagter Kommunen, ob es eigentlich Möglich­keiten gibt, im Sommer­halbjahr an Sonn- und Feier­tagen Strecken für cruisende Motor­räder zu sperren. Kurz gesagt, das ist allein aus Lärmschutz­gründen schwierig. Denn meist werden die zustän­digen Straßen­ver­kehrs­be­hörden und Verwal­tungs­ge­richte davon ausgehen, dass die dafür nach § 45 Abs. 1 und Abs. 9 StVO erfor­der­liche quali­fi­zierte Gefah­renlage nicht vorliegt oder jeden­falls mildere Mittel möglich sind, um durch Geschwin­dig­keits­be­schrän­kungen o.ä. die Lärmbe­lastung auf ein erträg­liches Maß zu reduzieren. Oft befinden sich in der Nähe jedoch Serpen­ti­nen­strecken mit hohem Gefah­ren­po­tential, so dass aus Gründen der Verkehrs­si­cherheit ein Verbot möglich sein kann. Deshalb wurde dieses Jahr vor dem Oberver­wal­tungs­ge­richt Nordrhein-Westfalen eine zeitweilige Strecken­sperrung für Motor­räder im Eilver­fahren bestätigt.

Ab 2035 dürfte sich die Lärmbe­lastung durch Motor­räder ohnehin drastisch reduzieren. Zwar gibt es auch für Motor­räder eine Ausnahme für synthe­tische Kraft­stoffe. Aller­dings sind die aus techni­schen Gründen in der Herstellung so teuer, dass Viele vermutlich doch auf die geräuscharme elektro­nische Variante umsteigen werden. Jeden­falls dieje­nigen Motor­rad­fahrer, denen es nicht primär um den Lärm und die Vibra­tionen geht, die sie verur­sachen. (Olaf Dilling)