Fernwärmelieferverträge waren Jahrzehnte bombenfest. Als praktisch letzte Dauerschuldverhältnisse werden sie regelmäßig mit zehnjährigen Laufzeiten abgeschlossen und verlängern sich um jeweils fünf Jahre, Kündigung ausgeschlossen, Anpassungen der Anschlussleistung – also der Wärmemenge, die der Versorger für einen Kunden bereitstellt und nicht anderweitig anbieten kann – waren 2021 praktisch ausgeschlossen.
Das ist heute anders. Man kann derzeit nach § 3 Abs. 2 AVBFernwärmeV jedes Jahr die Anschlussleistung um 50% kürzen, und ganz kündigen, wenn man auf Erneuerbare umsatteln will. Für den wechselwilligen Kunden ist das komfortabel, aber für die anderen Kunden und den Versorger erhöht es die Unsicherheit, auf wie viele Kunden sich die Festkosten der Infrastruktur verteilen, was zu schwer prognostizierbaren Grundpreisen führt.
Der Entwurf für eine neue AVBFernwärmeV, den das BMWK kürzlich vorgelegt hat, reagiert auf diesen Umstand. Das Recht, eine Anpassung der Anschlussleistung zu verlangen, soll abgeändert werden. Der neue § 3 Abs. 2 soll die Anpassung nur noch in zwei Fällen erlauben: Wenn ein Kunde auf eine neue, GEG-konforme Wärmeversorgung umsteigt, und das bestehende Wärmenetz nicht die Anforderungen der §§ 29ff. Wärmeplanungsgesetz erfüllt, also insbesondere grundsätzlich 30% Erneuerbare ab 2030, die dann progressiv steigen, es sei denn, es gelten Ausnahmen. Aktuell bis 2030 dürfte danach keine Anpassung nach dieser Alternative möglich sein. Kann der Kunde so seinen kompletten Bedarf decken, darf er ganz kündigen.
Anpassungen sind auch vorgesehen, wenn der Kunde durch energetische Sanierungen, Betriebsoptimierungen oder geänderte Nutzungsbedürfnisse weniger Wärme braucht. Damit ist klar, dass der in manchen Foren kursierende Trick, ohne Änderung des Bedarfs und des Bezugs die Grundpreisbelastung zu senken, um nach einigen Jahren praktisch nur noch Arbeitspreise zu bezahlen, nicht mehr möglich sein soll.
Zwei wichtige Detailregelungen befinden sich in den Absätzen 5 und 6 des Entwurfs: Bei kleinen Netzen unter 20 MW darf der Versorger in der Erstlaufzeit die noch nicht abgeschriebenen Vermögenswerte und die durch die Kündigung bzw. Anpassung bestehenden Kosten anteilig in Gestalt einer Ausgleichszahlung verlangen. Und bei Contracting-Lösungen oder in Kleinstnetzen kann der Kunde auch dann nicht auf eine GEG-konforme Lösung umsteigen, wenn der Versorger noch nicht so weit ist. Wenn die Anlage – oft ein BHKW – auf ihn zugeschnitten ist, kann er also nicht in die Wärmepumpe flüchten.
Doch noch ist die neue AVBFernwärmeV noch nicht durch. Warten wir also ab, was die nächsten Monate nach der Sommerpause bringen (Miriam Vollmer).
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