Wir haben hier bereits schon einmal grundsätzlich erklärt, dass es für zivilrechtliche energierechtliche Streitigkeiten gem. § 102 EnWG eine besondere gesetzliche Zuständigkeit der Landgerichte gibt, unabhängig vom Streitwert der Sache. Es handelt sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass in Zivilverfahren die Landgerichte erst ab einem Streitwert von über 5.000 EURO sachlich zuständig sind.
In der Praxis gibt es jedoch regelmäßig Uneinigkeit über die Frage, wann genau denn eine solche energierechtliche Streitigkeit vorliegt. Dem Wortlaut des Gesetzes nach ist das immer der Fall, wenn „die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder teilweise von einer Entscheidung abhängt, die nach diesem Gesetz (gemeint ist das Energiewirtschaftsgesetzt) zu treffen ist.“
Zu dieser Abgrenzung gibt es nun eine aktuelle Entscheidung des OLG Hamm vom 07.05.2024. In dem dortigen Verfahren wurde ein Schadenersatzanspruch wegen Beschädigung einer unterirdisch verlegten Leitung geltend gemacht. Anspruchsgrundlage ist hier § 823 BGB, also formalrechtlich keine Norm des EnWG. Gleichwohl ging das OLG Hamm vom Vorliegen einer besonderen energierechtlichen Streitigkeit nach § 102 EnWG aus und verwies den Fall an das dann in der zweiten Instanz zuständige OLG Düsseldorf. Für das OLG Hamm genügte es, dass für die im Verfahren zu treffende Entscheidung über einen Schadenersatzanspruch nach § 823 BGB „energiewirtschaftliche Fragen entscheidungserheblich sind (oder noch werden können)“ Zu dem Gesichtspunkt, was bei der Beschädigung einer Leitung entscheidungserhebliche Fragen des Energieiwirtschaftsrecht sein könnten erläutert das OLG Hamm recht allgemein:
„Energiewirtschaftliche Vorfragen stellen sich sowohl bei der Feststellung der Verkehrssicherungspflichtverletzung als auch bei der Feststellung des auf dieser beruhenden Schadens als auch bei der Frage eines etwaigen Mitverschuldens in unterschiedlichem Maße gleichfalls regelmäßig.“
Bemerkenswert ist hierbei, dass das OLG Hamm es ausreichen lässt, dass derartige Vorfragen sich möglicherweise im Laufe des Verfahrens erst noch stellen könnten. Durch diese Entscheidung wird Raum gemacht für einen sehr breiten Anwendungsbereich des § 102 EnWG.
(Christian Dümke)
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