Jetzt im Pandemiesommer sind besonders viele Hobby-Stadtgärtner unterwegs: Anwohner, die in den staubigen, nach Regen dürstenden Straßen für ein bisschen Grün sorgen oder gar Beete mit üppigen Blumen anlegen. Angesichts des umkämpften urbanen Straßenraums stellt sich auch hier mitunter die Frage, was hier eigentlich erlaubt und was verboten ist.
Darf jemand einfach Blumentöpfe auf den Gehweg oder an den Straßenrand stellen? Dürfen streng genommen in Baumscheiben, also wo für die Wurzeln von Bäumen der Boden nicht versiegelt ist, Beete angelegt werden?
Mit letzterer Frage hat sich vor einigen Jahren das Landgericht (LG) Bonn in einem Urteil beschäftigt. Dabei kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass ein Recht auf das Anlegen von Beeten zumindest mal nicht aus dem Anliegergebrauch fließen würde. Der Anliegergebrauch ist ein „gesteigerter Gemeingebrauch“, der es Eigentümern beispielsweise erlaubt, Baumaterial oder einen Container zur Entsorgung vor ihrem Grundstück abzustellen. Anliegergebrauch ist das Gärtnern deshalb nicht, weil es nicht für die Ausübung der Eigentumsrechte nötig ist.
Auch sonst sei das Anlegen von Beeten nicht vom Gemeingebrauch umfasst. Denn der diene Verkehrszwecken. Zwar gibt es in der Rechtsprechung die Auffassung, dass Verkehr auch der kommunikative Verkehr sein kann. Allerdings sei – wie das Gericht zutreffend feststellt – die „Anlage von Pflanzen und das Einbringen von steinernen Findlingen“ (…) „kein kommunikativer Akt“, jedenfalls nicht unmittelbar.
Andererseits ist das Gärtnern in der Baumscheibe auch keine genehmigungspflichtige Sondernutzung. Denn die Baumscheiben seien gerade nicht dem Gemeingebrauch zu Verkehrszwecken gewidmet. Auch wenn die Verwaltung mangels personeller Ressourcen mitunter dulde, dass diese Bereiche zugeparkt werden.
Im Ergebnis kann die Stadt als Eigentümerin der Grünanlagen die Beseitigung der Eigentumsstörung fordern. Ob die Entscheidung dazu führt, dass viele Kommunen ihren Bürgern verbieten, wild zu gärtnern, ist die Frage, denn eigentlich stört das ja selten jemand und erfreut viele. Und wenn sich keiner dran stört und die Stadt es mit Wohlwollen begleitet, ist es auch nicht direkt verboten.
Außerdem gibt es eine probate Möglichkeit, wie sich das Gärtnern unter dem Schutz des Gemeingebrauchs im öffentlichen Verkehrsraum verwirklichen lässt: Schließlich lassen sich auch abgestellte Fahrzeuge, Cabriolets, Lastenfahrräder oder Leiterwagen bepflanzen. Wichtig ist dabei nur, dass sie weiterhin primär Verkehrszwecken dienen (können) und den fließenden (Fuß-)Verkehr nicht behindern. Mit anderen Worten der gedeihliche Pandemiesommer dürfte für die emsigen Stadtgärtner gerettet sein (Olaf Dilling).
Hinterlasse einen Kommentar