Was haben übernutzte Weiden mit zugeparkten Gehwegen zu tun? Nach Auffassung vieler Umweltökonomen eine ganze Menge: Demnach sind die meisten Umweltprobleme dadurch verursacht, dass offen zugängliche Güter stärker genutzt werden, als es für die Allgemeinheit zuträglich ist. Auf kompetitiven Märkten entwickeln sich dann angesichts kostenlos verfügbarer Ressourcen Geschäftsmodelle, die auf Ausbeutung beruhen.
Entwickelt wurde dieses Modell an gemeinschaftlich genutzten Allmendeweiden. Dabei gingen die Ökonomen davon aus, dass der Zugang zu ihnen kostenlos ist (und auch nicht anderweitig reguliert wird, wie etwa durch die enge soziale Kontrolle in der dörflichen Gemeinschaft). Die Folge ist, dass diejenigen Bauern am meisten profitieren, die am meisten Vieh darauf weiden lassen. Aber nur kurzfristig. Denn am Ende leiden alle potentiellen Nutzer unter den Folgen der Überweidung.
So ähnlich ist es auch mit dem Gemeingebrauch an öffentlichen Verkehrsflächen: Solange ihre Benutzung kostenlos und weitgehend unreguliert ist, ist der Stau fast vorprogrammiert. Übrigens nicht nur auf den Straßen, sondern inzwischen auch auf Gehwegen: Denn findige Geschäftsleute vermieten inzwischen Elektrofahrzeuge und Fahrräder, die sie nach derzeitiger Rechtslage kostenlos auf Gehwegen abstellen. Dazu hat aktuell das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf in einem Eilverfahren entschieden: Ein Aufsteller von Mieträdern hat per Eilantrag einen Bescheid angefochten, in dem das Parken auf Gehwegen von der Stadt als Sondernutzung eingestuft worden war.
Das Gericht geht in seinem vorläufigen Beschluss dagegen davon aus, dass es Gemeingebrauch sei. Zwar sieht es das Problem des Konfliktpotentials von Fußverkehr und parkenden Radverkehr auf oft engen Gehwegen. Daran könne die Stadt aber nach erster Einschätzung nichts ändern. Aufgrund des Vorrangs des Straßenverkehrsrechts sei es Sache des Bundesgesetzgebers, die Nutzung durch gewerbliche Anbieter einzuschränken.
Nun ist die Definition des Gemeingebrauchs im Straßenrecht nicht ganz so eindeutig, wie vom VG angenommen. Immerhin gibt es einige Entscheidungen, bei denen gewerbliche Nutzungen als Sondernutzung angesehen werden, wenn der Verkehrszweck in den Hintergrund tritt. In dem aktuell zu entscheidenden Fall hatte die Stadt Düsseldorf als Antragsgegnerin argumentiert, dass die Fahrräder zugleich als Werbeträger für Autohersteller dienen.
Anfang des Jahres hatte sich der Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages schon einmal mit E‑Scootern auf Gehwegen beschäftigt. Hier sei die Frage nach Gemeingebrauch oder Sondernutzung nach Auswertung von Rechtsprechung und Literatur offen. Bezüglich der E‑Scooter würde teilweise argumentiert, dass nicht der Verkehrszweck überwiege, sondern das Anbieten der gewerblichen Leistung. Zudem seien Nutzungen als Sondernutzung anzusehen, wenn sie den Verkehr beeinträchtigen. Dies liegt bei massiv auf Gehwegen abgestellten Leihfahrzeugen auf der Hand. Eine straßenverkehrsrechtliche Klärung der Frage auf Initiative des Bundesrates hat Anfang diesen Jahres keine Mehrheit gefunden. Nämlich im Rahmen der gescheiterten StVO-Novelle. Aber das ist ein anderes Thema (Olaf Dilling).
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