Der Wertersatz bei rechts­grund­loser Energielieferung

Die Lieferung von Energie gegen Entgelt wird rechtlich als eine Form des Kaufver­trages i.s.d. § 433 BGB behandelt. Der Energie­lie­ferant schuldet Energie und der Kunde die verein­barte Bezahlung. Was aber gilt, wenn Energie geliefert und verbraucht wird, obwohl gar kein (wirksamer) Vertrag besteht? Diese Situation mag eher selten sein im Energie­recht, sie kann aber eintreten – zum Beispiel wenn die Ersatz­ver­sorgung faktisch über die maximal gesetzlich vorge­sehene Dauer von 3 Monaten ausge­dehnt wird. Oder wenn der Abschluss des Energie­lie­fer­ver­trages Wirksam­keits­mängeln unter­liegt, eine Belie­ferung aber trotzdem statt­ge­funden hat.

In diesen Fällen besteht kein vertrag­licher Anspruch des Energie­ver­sorgers auf Bezahlung der Energie gegen den Kunden – gleichwohl ist diese damit nicht kostenfrei. Der Kunde schuldet dem Versorger in diesem Fall nämlich grund­sätzlich nach § 812 BGB die Herausgabe von allem, was dieser rechts­grundlos geleistet hat – nämlich die bezogene Energie. Da diese Energie vom Kunden aber verbraucht wurde und nicht stofflich zurück­ge­geben werden kann, muss der Kunde hierfür Wertersatz leisten (§ 818 Abs. 2 BGB). Aber wie ist dieser „Wert“ zu bestimmen?

Hierbei kommen verschiedene Ansätze der Wertermittlung in Betracht. Der Wert der Energie könnte einfach am vertrag­lichen Liefer­preis gemessen werden – also dem Preis der gegolten hätte, wenn die Lieferung auf einem Vertrag beruhen würde. Oder aber der Wertersatz könnte sich an den Kosten bemessen, die der Energie­ver­sorger seiner­seits aufbringen musste, die Energie dem Kunden bereit­zu­stellen. Oder aber der Wertersatz könnte daran gemessen werden, zu welchem Preis die vom Kunden verbrauchte Energie­menge zum Zeitpunkt des Erstat­tungs­an­spruches am Markt neu beschafft werden könnte. Man sieht, jeder dieser 3 Ansätze wird im Einzelfall zu einem anderen Wert führen.

Der BGH hatte zumindest in einer Entscheidung im Jahr 1992 den Wertersatz einer Energie­lie­ferung nach der Höhe eines vergleich­baren vertrag­lichen Tarif­preises bestimmt (BGH, Urteil vom 14. Januar 1992, VI ZR 18 6/91). Die Schlich­tungs­stelle Energie kam in einem ähnlichen Streitfall nach vielen Abwägungen zur Bestimmung des Werter­satzes zu dem „Gütevor­schlag“, der betroffene Versorger solle doch einfach komplett auf Wertersatz verzichten (Schlich­tungs­stelle Energie, 12.10.2021, 3485/21). So einfach kann man es sich natürlich auch machen.

(Christian Dümke)