Green Deal: Die neue Wieder­her­stel­lungs­ver­ordnung (EU) 2024/1991

Neben der Trans­for­mation und der Circular Economy geht es im Green Deal der EU auch um das Natur­ka­pital der Union, das geschützt und bewahrt und werden soll. So enthält die EU-Biodi­ver­si­täts­stra­tegie für 2030 die Zusage, mindestens 30 % der Landfläche, einschließlich der Binnen­ge­wässer, und 30 % der Meeres­fläche der Union gesetzlich zu schützen; mindestens ein Drittel davon sollte streng geschützt werden, einschließlich aller verblei­benden Primär- und Urwälder. Bisher sieht es noch nicht so gut aus: Trotz umfas­sender Bemühungen zeigt sich, dass es noch nicht gelungen ist, den Rückgang geschützter Lebens­raum­typen und Arten aufzu­halten. Die Kommission führt diesen Rückgang haupt­sächlich auf die Inten­si­vierung der Bewirt­schaftung und Verän­de­rungen im Wasser­haushalt, Verstäd­terung und die Umwelt­ver­schmutzung zurück. Dabei ist die Landnutzung ein entschei­dender Anknüp­fungs­punkt im Hinblick auf die Klima­re­si­lienz. Wir brauchen natür­liche und natur­ba­sierte Lösungen, wie Feucht­flächen und Moore als natür­liche Kohlen­stoff­speicher und ‑senken, um die Klima­krise zu bekämpfen und das Ziel der Netto-Null-Emissionen bis 2050 zu erreichen. Die Wieder­her­stellung von Ökosys­temen und biolo­gi­scher Vielfalt und die Bekämpfung des Klima­wandels gehen aus Sicht der EU daher Hand in Hand. Hier müssen die Mitglied­staaten aktiver werden.

Am 18.08.2024 ist die Verordnung (EU) 2024/1991 über die Wieder­her­stellung der Natur in Kraft getreten und verfolgt das überge­ordnete Ziel der Wieder­her­stellung von Ökosys­temen, um die biolo­gische Vielfalt in Europa langfristig zu erhalten. Dafür sind geschä­digte Ökosysteme wieder­her­zu­stellen und in einen guten Zustand zu versetzen. Für verschiedene Ökosysteme macht die EU konkrete Zielvor­gaben, die die Mitglied­staaten im Zeitraum von 2030 bis 2050 zu erreichen haben. Als EU-Verordnung bedarf sie keiner mitglied­staat­lichen Umsetzung und gilt damit bereits direkt in allen Mitglied­staaten. Wie jedoch die Durch­führung von Wieder­her­stel­lungs­maß­nahmen für Lebens­raum­typen und Habitate für Arten erfolgen soll, muss durch nationale Wieder­her­stel­lungs­pläne konkre­ti­siert werden. Diese Pläne sind der Kommission zum 01.09.2026 im Entwurf vorzu­legen, die sie dann im Anschluss bewertet. Hier wird es sicherlich spannend werden.

Nachhaltig Spannend werden die Anfor­de­rungen der Verordnung und der entspre­chenden Wieder­her­stel­lungs­pläne dann im Hinblick auf Vorha­ben­zu­las­sungen: „Kann mein Vorhaben einer Wieder­her­stellung des Ökosystems im Wege stehen?“ Wie sieht es mit dem Verschlech­te­rungs­verbot aus? Die Wieder­her­stellung der biolo­gi­schen Vielfalt der Einsatz steht zumindest nach dem Willen der EU dem notwen­digen Ausbau erneu­er­barer Energien nicht im Weg. Beides sollte aus Sicht der EU berück­sichtigt und, sofern möglich, kombi­niert werden. Die Verordnung enthält auch eine Privi­le­gierung für Erneu­erbare-Energie-Anlagen: Die Planung, der Bau und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneu­er­baren Quellen sowie deren Netzan­schluss, das betref­fende Netz selbst und die Speicher­an­lagen liegen nach Art. 6 im überra­genden öffent­lichen Interesse. Dies kommt bei Ausnahmen von der Verpflichtung zu Wieder­her­stel­lungs­maß­nahmen und etwaigen Verschlech­te­rungen zum Tragen. (Dirk Buchsteiner)

2024-09-20T17:32:53+02:0020. September 2024|Allgemein, Erneuerbare Energien, Umwelt, Windkraft|

Liefer­ket­ten­gesetz EU-weit

Deutsche Unter­nehmen sind nun gerade mal ein halbes Jahr mit den Anfor­de­rungen des Liefer­ket­ten­sorg­falts­pflich­ten­ge­setzes („kurz“: Liefer­ket­ten­ge­setzes) konfron­tiert, da sind bereits Neuerungen in Sicht. Das EU-Parlament hat diese Woche über einen Entwurf beschlossen, der die Anfor­de­rungen auf Europäische Ebene hochzonen soll.

Grund­sätzlich hat das für deutsche Unter­nehmen zwei entschei­dende Vorteile: Zum einen wird der inter­na­tionale Wettbewerb zumindest im Europäi­schen Binnen­markt dadurch entschärft, dass an Unter­nehmen aller Mitglieds­staaten einheit­liche Anfor­de­rungen gelten. Zum anderen führt eine einheit­liche europäische Regelung auch im Verhältnis zu den Zulie­ferern außerhalb der EU zu einer besseren Position. Denn diese werden dann mit einheit­lichen Anfor­de­rungen aller europäi­schen Kunden konfron­tiert, so dass sich der Aufwand eher lohnt.

Trotzdem gibt es innerhalb der deutschen Wirtschaft kritische Stimmen: Denn die geplante EU-Richt­linie soll in verschie­dener Hinsicht anspruchs­voller sein. Auch der Anwen­dungs­be­reich wird gegenüber der deutschen Regelung ausge­weitet: Die Richt­linie betrifft nach aktuellem Stand auch kleinere europäische Unter­nehmen (ab 250 Beschäf­tigten / 40 Mio Jahres­umsatz weltweit, gegenüber aktuell 3.000 bzw ab 2024 1.000 Beschäf­tigten im Inland). Auch sollen die Pflichten gegenüber indirekten Zulie­ferern in der Wertschöp­fungs­kette ausge­weitet werden.

Befürchtet wird, dass als Konse­quenz von hohen Menschen­rechts- und Umwelt­stan­dards außer­eu­ro­päische Märkte verloren gehen könnten oder gar europäische Unter­nehmen abwandern könnten. Ob sich diese Befürch­tungen bewahr­heiten würden, ist fraglich. Auch schon bei früheren Projekten der Umwelt- und Sozial­ge­setz­gebung waren solche Effekte behauptet worden, haben sich aber selten bewahr­heitet. Außerdem sollten auch positive Effekte für Unter­nehmen berück­sichtigt werden, die sich bereits jetzt im In- und Ausland Anstren­gungen unter­nehmen, um Sozial- und Umwelt­stan­dards zu beachten, bisher aber Wettbe­werbs­nach­teile durch Unter­nehmen befürchten müssen, die dies nicht tun. (Olaf Dilling)

2023-06-02T16:50:36+02:002. Juni 2023|Allgemein, Kommentar|