Achtung, Abgren­zungs­pro­bleme: Liefer­ver­träge mit TEHG-Anlagen

Seit dem 1. Januar läuft er also, der taufrische nationale Emissi­ons­handel. Künftig müssen dieje­nigen, die fossile Kraft- und Brenn­stoffe in Verkehr bringen, für die Brenn­stoff­emis­sionen werthaltige Emissi­ons­zer­ti­fikate an die Deutsche Emissi­ons­han­dels­stelle (DEHSt) abgeben. Diese sollen sich künftig Jahr für Jahr verteuern, in diesem ersten Jahr kosten die Zerti­fikate jeweils 25 EUR.

Der neue nationale Emissi­ons­handel ist aber keine Kopie des „großen“ gemein­schafts­weiten Emissi­ons­handels, der v. a. große Anlagen mit mehr als 20 MW FWL erfasst. Er verpflichtet die Inver­kehr­bringer, meistens also die Liefe­ranten, nicht die Emittenten. Um zu verhindern, dass wegen dieses unter­schied­lichen Ansatzes ein- und dieselben Emissionen doppelt erfasst werden, nämlich einmal über den Brenn­stoff und einmal in Form von Emissionen, hat der Gesetz­geber in § 7 Abs. 5 BEHG angeordnet, dass Liefe­ranten die Brenn­stoff­emis­sionen abziehen dürfen, die an solche Anlage gegangen sind.

Wie dies im Detail aussehen soll, hat der Verord­nungs­geber nun in § 11 Emissi­ons­be­richt­erstat­tungs­ver­ordnung 2022 (EBeV 2022) genauer geregelt. Hier, insbe­sondere in Anlage 3 zur EBeV 2022, sind die Daten und Infor­ma­tionen aufge­führt, die der Verant­wort­liche nach dem BEHG benötigt. Hierzu gehört zwar nicht der Emissi­ons­be­richt des EU-ETS-Anlagen­be­treibers selbst, aber umfang­reiche Infor­ma­tionen über den Betreiber, die Bericht­erstat­tungs­me­thodik und den Brenn­stoff­einsatz. Nach § 11 Abs. 2 EBeV 2022 gehören zu den Unter­lagen, die der BEHG-Verant­wort­liche benötigt, auch gleich­lau­tende Erklä­rungen von Lieferant und Kunde, dass die BEHG-Kosten nicht einge­preist wurden, der Kunde also nicht zweimal bezahlt, einmal über den Brenn­stoff­preis und einmal in Form von Emissi­ons­be­rech­ti­gungen für seine Anlage. Man ist also zwangs­läufig auf Koope­ration angewiesen, was angesichts des beidsei­tigen Inter­esses, Kosten nur einmal anfallen zu lassen, regel­mäßig gegeben sein dürfte.

Doch dieser Punkt lenkt den Blick auf einen bisher oft überse­henen Aspekt: Abzugs­fähig sind nur die Brenn­stoff­emis­sionen, die in der TEHG-Anlage einge­setzt wurden. Nicht ganz selten werden aber an einem Anlagen­standort und über einen Brenn­stoff­lie­fer­vertrag emissi­ons­han­dels­pflichtige und nicht emissi­ons­han­dels­pflichtige Einrich­tungne versorgt, kleinere Instal­la­tionen etwa. Oder größere Verwaltungsgebäude.

Hier kann es wegen der strengen Regeln über die Abzugs­fä­higkeit nun dazu kommen, dass für einen Teil der Brenn­stoff­lie­ferung Abzüge vorge­nommen werden können, für einen anderen aber nicht. Korre­spon­dierend hierzu ist es sinnvoll, spiegel­bildlich die Kosten für den Kauf von Emissi­ons­zer­ti­fi­katen zuzuordnen, denn für die Belie­ferung der Haupt­ver­waltung fallen diese Kosten ja auch an. Es kann also sinnvoll sein, die bestehende Vertrags­struktur abzuändern und zwei Preis­blätter, Diffe­ren­zie­rungs­vor­gaben oder nachträg­liche Kosten­zu­ordnen vorzu­sehen. Hier sollte die Parteien solcher Verträge schnell sprechen (Miriam Vollmer).

 

2021-01-05T19:05:32+01:005. Januar 2021|Emissionshandel|

Emissi­ons­handel: Geneh­migung der Methodenpläne

Aktuell erreichen die Betreiber emissi­ons­han­dels­pflich­tiger Anlagen Bescheide der Deutschen Emissi­ons­han­dels­stelle (DEHSt), mit denen die Behörde die Metho­den­pläne der Betreiber genehmigt.

Die Metho­den­pläne sind in der EU-Zutei­lungs­ver­ordnung vorge­sehen. Nach Art. 4 Abs. 2 b EU-ZuVo sind sie den Anträgen auf Zuteilung beizu­fügen. Ihr Inhalt ist in Art. 8 geregelt. Danach handelt es sich um eine „ausführ­liche, vollständige und trans­pa­rente Dokumen­tation aller maßgeb­lichen Phasen der Daten­er­hebung“. Die genauen Angaben finden sich in Anhang VI.

Die DEHSt hat die Metho­den­pläne zu geneh­migen. Damit stellt sie fest, dass diese dem in Anhang VI der EU-ZuVo vorge­ge­benen Standard genügen. Kommt die DEHSt zu dem Ergebnis, dies sei nicht der Fall, so hat sie in den uns bekannten Fällen den Antrag auf Geneh­migung des Metho­den­plans bisher nicht abgelehnt, sondern per Neben­be­stimmung den Betreibern bestimmte Änderungen aufgegeben.

Wollen Betreiber hiergegen vorgehen, so können sie Wider­spruch einlegen. Natürlich richtet sich der Wider­spruch nicht gegen den Bescheid insgesamt. Die Geneh­migung des Metho­den­plans soll ja nicht aufge­hoben werden. Im Gegenteil: Sie soll ohne oder nur mit modifi­zierten Auflagen ergehen. Der Betreiber fechtet also nicht den Bescheid, sondern nur isoliert die Neben­be­stim­mungen an. Dies ist möglich, weil es sich um echte Neben­be­stim­mungen handelt, die vom Haupt­ver­wal­tungsakt, der Geneh­migung des Metho­den­plans, trennbar sind.

Anders als bei Wider­sprüchen gegen (unzurei­chende) Zutei­lungs­be­scheide entfaltet der Wider­spruch auch aufschie­bende Wirkung. Denn § 26 TEHG, der die aufschie­bende Wirkung bestimmter Wider­sprüche ausschließt, bezieht sich nicht auf Geneh­mi­gungen von Metho­den­plänen. Doch ob das wirklich bedeutet, dass der nächste Bericht auf Grundlage des beantragten Metho­den­plans ohne die unerwünschten Auflagen erstattet werden kann, ist mindestens fraglich. Zum einen ist unklar, ob auch die Behörde in gleicher Weise wie wir von der Trenn­barkeit von Grund­be­scheid und Auflage ausgeht. Zum anderen kann sie auch nachträglich die sofortige Vollziehung ihres Bescheides mit den Neben­be­stim­mungen anordnen. Hier empfiehlt es sich, im Falle des Wider­spruchs Kontakt zur Behörde aufzu­nehmen und das gemeinsame Verständnis zu klären, um bußgeld­be­wehrte Fehler oder zumindest langwierige Verfahren zu deren Abwehr zu vermeiden (Miriam Vollmer).

2020-11-27T21:18:51+01:0027. November 2020|Emissionshandel, Verwaltungsrecht|

EU-ETS: Kein Eilantrag auf Meldung an die KOM

Eine aktuelle Entscheidung zum EU-Emissi­ons­handel vom 23. September 2020 teilt die Deutsche Emissi­ons­han­dels­stelle (DEHSt) mit:

Ein Anlagen­be­treiber stellte einen Haupt- und einen Hilfs­antrag auf Zuteilung von Emissi­ons­be­rech­ti­gungen. Das ist eine übliche Vorge­hens­weise, wenn absehbar Uneinigkeit zwischen Betreiber und Behörde über Daten­grund­lagen oder Anlagen­ein­ord­nungen, ‑teile o. ä. besteht, und mehrere Daten­sätze nötig sind, weil es sonst an Zutei­lungs­grund­lagen fehlt.

Die DEHSt prüfte den Antrag und sah nur den Hilfs­antrag als begründet an. Nun kann die DEHSt im voll verge­mein­schaf­teten EU-Emissi­ons­handel nicht mehr ohne Geneh­migung der EU-Kommission Emissi­ons­be­rech­ti­gungen zuteilen. Sie muss alle Zutei­lungs­grund­lagen und Zutei­lungs­mengen der Komission melden. Dies ergibt sich aus § 9 Abs. 3 Treib­hausgas-Emissi­ons­han­dels­gesetz (TEHG), dessen S. 1 lautet:

Die zuständige Behörde berechnet die vorläu­figen Zutei­lungs­mengen, veröf­fent­licht eine Liste aller unter den Anwen­dungs­be­reich dieses Gesetzes fallenden Anlagen und der vorläu­figen Zutei­lungs­mengen im Bundes­an­zeiger und meldet die Liste der Europäi­schen Kommission.“

Die DEHSt meldete also nur die auf dem Hilfs­antrag beruhenden Daten nach Brüssel. Dies fand der Anlagen­be­treiber nicht gut: Er verlangte, dass die höhere Zutei­lungs­menge aus dem Haupt­antrag gemeldet wird. Die Behörde lehnte ab, der Betreiber zog im Rahmen eines Eilan­trags vor das Verwal­tungs­ge­richt (VG) Berlin, weil er fürchtete, dass sein Zutei­lungs­an­spruch ohne Meldung nach Brüssel endgültig verloren wäre.

Das VG Berlin wies den Antrag ab und berief sich dabei auf § 9 Abs. 3 S. 3 TEHG, der lautet:

Rechts­be­helfe im Hinblick auf die Meldung der Zutei­lungs­mengen können nur gleich­zeitig mit den gegen die Zutei­lungs­ent­scheidung zuläs­sigen Rechts­be­helfen geltend gemacht werden.“

Hieraus ergibt sich nach Ansicht des VG Berlin: Der Anlagen­be­treiber kann nur dann gegen die unter­bliebene Meldung vorgehen, wenn er gleich­zeitig eine Mehrzu­teilung geltend machen kann.

Nun kennt die deutsche Verwal­tungs­ge­richts­ordnung (VwGO) keine vorbeu­gende Verpflich­tungs­klage für dieje­nigen, die fürchten, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt nicht den Bescheid erhalten, den sie beantragt haben. Eine Mehrzu­tei­lungs­klage ist deswegen aktuell noch nicht möglich, und weil § 9 Abs. 3 S. 3 TEHG das Vorgehen gegen die unter­bliebene Meldung mit der Mehrzu­tei­lungs­klage verknüpft, ist auch diese nicht zulässig. Der Betreiber kann – so das Gericht – später mehr Berech­ti­gungen einklagen, die dann auch nach Brüssel gemeldet werden. Eine Präklusion dieser Meldung sei nicht zu erwarten, denn der Antrag wurde ja recht­zeitig gestellt.

Was bedeutet das nun für die Praxis? Die Entscheidung ist zu begrüßen. Wäre sie anders ausge­fallen, hätte allen Betreibern, die sich nicht schon jetzt gegen eine unter­bliebene Meldung gewehrt haben, entgegen gehalten werden können, sie hätten früher etwas unter­nehmen müssen. Genau das hat der Gesetz­geber des TEHG aber gesehen und mit dem insoweit erfreulich eindeu­tigen § 9 Abs. 3 S. 3 TEHG klarge­stellt, dass niemand sich zweimal gegen die Behör­den­ent­scheidung wehren muss, weniger zuzuteilen als beantragt. Die Entscheidung ist angesichts dieses klaren gesetz­ge­be­ri­schen Willens alles andere als überra­schend (Miriam Vollmer).

2020-11-05T22:34:26+01:005. November 2020|Emissionshandel|