Parken in Einbahn­straßen mit Radgegenverkehr

In vielen inner­städ­ti­schen Tempo-30-Zonen ist in den Einbahn­straßen der Radverkehr in Gegen­richtung freige­geben. Seit einer Novelle der StVO im Jahr 1999 ist es sogar so, dass die Freigabe in Straßen mit wenig Verkehr angeordnet werden soll.

Was oft nicht bekannt ist: Die weitere Voraus­setzung dafür ist nach der Verwal­tungs­vor­schrift, dass genug Platz für den Begeg­nungs­verkehr vorhanden ist. Laut Verwal­tungs­vor­schrift sollen das, wenn in der Straße mit Buslinien- oder stärkerem Lkw-Verkehr zu rechnen ist, mindestens 3,50 m sein.

Einbahnstraßenschild

Die ausrei­chende Begeg­nungs­breite ist vor allem dann häufig nicht gegeben, wenn die Fahrbahn durch parkende Kraft­fahr­zeuge verengt ist. Dann verbleibt in vielen Straßen nämlich nur die Mindest­breite von gut 3 m, die nötig ist, damit eine Fahrbahn auch gefahrlos von Einsatz­fahr­zeugen der Feuerwehr passiert werden kann. Je nach örtlichen Gegeben­heiten ist ein gefahr­loses Passieren dann nicht mehr möglich. Da es oft zwischen Fahrrad­fahrern und parkenden Kfz zu Kolli­sionen kommt, weil Fahrer oder Beifahrer die Türen unver­mittelt öffnen, muss ein Sicher­heitsraum zwischen parkenden Fahrzeugen und Fahrrad­fahrern einge­plant werden, der von den gut drei Metern noch abgeht. Zumindest müssen an solchen Straßen dann in regel­mä­ßigen Abständen ausrei­chend große Begeg­nungs­stellen einrichtet werden, in die Fahrzeuge ausweichen können.

Zudem ist die Anordnung von Parkplätzen oder die Duldung von parkenden Fahrzeugen nicht recht­mäßig, soweit dadurch die notwendige Begeg­nungs­breite einge­schränkt wird. In einem Urteil des Verwal­tungs­ge­richts (VG) Freiburg von 2021 wird dies näher begründet. In dem zu entschei­denden Fall ging es darum, dass ein Anwohner vor seiner Garagen­ein­fahrt aber außerhalb der eigens markierten Parkplätze aufge­setzt geparkt hatte. In diesem Bereich war durch die Unter­bre­chung der Parkmar­kie­rungen eine Ausweich­fläche geschaffen worden.

Der Kläger hatte dort seit Jahren geparkt, bis er mehrmals Verwar­nungs­gelder zahlen musste. Daraufhin stellte er einen Antrag auf Ausnah­me­ge­neh­migung gemäß § 46 StVO. Dieser wurde ihm von der zustän­digen Straßen­ver­kehrs­be­hörde zunächst mit der Begründung verweigert, dass das Parken auf Zufahrten gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO auch für die Berech­tigten verboten sei. Das VG hat dies zwar verneint: Die Vorschrift schütze allein den Berech­tigten. Die Anordnung der Freigabe der Einbahn­straße für den Fahrrad­verkehr würde jedoch bedingen, dass nunmehr „für den Fahrverkehr auf der Fahrbahn eine Breite von in der Regel 3,5 m, mindestens jedoch 3 m mit ausrei­chenden Ausweich­mög­lich­keiten, vorhanden“ sei. Deshalb sei es nicht möglich, dem Kläger das Parken auf (und vor) seiner Zufahrt zu erlauben. (Olaf Dilling)

2023-06-30T14:19:33+02:0029. Juni 2023|Allgemein, Rechtsprechung, Verkehr, Verwaltungsrecht|

Radent­scheid unzulässig

Laut Koali­ti­ons­vertrag der Ampel­re­gierung sollten eigentlich durch eine Änderung von Straßen­ver­kehrs­gesetz (StVG) und StVO den Ländern und Kommunen mehr Spiel­räume einge­räumt werden. Bisher wurden aber im Bundes­ver­kehrs­mi­nis­terium offenbar keinerlei Schritte unter­nommen, diesem Ziel näher zu kommen. Nicht zuletzt wegen des Reform­staus gibt es in den Ländern und Kommunen Überle­gungen, den Zielen einer Verkehrs­wende auch ohne grünes Licht aus Berlin näher zu kommen.

Dazu gehören Entwürfe zu Mobilitäts- und Radver­kehrs­ge­setzen der Länder. Ein Vorbild ist das Berliner Mobili­täts­gesetz. Aller­dings zeigt der Radent­scheid aus Bayern, dass hier auch poten­tielle juris­tische Fallstricke lauern. Politisch hatte der Radent­scheid als Volks­be­gehren großen Erfolg. Denn mit 30.000 Unter­zeichnern war das erfor­der­liche Quorum von 25.000 Unter­schriften satt überschritten worden. Vor dem Bayri­schen Verfas­sungs­ge­richtshof (BayVerfGH) ist der Radent­scheid, der auf ein Radgesetz abzielte, nun aller­dings gescheitert. Das von ihm inten­dierte Radgesetz sei verfassungswidrig.

Vorgelegt hatte dem BayVerfGH das Bayerische Innen­mi­nis­terium, das nach Artikel 64 Landes­wahl­gesetz eine Entscheidung des Gerichtshofs herbei­zu­führen hat, wenn es der Auffassung ist, dass die gesetz­lichen Voraus­set­zungen für die Zulassung eines Volks­be­gehrens nicht gegeben sind.

Nun stehen in dem Geset­zes­entwurf allesamt eigentlich keine verfas­sungs­wid­rigen Inhalte:

  • So soll bis zum Jahr 2030 den Anteil des Radver­kehrs am Verkehrs­auf­kommen in Bayern auf mindestens 25 % erhöht werden.
  • Dafür soll bei der Planung und dem Neu‑, Um- und Ausbau von Straßen der Fokus künftig auf den Verkehrs­mitteln des Umwelt­ver­bundes (Rad- und Fußverkehr sowie ÖPNV) liegen.
  • Der Radverkehr soll u. a. mit Radschnell­ver­bin­dungen gefördert werden, Einbahn­straßen sollen grund­sätzlich auch entgegen der Fahrt­richtung für den Radverkehr geöffnet
    und es sollen sichere Abstell­mög­lich­keiten für Fahrräder aller Art geschaffen und staat-
    lich gefördert werden.
  • Ein weiteres Ziel ist die Erhöhung der Verkehrs­si­cherheit für den
    Rad- und Fußverkehr unter Verfolgung der „Vision Zero“.

Suspekt war den Verfas­sungs­richtern, die sich ausdrücklich nicht gegen die politi­schen Ziele des Volks­be­gehrens gewandt haben, aller­dings ein von ihnen monierter Eingriff in die Kompe­tenz­ordnung des Grund­ge­setzes: Einige der gefor­derten Regelungen seien solche des Straßen­ver­kehrs­rechts. Dem Landes­ge­setz­geber fehle nach Art. 72 Abs. 1 Grund­gesetz die erfor­der­liche Gesetz­ge­bungs­kom­petenz. Diese bestehe nur für Straßen- und Wegerecht, nicht aber für Straßenverkehrsrecht.

Es sei aber nicht klar, ob die Unter­stützer des Volks­be­gehrens diesem auch zugestimmt hätten, wenn die verfas­sungs­wid­rigen Regeln nicht darin enthalten gewesen wären. Das zeigt zugleich einen Nachteil von Volks­be­gehren, da eine Mobili­sierung von entspre­chend vielen Bürgern nur sehr punktuell möglich ist. Durch die mangelnde Zulassung sind vermutlich zu viele Unter­stützer frustriert, so dass ein nachge­bes­sertes Begehren bis auf weiteres wohl nicht zustande kommt. Immerhin wurde das Radgesetz, wenn auch nur in entschärfter Form, nun auch von der Bayri­schen Regie­rungs­ko­alition aufge­griffen. (Olaf Dilling)

 

2023-06-09T15:59:03+02:009. Juni 2023|Verkehr|

AG Frankfurt: Behin­dernd abgestellter E‑Scooter

Man sollte meinen, dass es Möglich­keiten gibt, gegen behin­dernd auf Gehwegen abgestellte E‑Roller vorzu­gehen. Aller­dings gibt es vom letzten Jahr eine Entscheidung des Amtsge­richts (AG) Frankfurt am Main, die skeptisch stimmt. Ein Betrie­ban­ge­stellter des Straßen­ver­kehrsamts hatte einen elektri­schen Tret-/Stehroller, sog. eScooter, eines der Aufsteller auf dem Gehweg so abgestellt vorge­funden, dass er andere behinderte.

Von zwei unterschiedlichen Aufstellern auf einem öffentlichen Platz behindernd aufgestellte E-Roller.

Die Halterin des eScooters, eine der Aufsteller dieser Fahrzeuge, hatte sich trotz wieder­holter Anhörung nicht zur Identität des Fahrers geäußert. Daher sollten ihr nun die Kosten des Verfahrens nach § 25a Straßen­ver­kehrs­gesetz (StVG) auferlegt werden. Dagegen erhob sie beim AG Frankfurt Einspruch. Das AG entschied, dass es an einem vorwerf­baren Halt- oder Parkverstoß mangele und damit an einer ahndungs­fä­higen Ordnungswidrigkeit.

Begründet wurde dies vom Gericht damit, dass gemäß § 11 Abs. 5 Elektro­kleinst­fahr­zeu­ge­ver­ordnung (eKFV) für das Abstellen von Elektro­kleinst­fahr­zeugen die für Fahrräder geltenden Parkvor­schriften entspre­chend gelten würden. Nun ist von der Rechts­spre­chung anerkannt, dass Fahrräder grund­sätzlich auch auf Gehwegen abgestellt werden dürfen (vgl. VG Braun­schweig, Urteil vom 25.01.2005 – 5 A 216/03).

Das AG Frankfurt stellt in Überein­stimmung mit dieser Rechts­spre­chung klar, dass die Regeln der § 12 Abs. 4 f. StVO nicht für Fahrräder gelten würden. Womit sich das AG in seinem Beschluss jedoch nicht ausein­an­der­setzt ist die Frage, ob nicht zumindest § 1 Abs. 2 StVO auch für Fahrräder und eScooter gelten müsste: Wenn diese Fahrzeuge auf Gehwegen behin­dernd geparkt werden, müsste ein Bußgeld fällig werden. (Olaf Dilling)

2023-02-23T19:02:07+01:0023. Februar 2023|Allgemein, Verkehr|