Straßenrecht vs. Straßenverkehrsrecht
Für viele ist ja unverständlich, warum Jura ein eigenes Studienfach ist. Menschen mit ganz anderem Arbeits- und Interessenschwerpunkt vermuten, dass es um das stupide Auswendiglernen von Gesetzen und Definitionen ginge. Die Rechtspraxis dürfte demnach von jedem halbwegs intelligenten Abiturienten nach einer kurzen praktischen Ausbildung zu bewältigen sein. Nun, wenn Juristen solche Einschätzungen hören, verweisen sie gerne auf die traditionelle Bestände der Rechtsdogmatik, wie etwa das berühmt-berüchtigte Abstraktionsprinzip. Nach dem bleibt, einfach gesagt, ein Kaufgegenstand auch dann zunächst im Eigentum des Käufers bleibt, wenn der zugrunde liegende Vertrag nichtig ist.
Nicht-Juristen erscheint sowas dann als Spitzfindigkeit. Ähnlich schwer vermittelbar wie der Unterschied zwischen Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht. Das Straßenrecht regelt die Widmung einer Straße. Und mit Widmung ist ein öffentlich-rechtlicher Hoheitsakt gemeint, durch den eine Sache überhaupt erst zu einer öffentlichen Sache wird. Bei einer Straße wird beispielsweise festgelegt, dass sie von der Öffentlichkeit im Rahmen des sogenannten Gemeingebrauchs genutzt werden kann.
Wenn nun Fußgängerzone eingerichtet wird, muss die Straße auf der das geschieht, straßenrechtlich „umgewidmet“ werden. Der Gemeingebrauch wird dabei auf den Verkehr durch Fußgänger beschränkt. Es reicht also nicht, Straßenschilder aufzustellen, denn das würde nur das Straßenverkehrsrecht betreffen. Und das Aufstellen von Straßenschildern hat gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO dem Vermeiden von Gefahren für die Sicherheit und Ordnung im Verkehr zu dienen. Dagegen können bei der Gestaltung der Benutzung von Straßen durch die Widmung umfassend auch umweltpolitische oder stadtplanerische Überlegungen einfließen.
So hat dies Anfang des Jahres das Verwaltungsgericht Hamburg entschieden. Dort wurde im Stadteil Ottensen nämlich im Rahmen eines Verkehrsversuchs eine Fußgängerzone ohne vorherige Umwidmung eingerichtet. Zum Nachsehen der Initiatoren, da in den letzten Wochen des mehrmonatigen Versuchs dann noch ein Anwohner mit privaten Parkplätzen ein Strich durch die Rechnung machte. Der Stadtbezirksrat hat, durch die Eilentscheidung des Gerichts belehrt, danach die Umwidmung beschlossen (Olaf Dilling).