Halali auf Wolf und Reh!

Im Jagdrecht tut sich was. Vor allem soll der Wald besser geschützt werden. Daher wird nun das Bundes­jagd­gesetz (BJagdG) refor­miert mit dem Ziel, das sog. Schalenwild, insbe­sondere die Reh‑, Rot- und Schwarz­wild­be­stände, zu reduzieren. Außerdem wurde kürzlich mit Nieder­sachsen in einem weiteren Bundesland neben Sachsen der Wolf zum jagdbaren Wild erklärt.

Um den Wald steht es derzeit bekanntlich nicht gut. Das liegt wohl in erster Linie am Klima­wandel. Vor allem Fichten­be­stände haben unter den letzten trockenen Sommern stark gelitten. Dies bot zudem ideale Bedin­gungen für Schäd­linge, vor allem den Borken­käfer. Zu allem Überfluss haben sich über die letzten Jahre die Rehbe­stände so stark entwi­ckelt, dass Baumschöss­linge meist nur dann eine Chance haben, aufzu­wachsen, wenn sie durch Zäune oder indivi­duelle Maßnahmen geschützt werden. Kein Wunder: Gerade in halbof­fenen Landschaften mit Maisä­ckern finden Rehe oft ideale Bedin­gungen vor. Der Verbiss ist für extensive Waldbe­wirt­schaftung mit Natur­ver­jüngung oder gar Schutz­ge­biete mit „Urwald“ ein Problem. Denn hier würden Zäune für Schöss­linge dem Schutz­kon­zepten zuwider laufen.

Um die Kontrolle des Wildbe­stands besser an die Erfor­der­nisse vor Ort anzupassen, sieht die vom Bundes­ka­binett beschlossene Novelle des BJagdG (hier der Referen­ten­entwurf vom 13.07.2020) eine dezen­trale Abstimmung vor: Statt der bishe­rigen (Höchst-)Abschussplanung durch die Jagdbe­hörde sollen sich Jagdge­nos­sen­schaften bzw. Eigen­tümer und Jagdpächter über einen Rahmen einigen, innerhalb dessen jährlich Wild abgeschossen werden soll. Dadurch sollen die Waldei­gen­tümer, die in den Jagdge­nos­sen­schaften für ein Revier zusam­men­ge­fasst sind, besser auf den Wildbe­stand Einfluss nehmen können.

Dass fast zeitgleich der Wolf in einem großen Flächenland, nämlich Nieder­sachsen, zum jagdbaren Wild erklärt wird, ist wohl eher Zufall. Nun ist der Wolf zwar einer­seits ein wichtiger natür­licher Fress­feind der Rehe (auch wenn jedes Jahr immer noch mehr Rehe durch Automobile als durch Wölfe sterben). Anderer­seits ist bekannt, dass Wölfe sich gerne auch an Weide­tieren bedienen. Nun ist der Wolf eine nach Europa­recht besonders geschützte Art. Nachdem das Bundes­na­tur­schutz­gesetz unlängst geändert wurde, um weitere Ausnahmen zu ermög­lichen, stößt eine weitere Libera­li­sierung der Wolfsjagd in Deutschland daher an enge Grenzen: Der Erhal­tungs­zu­stand der Art darf nicht gefährdet werden; außerdem kann gemäß § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG n.F. der Abschluss einzelner Tiere nur gerecht­fertigt werden, wenn er zur Abwehr „ernster Schäden“ (früher: „erheb­licher“) erfor­derlich ist.

Wegen der europa­recht­lichen Festle­gungen dürfte es trotz der nun regulär möglichen Jagd weiterhin nur dann erlaubt sein, Wölfe zu erlegen, die im Einzelfall eine besondere Gefahr für Schafe oder Rinder darstellen. Etwa, weil sie gelernt haben, Schutz­vor­keh­rungen wie Elektro­zäune zu überwinden. Dass Tiere grund­sätzlich als jagdbar einge­stuft werden, aber nur ausnahms­weise oder sogar gar nicht gejagt werden dürfen, ist übrigens im Jagdrecht keine Ausnahme: Eine der vermutlich wenigen Eigen­schaften, die der Wolf mit dem Auerhahn teilt (Olaf Dilling).