Gasspeicher: Wie ist die Rechtslage?

Es geht durch die Presse: Die deutschen Gasspeicher sind aktuell nur zu 67,66% gefüllt. In den letzten zwei Jahren betrug der Füllstand zu diesem Zeitpunkt noch rund 90%. Im Jahr 2022, als man wegen der Beendigung der Versorgung aus Russland kalten Winter fürchtete, hatte man die Speicher zu immerhin 75% voll.

Die Bundes­re­gierung hält dies für unpro­ble­ma­tisch, auch wenn der neuen LNG-Terminals. Deutschland kann heute – das ist unbestritten – mehr ameri­ka­ni­sches und norwe­gi­sches Flüssiggas kaufen als in der Vergan­genheit. Eilige Regel­werke, die Geschäfte zur frühzei­tigen Verdun­kelung und Unter­nehmen zur Absenkung der Raumtem­pe­ratur verpflichten, sind in der Tat unwahr­scheinlich. Doch wie sieht es rechtlich aus?

Tatsächlich ist der Füllstand der deutschen Gasspeicher keine rein privat­wirt­schaft­liche Frage. § 35a – § 35h Energie­wirt­schafts­gesetz (EnWG) verpflichten die Betreiber, Deutschland nicht noch einmal so in Bedrängnis zu bringen wie die Gazprom, die 2021 den größten deutschen Gasspeicher in Rehden leer laufen ließ, was die kurzfristige Abhän­gigkeit von der russi­schen Gasver­sorgung noch einmal drastisch erhöhte. Zwar hat die Bundes­re­gierung die Gasspei­cher­be­fül­lungs­ver­ordnung inzwi­schen aufge­hoben, auf deren Basis statt Gazprom seinerzeit die Trading Hub Europe (THE) das Speicher­ma­nagement übernahm. Aber die gesetz­lichen Vorgaben gibt es nach wie vor. Sie laufen erst 2027 aus.

Hier schreibt nun § 35b Abs 1 EnWG vor, dass am jeweils 1. Oktober 80%, am 1. November 90% und am 1. Februar 30% Füllstand vorzu­halten sind. Aktuell besteht damit noch kein rechts­wid­riger Zustand, es spricht aber viel dafür, dass das Ziel zum 1. November nicht mehr erreichbar ist. 

Doch was passiert, wenn am 1. November die Vorrats­kammern leer sind? Klappt es nicht, wird laut EnWG der Markt­ge­biets­ver­ant­wort­liche aktiv, wenn das Wirtschafts­mi­nis­terium zustimmt oder dies anordnet. Zu deutsch: Die THE beschafft Mengen und bekommt das Geld für diese Maßnahmen ersetzt.Bislang wurden diese Gelder über die Gasspei­cher­umlage von den Gaskunden aufge­bracht. Ab 2026 soll diese entfallen, das Geld soll wohl – das steht aber nicht fest – aus dem Klima- und Trans­for­ma­ti­ons­fonds (KTF) ersetzt werden, in den die Gelder v. a. aus dem Emissi­ons­handel fließen und der eigentlich den deutschen Weg zur Klima­neu­tra­lität ebnen soll. 

Was bedeutet das aktuell? Die Bundes­re­gierung sieht keinen Grund zur Sorge. Es ist also eher nicht zu erwarten, dass sie den Füllstand durch aktive Maßnahmen erhöht. Gut möglich also, dass die Gasspeicher dieses und auch nächstes Jahr, bis die Vorgaben sowieso auslaufen, die gesetz­lichen Füllstands­vor­gaben unter­schreiten, ohne dass aktiv dagegen gesteuert wird. Ist das Grund zur Sorge? Eher nicht, es sei denn, die weltpo­li­tische Lage ändert sich noch einmal so drastisch, wie es aktuell nur schwer vorstellbar erscheint. Und in einer derzeit noch mittel­fernen Zukunft ist Deutschland dann ja ohnehin von Erdgas zumindest fürs Heizen weitgehend unabhängig (Miriam Vollmer).

2025-08-22T12:56:50+02:0022. August 2025|Allgemein|

Das Ende der Gasspei­cher­umlage im Vertrieb: Ein neuer § 35g Abs. 7 EnWG

Dass die Gasspei­cher­umlage entfallen soll, ist keine Überra­schung. Dies ist im Koali­ti­ons­vertrag der neuen Bundes­re­gierung angelegt. Dort, wo die Umlage – wie in den meisten Gaslie­fer­ver­trägen – mit dem Verbrauch wie andere Umlagen auf den Preis aufge­schlagen wird, ist ihr Wegfall für die Vertriebe kein Problem, zumindest dann nicht, wenn ihnen genügend Zeit für die Umsetzung bleibt. Nach einem neuen § 35g Abs. 7 EnWG, der derzeit im Entwurf vorliegt, soll die Umlage bereits zum 1. Januar 2026 entfallen. Das bedeutet, dass der Gesetz­geber sich beeilen muss, um den Unter­nehmen ausrei­chend Zeit für Preis­kal­ku­lation und Kunden­mit­tei­lungen einzuräumen.

Die Bundes­re­gierung will jedoch auch dieje­nigen Preise um die Gasspei­cher­umlage senken, in denen diese nicht gesondert ausge­wiesen, sondern in den Gesamt­preis einkal­ku­liert wurde. Der bereits erwähnte Absatz 7 enthält in Satz 2 eine Regel­ver­mutung, wonach die Umlage in die Kalku­lation einge­flossen sein soll und daher der Preis entspre­chend zu reduzieren sei, es sei denn, der Verant­wort­liche kann nachweisen, dass dies nicht der Fall ist. Wem gegenüber dieser Nachweis zu erbringen ist, ist nicht ausdrücklich geregelt. Der amtlichen Begründung ist zu entnehmen, dass die Bundes­netz­agentur stich­pro­ben­artig kontrol­lieren kann. Im Übrigen dürfte es am Käufer liegen, eine entspre­chende Behauptung zu hinter­fragen und den Nachweis zu prüfen. Wie dieser Nachweis konkret aussehen könnte, bleibt aller­dings offen. Viel spricht dafür, dass es sich um Einzel­fälle handelt, etwa ältere Fixpreis­ver­träge, die nachweislich nicht um die Gasspei­cher­umlage erhöht wurden, oder trans­pa­rente kalku­la­to­rische Grund­lagen, die Bestandteil des Vertrags geworden sind.

Abgesehen von der heftig umstrit­tenen Frage, ob es überhaupt möglich ist, die Gasspei­cher­umlage aus dem Klima- und Trans­for­ma­ti­ons­fonds zu bezahlen, ohne mit dem Verfas­sungs­recht zu kolli­dieren, sind die anste­henden Schritte den Vertriebs­un­ter­nehmen aus den vergan­genen Jahren gut bekannt. Dass immer wieder neue Umlagen hinzu­kommen oder entfallen, ist inzwi­schen gängige Praxis.
Es ist zuletzt auch nicht erstaunlich, dass die Bundes­re­gierung sich einen trans­pa­renten Ausweis der Reduzierung wünscht – so auch in § 35g Abs. 7 Satz 4 EnWG‑E –, schließlich möchte sie ihren Wählern nachweisen, dass sie die Ankün­di­gungen aus dem Koali­ti­ons­vertrag auch tatsächlich umsetzt. Ob dies von den Bürgern überhaupt wahrge­nommen wird, steht jedoch angesichts der aktuellen Infor­ma­ti­onsflut in Gasab­rech­nungen in den Sternen. Wir hätten da ja so eine Vermutung (Miriam Vollmer).

2025-08-08T18:48:46+02:008. August 2025|Energiepolitik, Gas, Gesetzgebung, Vertrieb|

Gasspei­cher­umlage und KTF

Die Bundes­re­gierung will die Gasspei­cher­umlage künftig aus dem Klima- und Trans­for­ma­ti­ons­fonds (KTF) finan­zieren. Erdgas würde dadurch günstiger. Unter Klima­schutz­ge­sichts­punkten ist eine solche Entlastung jedoch nicht unpro­ble­ma­tisch, da sie den fossilen Energie­träger Erdgas gegenüber der Elektri­fi­zierung von Prozessen oder dem Einsatz von Wasser­stoff und biogener Brenn- und Treib­stoffe bevorzugt.

Der KTF soll eigentlich dazu dienen, Zukunfts­tech­no­logien zu fördern und die Abhän­gigkeit von fossilen Energie­im­porten zu verringern. Auch bisher werden aus dem KTF Maßnahmen zur Entlastung bei Energie­kosten finan­ziert, etwa bei der energe­ti­schen Haussa­nierung, beim Austausch von Heizsys­temen oder beim Ausbau von Wärme­netzen. Eine Verbil­ligung fossiler Energie­träger entspricht also nicht dem ursprüng­lichen Zweck dieses Fonds.

Doch was hat es mit dieser Umlage überhaupt auf sich?

Sie wurde im Oktober 2022 einge­führt, nachdem sich infolge des russi­schen Angriffs auf die Ukraine zeigte, dass die einge­spei­cherten Gasmengen für die Heizpe­riode mögli­cher­weise nicht ausreichen würden, um Deutschland sicher durch den Winter zu bringen. Um eine ähnliche Situation künftig zu vermeiden, wurde die Markt­ge­biets­ver­ant­wort­liche Trading Hub Europe (THE) gesetzlich verpflichtet, recht­zeitig ausrei­chende Vorräte anzulegen: Laut § 35b Absatz 1 Nummer 2 des Energie­wirt­schafts­ge­setzes sollen die Gasspeicher zum 1. November eines Jahres zu 90 Prozent gefüllt sein.

Die dabei entste­henden Kosten werden über eine Umlage auf die Gaskunden verteilt. Seitdem verteuert die Gasspei­cher­umlage den Gaspreis. Aktuell beträgt sie die erwähnten 0,299 Cent pro Kilowatt­stunde, ab dem 1. Juli 2025 wird sie auf 0,289 Cent pro Kilowatt­stunde gesenkt. Wenn der Bund die Kosten künftig übernimmt, würde der Gaspreis entspre­chend sinken.

Wie recht­fer­tigen Befür­worter den Plan?

Befür­worter dieser Maßnahme argumen­tieren, dass durch den europäi­schen Emissi­ons­handel keine höheren Gesamt­emis­sionen zu erwarten seien, da das Emissi­ons­budget insgesamt begrenzt sei. Diese Einschätzung ist im Hinblick auf Erdgas jedoch nur bedingt korrekt. Bis einschließlich 2026 unter­liegen die deutschen Emissionen aus Erdgas außerhalb des EU Emissi­ons­handels keinem festen Budget. Der nationale CO₂-Preis beträgt heute 55 EUR/t CO2, 2026 wird er auf maximal 65 Euro pro Tonne begrenzt. Zwar gibt es auf europäi­scher Ebene ein Budget, doch wenn Deutschland mehr emittiert, wird dies lediglich finan­ziell ausge­glichen. Erst ab 2027 greift mit dem EU Emissi­ons­han­dels­system ETS 2 eine echte mengen­mäßige Begrenzung. In diesem Jahr sollte die Umlage aber ohnehin wieder abgeschafft werden.

Was ist von dem Plan zu halten?

Dass Energie in Deutschland zu teuer ist, ist partei­über­greifend Konsens. Doch ausge­rechnet einen fossilen Brenn­stoff zu entlasten setzt ein schwie­riges Signal. Konsis­tenter wäre es, den Strom­preis anzugehen. Wie das aussehen könnte, ist im Koali­ti­ons­vertrag angelegt: Senkung der Strom­steuer und Entlastung der Netzent­gelte würde dieje­nigen honorieren, die ihre Prozesse und Heizungen schon umgestellt haben (Miriam Vollmer).

2025-06-20T21:35:49+02:0020. Juni 2025|Allgemein|