Der Mieter ante Portas: Die neue Energie­ef­fi­zi­enz­richt­linie ertüchtigt den Mieter

Fernwärm­erzeuger müssen ihre Preise wie auch ihre Preis­ent­wick­lungen tradi­tionell weniger oft vertei­digen als Strom­ver­sorger. Mögli­cher­weise beruht dies auch auf dem Umstand, dass der Vermieter zwar Vertrags­partner ist, aber die Kosten für Fernwärme ja einfach weiter­reicht. Und die Mieter sie zwar letztlich tragen, aber nicht Vertrags­partner sind und meist nur erfahren, was auf der Neben­kos­ten­ab­rechnung steht. Zwar haben Mieter Anspruch auf eine kosten­günstige Bewirt­schaftung, so dass sie weit überhöhte Preise nicht tragen müssten (LG Potsdam, Urt. vom 5.6.2003, 11 S 233/02), aber faktisch gehen nur wenige Mieter gegen ihre Heizkosten an oder fragen beim Versorger nach.

Mögli­cher­weise wird sich dies künftig ändern. Denn zu den bisher wenig beach­teten Neuerungen im sog. EU-Winter­paket gehört eine derzeit laufende Überar­beitung der EU-Energie­ef­fi­zi­enz­richt­linie (hier in der Trilog­version von Juni), die neben höheren Effizi­enz­an­for­de­rungen einige praktische Neuerungen enthält, die dem Mieter mehr Infor­ma­tionen über die Grund­lagen seiner Wärme­ver­sor­gungen vermitteln sollen.

Die in Art. 9b des Entwurfs vorge­se­henen indivi­du­ellen Wärme­zähler sind bereits heute gem. § 4 Abs. 1 HeizkostenV deutscher Standard. Hier ist wohl – wenn überhaupt – nur eher wenig Nachsteue­rungs­bedarf. Aller­dings müssen die Zähler künftig fernaus­lesbar sein, auch im Bestand wohl spätestens 2027. Das ist heute nicht der Fall, hier muss nun auch die Wärme den Anschluss an den techni­schen Fortschritt schaffen.

Neu ist aller­dings Art. 10a des Entwurfs. Dieser sieht deutlich mehr Infor­ma­ti­ons­rechte für den Endver­braucher, also den Mieter, vor, und zwar auch dann, wenn dieser nicht selbst Vertrags­partner ist. Hier heißt es:

Member States shall ensure that, where meters or heat cost allocators are installed, billing and consumption infor­mation is reliable, accurate and based on actual consumption or heat cost allocator readings, in accordance with points 1 and 2 of Annex VIIa for all final users, namely for natural or legal persons purchasing heating, cooling or hot water for their own end use, or natural or legal persons occupying an individual building or a unit in a multi-apartment or multi-purpose building supplied with heating, cooling or hot water from a central source who has no direct or individual contract with the energy supplier.“

Zwar ist offen, wie die Bundes­re­publik diese sehr weitge­henden Infor­ma­ti­ons­pflichten ausge­staltet. Klar ist aber: Wenn der Mieter alle Abrech­nungs- und Verbrauchs­in­for­ma­tionen besitzt, werden Versorger sich vermehrt kriti­schen Fragen gegenüber sehen. Schließlich geht es um das Geld der Mieter. Diesen können die meisten Versorger zwar insofern beruhigt entge­gen­sehen, als dass auch die Sektor­un­ter­su­chungen ergeben haben, dass es nur wenige Unter­nehmen gibt, deren Preise überhaupt Fragen aufwerfen. Doch in jedem Falle müssen Unter­nehmen mehr und anders kommu­ni­zieren. Denn statt der Profis der Wohnungs­wirt­schaft werden künftig mehr Fragen aus dem Kreise der nicht einschlägig vorge­bil­deten Endver­braucher gestellt werden. Das erfordert andere Kommu­ni­ka­ti­ons­stra­tegien als bisher.
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2018-09-20T22:32:59+02:0020. September 2018|Energiepolitik, Wärme|

Kein Anspruch auf Leistungs­an­passung nach der AVBFernwärmeV

Üblicher­weise sehen Fernwär­me­lie­fer­ver­träge zwei Preis­be­stand­teile vor: Den Leistungs­preis, der die Vorhaltung der Wärme­ka­pa­zität abdeckt. Und den Arbeits­preis, der sich auf die tatsächlich gelie­ferte Wärme bezieht. Mit anderen Worten: Der Kunde bezahlt einmal dafür, dass sein Versorger ein für alle Versorgten ausrei­chend großes Heizkraftwerk und zum Transport geeignete Versor­gungs­lei­tungen unterhält. Und dann zahlt er separat dafür, dass diese Anlage auch läuft und liefert.

Wie hoch die für ihn vorge­haltene Leistung ist, legt der Kunde vor Beginn des Vertrags­ver­hält­nisses fest. Praktisch macht meistens der Versorger einen Vorschlag, der sich entweder am früheren Verbrauch der Immobilie orien­tiert. Oder am Effizi­enz­standard und dem Nutzungs­zweck des Gebäudes.

Nun laufen Fernwär­me­lie­fer­ver­träge lange. Die AVBFern­wärmeV erlaubt Laufzeiten bis zu zehn Jahren, vgl. § 32 Abs. 1 AVBFern­wärmeV. In zehn Jahren aber kann viel passieren. Oft muss heute auch viel passieren, was die Effizienz von Gebäuden angeht. Wird saniert, sinkt der Bedarf an Wärme aber natur­gemäß. Der Kunde verhält sich zu seinem seit Jahren laufenden Fernwär­me­lie­fer­vertrag nun also wie ein Mensch, der stark abgenommen hat, zu seinen alten Hosen: Viel zu viel Stoff, bzw. viel zu viel Leistung.

Doch kann der Kunde nun einfach verlangen, dass die für ihn vorge­haltene und von ihm bezahlte Leistung nun nach unten angepasst wird? Dafür spricht, dass er sie ja nun schlicht nicht mehr braucht. Dagegen spricht aber auch ein gewich­tiges Argument: Der Versorger muss langfristig planen, weil Heizkraft­werke schließlich nicht beliebig vergrößer- und verkleinerbar sind. Würde er beispiels­weise 2005 ein Kraftwerk für einen Bedarf von damals 100% bauen, und dann würden ihm bis 2015 30% von dieser Gesamt­leistung trotz an sich langfris­tiger Verträge gekündigt, müsste er die Inves­ti­ti­ons­kosten und die Fixkosten für die nun nicht mehr benötigte Kraft­werks­leistung ja trotzdem tragen. Schon deswegen erscheint es unbillig, wenn der Wärme­kunde nun einfach seine Leistung beliebig verringern kann.

Dies sieht auch der Verord­nungs­geber der  AVBFern­wärmeV so. In § 3 AVBFern­wärmeV heißt es deswegen:

… Der Kunde ist verpflichtet, seinen Wärme­bedarf im verein­barten Umfange aus dem Vertei­lungsnetz des Fernwär­me­ver­sor­gungs­un­ter­nehmens zu decken. Er ist berechtigt, Vertrags­an­passung zu verlangen, soweit er den Wärme­bedarf unter Nutzung regene­ra­tiver Energie­quellen decken will;…“

Ist der Kunde berechtigt, beim Umstieg auf Erneu­erbare Vertrags­an­passung zu verlangen, heißt das im Umkehr­schluss, dass er dann, wenn er einfach nur weniger Fernwärme braucht, jeden­falls seine Leistung nicht verringern kann. Er muss also auf das Auslaufen seines Vertrags warten, bzw. recht­zeitig kündigen, um den Vertrag anpassen zu können.

Versorger müssen also nicht die verein­barte Leistung im laufenden Vertrag anpassen. das heißt aber natürlich nicht, dass sie es nicht können. Kommt ein Kunde recht­zeitig auf den Versorger zu, so dass dieser langfristig dispo­nieren kann, ist es in vielen Fällen möglich, eine einver­nehm­liche Lösung zu finden und die verein­barte Leistung auf freiwil­liger Basis zu reduzieren, etwa, weil der Versorger andere Kunden hat, die die freiwer­denden Kapazi­täten nachfragen. Auch hier gilt also: Recht­zeitige Kommu­ni­kation hilft.

 

Wenn Sie mehr über Fernwärme erfahren wollen, kommen Sie doch zu unserem Fernwär­me­se­minar am 8. November 2018. Mehr Infor­ma­tionen und das Anmel­de­for­mular gibt es hier.

2018-08-14T08:46:13+02:0013. August 2018|Wärme|

Herrn Abuschs Pyrrhussieg: Fernwär­me­preis­gleitung vorm Amtsgericht

Herr Abusch hat Blutdruck. Nicht nur, dass seine Klage auf Preis­senkung vorm Landge­richt Oberal­theim abgewiesen wurde. Nein, nur zwei Wochen nach Zustellung des Urteils erhöht die Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) in der aktuellen Quartals­rechnung „schon wieder“ die Preise. Die Preis­er­höhung ist zwar überschaubar, es geht nur um 8,15 EUR für drei Monate, aber Herrn Abusch geht es wie immer ums Prinzip.

Was Herrn Abusch besonders aufregt: Die SWO hätten es, wie er meint, nicht einmal für nötig befunden, ihm die Preis­er­höhung zu erklären. Erst auf der Rechnung für das erste Quartal 2018 hat Herr Abusch die Preis­er­höhung festge­stellt. Erzürnt schreibt er einen wütenden Protest­brief und wirft ihn noch am selben Abend bei der SWO ein.

Frau Birte Berlach, die Justi­tiarin, seufzt. Sie schreibt Herrn Abusch seit Jahren, dass die SWO ihm nicht bei jeder Preis­än­derung vorher einen Brief schreiben muss. Es reicht, dass die SWO die aktuellen Preise gem. § 24 Abs. 2 AVBFern­wärmeV in der Rechnung aufführt. Es ist – das schreibt sie auch nicht zum ersten Mal – auch nicht gerade überra­schend, dass die neuen Preise so aussehen, wie sie aussehen. Die Preis­formel, aus der sich Preis­an­pas­sungen ergeben, ist nämlich bekannt, die steht in dem Fernwär­me­lie­fer­vertrag, den Herr Abusch mit der SWO abgeschlossen hat. In dieser Formel gibt es in Einklang mit § 24 Abs. 4 AVBFern­wärmeV Variablen, die die Preis­ent­wicklung des Brenn­stoffs Erdgas und die Lohnent­wicklung als Bestand­teile des Kosten­ele­ments und der Zentral­hei­zungs­index als Markt­element abbilden. Alle Indizes sind beim Statis­ti­schen Bundesamt nachzu­lesen. Die Gewichtung zwischen Kosten- und Markt­element beträgt 50 % zu 40%. Nur 10% sind nicht indexiert. Aber gegen diese 10% kann nicht einmal Herr Abusch etwas haben, nimmt Frau Berlach an. Denn dieser sogenannte S‑Faktor, der Sozial­faktor, dämpft Preis­er­hö­hungen. Je nach Kassenlage wird er im Aufsichtsrat auf 0,8 oder 0,9 festgelegt.

Ganz wohl ist Frau Berlach trotzdem nicht, als sie Herrn Abusch schreibt, mit der Preis­gleit­klausel habe es alles seine Richtigkeit. Tatsächlich ist auf ihr erläu­terndes Schreiben erst einmal drei Monate Funkstille. Dann aber wird eine erneute Klage zugestellt: Herr Abusch verlangt die zuviel gezahlten 8,15 EUR zurück.

Drei Monate später trium­phiert Herr Abusch. Das Amtsge­richt gibt ihm recht. Am selben Tag erhält er die 8,15 EUR. Anwalts­kosten sind zwar nicht angefallen, aber die SWO muss die Gerichts­kosten tragen. Doch wenige Wochen gibt es ein böses Erwachen. Die SWO hebt zwar die bisher geltende Preis­klausel auf. Doch entgegen der Erwartung von Abusch bleibt es nicht bei den Preisen, die doch „so im Vertrag stehen“. Der Aufsichtsrat genehmigt auf Betreiben der Geschäfts­füh­rerin Frau Göker eine neue Preis­klausel. Die ähnelt der alten bis aufs Haar. Nur der S‑Faktor ist nicht mehr dabei, denn der hat dem Amtsrichter nicht gefallen. Er sei nicht trans­parent, gab das Gericht der SWO mit auf den Weg. Eine Abfederung der Preise zugunsten der Verbraucher wird es deswegen künftig zum Bedauern des Aufsichtsrats nicht mehr geben. Herr Abusch hat seine 8,15 EUR also teuer erkauft.

2018-05-03T09:19:51+02:003. Mai 2018|Wärme|