StVG-Reform: Neue Ziele vs. alte Ziele des Straßenverkehrsrechts

Tatsächlich ist letzten Freitag nach vielen und vorschnellen Ankün­di­gungen endlich ein erster und entschei­dender Schritt zur Reform des Straßen­ver­kehrs­rechts getan worden. Nun ist der Weg frei, um auch Kommunen und Ländern mehr Spiel­räume in der StVO zu geben. Der Schritt bestand darin, zunächst einmal das Straßen­ver­kehrs­gesetz zu refor­mieren. In Zukunft wird es möglich sein, im Bereich des Straßen­ver­kehrs­rechts auch Verord­nungen zu erlassen, die nicht nur auf die Sicherheit und Leich­tigkeit des Verkehrs gestützt sind, sondern weiter Ziele gleich­be­rechtigt in den Blick nehmen, namentlich Umwelt‑, insbe­sondere Klima­schutz und Gesund­heits­schutz sowie eine geordnete städte­bau­liche Entwicklung.

Um dies zu ermög­lichen, wurde in § 6 StVG der neue Absatz 4a eingefügt. Bei der öffent­lichen Anhörung Anfang letzter Woche war dies vom Vertreter der Städte und Kommunen als eine Ausnahme bezeichnet worden (wörtlich als „ganz kleine Schublade“). Aus dem Wortlaut ergibt sich das nicht. Dort steht schlicht, Rechts­ver­ord­nungen können auch erlassen werden zur Verbes­serung der genannten neuen Rechts­güter, soweit sie nicht bereits nach bishe­rigen Ermäch­ti­gungen erlassen werden können. Darin ist zwar formal ein Regel-Ausnahme-Verhältnis begründet, es bestehen aber keine Beschränkung für die Verwendung dieser Rechts­grundlage auf Ausnah­me­fälle in einem quanti­ta­tiven Sinne. Kurz gesagt, der Verord­nungs­geber wird nicht auf seltene Ausnahmen beschränkt.

Eine inhalt­liche Einschränkung besteht aller­dings darin, dass die bisher zentralen Rechts­güter, Sicherheit und Leich­tigkeit, weiterhin berück­sichtigt werden müssen. Bezüglich der Sicherheit ist das eigentlich selbst­ver­ständlich. Denn bei der Verkehrs­si­cherheit geht es indirekt um den Schutz wichtiger Rechts­güter wie Leben, körper­liche Unver­sehrtheit und Eigentum. Die ebenso starke Gewichtung der Leich­tigkeit des Verkehrs ist dagegen politisch kontrovers.

Denn warum sollte es nicht im Spielraum der Kommunen stehen, für Teile des Straßen­raums andere Ziele über die Leich­tigkeit des Verkehrs zu priori­sieren? Es muss dabei jedoch auch berück­sichtigt werden, dass inzwi­schen im Gesetz­ge­bungs­ver­fahren unwider­sprochen geblieben ist, dass die Leich­tigkeit des Verkehrs für alle Verkehrs­mittel gleicher­maßen gelten soll. Dies ermög­licht es im Ergebnis, Maßnahmen durch­zu­setzen, die sowohl der Leich­tigkeit des Umwelt­ver­bunds als auch Zielen des Umwelt- und Klima­schutzes oder der geord­neten städte­bau­lichen Entwicklung dienen. (Olaf Dilling)