Wie teuer wird der ETS II?

Am 18. April stimmt das Europäische Parlament final über die novel­lierte Emissi­ons­han­dels­richt­linie (EHRL) ab. Damit wird nicht nur der Minde­rungspfad für die heute schon vom ES erfassen Anlagen noch einmal deutlich gestrafft. Sondern auch ein zweiter ETS für die Sektoren Verkehr und Gebäude einge­führt. Wie schon in Deutschland soll das Inver­kehr­bringen von fossilen Brenn- und Treib­stoffen Abgabe­pflichten von Emissi­ons­zer­ti­fi­katen auslösen. Die sukzessive Verknappung der Zerti­fikate soll einen wachsenden Druck auf Konsu­menten ausüben, Emissionen zu mindern, etwa durch einen Technologiewechsel.

Doch wie teuer werden die Zerti­fikate? Und wie verhält sich der EU-ETS II zum deutschen BEHG? Auch wenige Tage vor der Abstimmung sind beide Fragen noch offen. Kostenlose Fotos zum Thema Co2

Wie es mit dem natio­nalen Emissi­ons­handel weitergeht, muss – und kann – der deutsche Gesetz­geber klären. Doch selbst die Frage, wie teuer die Zerti­fikate maximal werden können, ist umstritten. Anders als im deutschen BEHG gibt es keine festen Preise, sondern von Anfang an ein Cap und eine korre­spon­die­rende Preis­bildung am Markt. Bericht­erstatter Peter Liese (EVP) veröf­fent­lichte nach der Einigung der Organe im Dezember, dass 45 EUR die Obergrenze darstellen würden. Tatsächlich enthält der Entwurf indes aber nur die Vorgabe, dass bei 45 EUR Markt­preis 20 Mio. zusätz­liche Zerti­fikate auf den Markt kommen. Doch wenn die Nachfrage das Angebot deutlich übersteigt und sich deswegen trotz dieser Inter­vention ein höherer Preis bildet, ist kein Instrument vorge­sehen, der die 45 EUR fixiert. Möglich ist damit auch ein viel höherer Preis, wenn nicht durch andere Inter­ven­tionen – wie etwa ordnungs­recht­liche Beschrän­kungen oder Anreize zum Techno­lo­gie­wechsel – die Nachfrage sinkt. Da aktuell unklar ist, ob es solche Maßnahmen gibt und wie wirksam sie sind, ist es durchaus möglich, dass die 275 EUR, die eine Studie des Ariadne-Projekts für 2030 ermittelt hat, Wirklichkeit werden.

Klar ist aber in jedem Falle: Bis 2045 steigen diese Preise stetig an (Miriam Vollmer).

2023-04-14T22:06:19+02:0014. April 2023|Allgemein|

Wie weiter mit dem ETS II?

Der Umwelt­aus­schuss des EP, ENVI, hat sich in seiner Sitzung vom 17. Mai 2022 auch mit dem ETS II, der Ausweitung des europäi­schen Emissi­ons­handels auf die Sektoren Gebäude und Verkehr beschäftigt (hier die PM). Hier hatte die Europäische Kommission in ihrem Richt­li­ni­en­entwurf vom 14. Juli 2022 vorge­schlagen, wie im deutschen natio­nalen Emissi­ons­handel nach dem Brenn­stoff-Emissi­ons­handel (BEHG) das Inver­kehr­bringen von fossilen Brenn- und Treib­stoffen mit einer Abgabe­pflicht von handel­baren Zerti­fi­katen zu belegen.

Indes stellte sich heraus, dass diese Ausweitung der CO2-Bepreisung nicht konsens­fähig ist. Der Beschluss des ENVI bildet damit nun eine Kompromiss ab: Der ETS II wird einge­führt. Er gilt aber zunächst nur für gewerb­liche Gebäude (also keine Wohnge­bäude) und gewerb­lichen Verkehr. Und auch hierbei sollen die Bäume (vorerst) nicht in den Himmel wachsen, denn zunächst soll ein Höchst­preis von 50 EUR gelten.

Die Kommission soll zunächst ermitteln, ob die sozialen Voraus­set­zungen für einen CO2-Preis bestehen. Nur, wenn dies bejaht werden kann, kann der ETS II für private Haushalte ab 2029 einge­führt werden. Voraus­setzung hierfür soll eine Entschä­digung von Haushalten aus dem Klima- und Sozial­fonds seit mindestens drei Jahren sein, die Energie­preise müssen unter den Durch­schnitts­preisen für März 2022 liegen und die Weitergabe von Kosten durch die Energie­ver­sorger soll auf maximal 50% gedeckelt werden. Dies soll sanktio­niert werden. Wie dies genau aussehen soll, ist noch unklar.

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Was bedeutet das nun für Deutschland? Deutschland hat bekanntlich schon einen natio­nalen CO2-Preis. Da niemand der Bundes­re­publik verbietet, weiter zu gehen als die EU, kann die nationale Regelung fortge­führt werden, ohne dass Privat­per­sonen sich auf das Scheitern einer entspre­chenden EU-Regelung berufen könnten (Miriam Vollmer).

2022-05-20T18:53:47+02:0020. Mai 2022|Emissionshandel, Energiepolitik|

Keine Antrags­kor­rektur nach Betrei­ber­wechsel im TEHG: Zu OVG BB 12 N 17/20

Das Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG) Berlin-Brandenburg hat am 25. Januar 2020 (Az.: OVG 12 N 17/20)eine Entscheidung getroffen, die sich zwar auf die 3. Handel­s­pe­riode des Emissi­ons­handels bezieht, aber auch für die Zukunft Bedeutung hat:

2012 konnten Unter­nehmen für die 3. Handel­s­pe­riode von 2013 bis 2020 kostenlose Zutei­lungen von Emissi­ons­be­rech­ti­gungen beantragen. Davon machte auch ein Unter­nehmen Gebrauch, das in Bremen eine Fabrik für kaltge­wälzte Feinbleche betreibt. Aller­dings unterlief dem Unter­nehmen bei der Beantragung ein folgen­schwerer Fehler: Im Antrag wird nach Sekto­ren­zu­ge­hö­rigkeit gefragt, und das Unter­nehmen gab den PRODCOM Code für „Metal­li­scher Überzug durch Aufschmelzen“ an.

Dieser Sektor taucht nicht auf einer langen Liste auf, auf der alle als abwan­de­rungs­be­droht anerkannten Sektoren verzeichnet stehen. Nur diese erhalten eine höhere Zuteilung. Das Unter­nehmen bekam also 2014 für die gesamte Handel­s­pe­riode nur die Zuteilung für „normale“ Unter­nehmen, ihm entging deswegen die regel­mäßig millio­nen­schwere Privilegierung.

2015 wurde das Unter­nehmen mit der Klägerin des Gerichts­ver­fahrens verschmolzen. Die Klägerin stellte nun bei der Deutschen Emissi­ons­han­dels­stelle (DEHSt) den Antrag, ab dem Zeitpunkt der Verschmelzung den PRODCOM Code für einen Unterfall der „Flach­ge­walzten Erzeug­nisse“ anzuer­kennen, die als abwan­de­rungs­be­droht anerkannt sind, und eine Mehrzu­teilung zu gewähren. Diese Einstufung gilt sachlich­ein­ver­nehmlich als richtig. Trotzdem kam die DEHSt dem Antrag aus formellen Gründen nicht nach. Hiergegen richtete sich die Klage, die das Verwal­tungs­ge­richt (VG) Berlin am 06.12.2019 abwies (Az.: 10 K 61.18).

Das VG Berlin hielt wie auch die Behörde eine rückwir­kende Änderung des Zutei­lungs­an­trags für unmöglich, weil die Antrags­frist 2012 abgelaufen war und 2015 deswegen keine Änderungen mehr vorge­nommen werden konnten. Die Antrags­frist im Emissi­ons­handel ist eine matrielle Frist, nach ihrem Ablauf ist der Zutei­lungs­an­spruch unter­ge­gangen und auch spätere Modfi­ka­tionen deswegen nicht möglich.

Auch eine Zuteilung aufgrund des Betrei­ber­wechsels sei unmöglich, weil § 25 Abs. 2 TEHG besagt, dass ein Wechsel des Betreibers die Zutei­lungs­ent­scheidung unberührt lässt und ein Wechsel den CL Status deswegen auch nicht berühre. Diese Norm sei auch nicht – wie die Klägerin vorge­tragen hatte – gemein­schafts­rechts­widrig. Das VG lehnte auch eine Vorlage an den EuGH in dieser Frage ab.

Das VG hatte keine Berufung eröffnet. Die Klägerin beantragte deswegen die Berufungs­er­öffnung. Doch das OVG schloss sich der Rechts­an­sicht von DEHSt und VG Berlin an. Auch das OVG bestä­tigte, dass die frühere Anlagen­be­trei­berin einen Fehler bei der Beantragung gemacht hätte. Doch der Betrei­ber­wechsel ermög­liche es nicht, diesen Fehler auszu­bügeln. Weder § 25 Abs. 2 TEHG noch Art. 10a Abs. 12 EHRL (a. F.) würden hieran etwas ändern. Damit seien weder ernst­liche Zweifel an der Entscheidung des VG noch besondere Schwie­rig­keiten oder grund­sätz­liche Bedeutung der Sache gegeben.

Was bedeutet dies nun für die Praxis? OVG und VG bestä­tigen einmal mehr, dass Fehler bei der Antrag­stellung vorm Ende der Zutei­lungs­pe­riode faktisch nicht mehr aus der Welt zu schaffen sind. Dies gilt auch, wenn der Betreiber sich ändert. Bei Due Diligences von TEHG-Anlagen ist deswegen besonders sorgfältig zu prüfen, ob die Zutei­lungs­an­träge richtig gestellt worden sind. Dies ist ein unter­schätzter Faktor in der Trans­ak­ti­ons­be­ratung (Miriam Vollmer)

2021-03-02T16:30:15+01:002. März 2021|Emissionshandel|