Jagdrecht: Befriedung aus ethischen Gründen
Die Befriedung im Jagdrecht war in den letzten Jahren öfter Thema höchstrichterlicher Rechtsprechung. Dies liegt daran, dass der deutsche Gesetzgeber die Möglichkeit einer Befriedung aus ethischen Gründen aufgrund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vor nicht allzulanger Zeit ins Jagdrecht aufnehmen musste. Seitdem gibt es immer wieder Zweifelsfälle bei der Auslegung der neuen Regelung.
In 2020 hatten wir über einen Fall berichtet, bei dem ein Grundstückseigentümer eine Befriedung beantragt hatte. Da der Antrag aber erst nach Abschluss des neuen Jagdpachtvertrags bearbeitet wurde, sollte die Befriedung auch erst nach Ablauf der Pacht eintreten. Dagegen hatte der Eigentümer geklagt und schließlich vor dem Bundesverwaltunsgericht (BVerwG) recht bekommen.
Ende letzten Jahres war wieder ein Fall einer Befriedung aus ethischen Gründen vor dem BVerwG. Diesmal ging es um die Maßstäbe für die Prüfung, ob tatsächlich ernstliche ethische Gründe vorliegen. Denn gemäß dem neu eingefügten § 6a Abs. 1 S. 1 BJagdG muss der Grundeigentümer glaubhaft machen, dass er die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehnt.
Diesmal ging es um eine Frau, die ihr Grundstück befrieden lassen wollte, u.a. weil ihr Vater bei einem Jagdunfall gestorben sei. Dem Verwaltungsgericht hatte das nicht gereicht; der Tod ihres Vaters sei kein ethischer Grund, es sei aus dem Antrag nicht erkennbar, dass sie ihr Tun an Kriterien ausrichte, die sie anhand der moralischen Kategorien von „Gut“ und „Böse“ bewerte. Zudem würde ihr Fleischkonsum Zweifel daran wecken, dass sie von der Beseeltheit der Tiere ausgehe.
Schon der Bayrische Verwaltungsgerichtshof und dann auch das Bundesverwaltungsgericht haben den Fall anders beurteilt. Zumindest auf Nachfrage sei deutlich geworden, dass die Frau dem Wild das gleiche Schicksal ihres Vaters ersparen wolle, aufgrund einer Schussverletzung auf besonders qualvolle Weise zu sterben. Nach dem BVerwG müsse der Eigentümer die feste Überzeugung gewonnen haben, dass es aus grundsätzlichen Erwägungen nicht richtig ist, die Jagd auszuüben, und diese Überzeugung muss für ihn eine gewisse Wichtigkeit haben. Dies hat das BVerwG in dem vorliegenden Fall angenommen (Olaf Dilling).