Ist der Dash Button doch zu retten?
Ich finde die Idee ja gut: Man bestellt bei Amazon ein kleines Gerät, das man an die Waschmaschine klebt, gibt in der Amazon App zum Beispiel an, dass man immer Persil Megapearls in der Fünfkilopackung will, und wann immer das Waschmittel sich dem Ende zuneigt, drückt man einfach drauf. Kurze Zeit später klingelt es und eine neue Packung Waschpulver steht im Flur. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen fand die Idee allerdings ganz offensichtlich nicht so gut wie ich. Sie zog mit im Wesentlichen drei Argumenten gegen Amazon vor das Landgericht (LG) München I:
- Auf dem Gerät stehe nicht „zahlungspflichtig bestellen“,
- wenn man drückt und so bestellt, könne man nicht sehen, was und zu welchem Preis man bestellt habe, weil diese Details zwar ans Smartphone geschickt würden, aber erst nach der Bestellung, und
- weil in den AGB von Amazon steht, dass Amazon zu den zum jeweiligen Zeitpunkt geltenden Angebotsdetails liefere und bei Nichtverfügbarkeit einen geeigneten Ersatzartikel der gleichen Produktart und derselben Marke liefern dürfe.
Das LG München I schloss sich den Bedenken der Verbraucherschützer an. Nach einigem auch prozessual interessanten Hin und Her kam die Kammer zu der Entscheidung, dass der Dash Button rechtswidrig sei. Amazon wurde also zur Unterlassung verurteilt.
Da Amazon gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt hat, ist derzeit noch nicht klar, ob die Verbraucherschützer sich wirklich durchgesetzt haben. In mancherlei Hinsicht – etwa zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung – bestehen an der Entscheidung auch durchaus Zweifel. Doch selbst wenn auch die weiteren Instanzen sich dem LG München I anschließen sollten, ist es nicht so klar, wie viele auch in der Fachpresse offenbar meinen, dass damit der Stab über den Dash Button gebrochen sei.
Dass entgegen § 312j Abs. 3 BGB auf der Schaltfläche nicht „zahlungspflichtig bestellen“ steht, ist schließlich durchaus zu ändern. Ein entsprechender Aufdruck etwa sollte nicht das Problem sein. Auch dürfte es unproblematisch sein, die AGB des Rahmenvertrags so zu ändern, dass Amazon keinen Ersatzartikel liefert, wenn der eigentlich bestellte Artikel nicht verfügbar ist, sondern dann eben keine Lieferung kommt.
Heikel könnte höchstens die Frage sein, wie mit dem in § 312j Abs. 2 BGB verankerten Gebot umzugehen ist, dem Verbraucher unmittelbar vor der Bestellung klar und verständlich alle erforderlichen Informationen anzuzeigen. Unmittelbar vor dem Druck auf den Knopf gibt es natürlich gar keine Anzeige, schließlich hat der Knopf kein Display. Ausgehend vom Schutzzweck der Norm ist ein Display aber auch möglicherweise gar nicht nötig. Denn erkennbar wünscht der Gesetzgeber hier doch, dass der Verbraucher genau weiß, was er da eigentlich gerade bestellt. Der Button kann aber nach Programmierung (und Änderung der AGB) nur eine einzige Bestellung bedeuten. Das LG München I weist hier zwar mit Recht darauf hin, dass zwischen Programmierung und dem Druck auf den Knopf Monate liegen können. Nach mehreren Monaten wäre mir möglicherweise auch nicht mehr ganz präsent, was ich da eigentlich für eine Bestellung hinterlegt habe. Möglicherweise – zu diskutieren wäre freilich die Wortlautgrenze – könnte man die erwünschte Klarheit über den Inhalt der Bestellung durch eine Art eingebautes Verfallsdatum sicherstellen, ab dem der Verbraucher seine Bestellung aktiv in der App erneuern muss.
Damit wäre es durchaus denkbar – wenn auch alles andere als sicher – dass selbst dann, wenn der Verbraucherschutz sich durchsetzt, der Dash Button überlebt. Als potentielle Kundin würde ich mich freuen. Anders als mancher Verbraucherschutzverband wünsche ich mir nämlich nicht zwangsläufig immer mehr Sicherheit, sondern bin durchaus bereit, für mehr Bequemlichkeit auch den einen oder anderen Nachteil in Kauf zu nehmen. Ich bin also gespannt.