Irreführung durch Unternehmensbezeichnung?

Die „DEG Deutsche Energie GmbH“ ist, wie man liest, insolvent, weil der Netzbe­treiber Tennet den Bilanz­kreis­vertrag mit dem Unter­nehmen gekündigt hat, weil wohl seit längerem die EEG-Umlage nicht mehr gezahlt worden sei. Leidtra­gende sind unter anderem die Stadt Erfurt und der Deutsche Bundestag. Zumindest die Haushalts­kunden fallen nun in die Ersatz­ver­sorgung zu Grund­ver­sor­gungs­ta­rifen, alle anderen Kunden müssen sich schleu­nigst um einen anderen Versorger kümmern, weil die Begrenzung des Ersatz­ver­sor­gungs­tarifs auf die Höhe des Grund­ver­sor­gungs­tarifs nach § 38 Abs. 1 S. 3 EnWG nur für Haushalts­kunden gilt.

Uns erinnert diese unerfreu­liche Geschichte an einen Anruf aus dem letzten Jahr. Damals ging es nicht um unbezahlte Rechnungen. Vielmehr wollte ein alter Bekannter von uns wissen, ob ein Unter­nehmen sich eigentlich einfach so „Deutsche Energie“ nennen darf. Um den Anrufer direkt zu zitieren: „Die nehmen den Mund ja ganz schön voll“.

Wir waren damals eher skeptisch. Eine kurze Recherche im Netz ergab, dass das Unter­nehmen damals nur rund 50.000 Kunden versorgte. Auch die Umsätze waren zum damaligen Zeitpunkt überschaubar. Zwar hatte das Unter­nehmen in einigen Ausschrei­bungen Kunden wie den Bundestag oder die Elbphil­har­monie gewinnen können, weil es ausge­sprochen günstige Preise geboten hatte. Aber denkt man bei „Deutsche Energie“ nicht an ein deutlich größeres Unter­nehmen? Vielleicht nicht gerade an ein Unter­nehmen, das Markt­führer ist, aber doch an ein Unter­nehmen, das sich nicht ganz unberech­tigte Hoffnung auf eine solche Position macht?

Auf der anderen Seite: Werbung ist per se selbst­be­wusst. Wann eine Werbung mit einem Unter­neh­mens­namen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG irreführend und deswegen unzulässig ist, ist deswegen nicht immer ganz leicht von den noch erlaubten Fällen abzugrenzen. Der BGH äußert sich zu dieser Frage mit den folgenden Worten (Urt. v. 13.6.2012 – I ZR 228/10 -):

Der Gebrauch einer geschäft­lichen Bezeichnung kann danach irreführend sein, wenn ein Bestandteil der Firmierung geeignet ist, beim Verkehr unzutref­fende Vorstel­lungen über Eigen­schaften des Unter­nehmens hervorzurufen“

Bei uns immerhin hat die Bezeichnung „DEG Deutsche Energie“ unzutref­fende Vorstel­lungen über Eigen­schaften des Unter­nehmens hervor­ge­rufen. Wir gestehen nämlich, wir waren schon etwas überrascht über den tatsäch­liche Unter­neh­mens­zu­schnitt. Gut möglich, dass auch die Kunden, die tatsächlich unter­schrieben haben, von einem Vertrags­schluss abgesehen hätten, wenn der Name des Unter­nehmens nicht eine Bedeutung nahelegen würde, die über ein für die Verhält­nisse des Energie­markts kleines Unter­nehmen deutlich hinausgeht. Auf der anderen Seite ist der Fall wiederum nicht so klar wie bei den in der Energie­wirt­schaft üblichen Fällen der Irreführung, in denen Lügen über Koope­ra­tionen bestehender Unter­nehmen oder gleich über die Person des werbenden Energie­ver­sorgers verbreitet werden. Uns hätte es deswegen durchaus inter­es­siert, wie sich wohl ein Gericht positio­niert hätte, hätte in Wettbe­werber die DEG Deutsche Energie GmbH wegen Irreführung über eine Unter­neh­mens­ei­gen­schaft abgemahnt. Dazu wird es jetzt wohl nicht mehr kommen.

2019-01-04T00:44:27+01:004. Januar 2019|Strom, Wettbewerbsrecht|

BKartA und Vergleichsportale

Spricht man mit Vertriebs­leiter von Energie­ver­sorgern, so klagen viele: Vor allem jüngere Kunden nutzen das Internet auf der Suche nach einem guten Energie­ver­sorger. Dort landen sie regel­mäßig bei Vergleichs­por­talen wie vor allem Check24 und Verivox. Es herrscht aber eine verbreitete Unkenntnis darüber, dass Vergleichs­portale keineswegs wirtschaftlich auf Verbrau­cher­seite stehen. 

Diese Schweig­samkeit über den wahren Charakter diese Dienst­leis­tungen hat in der Vergan­genheit schon der BGH für Bestat­tungen und u. a. auch das Landge­richt München in Hinblick auf Versi­che­rungen bemängelt. Und auch das Bundes­kar­tellamt hat sich der Proble­matik angenommen. Erste Ergeb­nisse seiner Sektor­un­ter­su­chung von Vergleichs­por­talen u. a. auch in Hinblick auf Energie liegen in Form eines Konsul­ta­ti­ons­pa­piers seit gestern vor.

Die Behörde zeigt sich kritisch. Zwar lobt auch die Behörde das Mehr an Trans­parenz, dass Portale liefern können. Aller­dings bemängelt das Bundes­kar­tellamt den Einfluss von Entgelten und Provi­sionen, die die Anbieter zahlen, zum Teil verwir­rende Hinweise etwa auf angeb­liche Exklu­siv­an­gebote. Auch der Umstand, dass speziell Check 24 Kunden zusätz­liche Boni für bestimmte Energie­tarife anbietet und so den anbie­tenden Unter­nehmen Vorteile beim Ranking verschafft, sieht die Behörde als Problem. Generell stößt die Vermi­schung der Rollen als Makler, Werbe­plattform und Verbrau­cher­trans­pa­ren­z­an­gebot auf Unbehagen.

Tatsächlich hängt die recht­liche Einordnung des Verhaltens der Portale stark davon ab, was man dem aufge­klärten Durch­schnitts­ver­braucher zutraut. Erkennt er, dass die Portale letztlich werben und makeln? Betrachtet er Rankings kritisch? Je weniger man von einem solchen aufge­klärten Blick ausgehen kann, umso eher wird man zum Ergebnis kommen, dass hier unerlaubt der Werbe­cha­rakter verschleiert und über die Vorzugs­wür­digkeit mancher Tarife sogar irrege­führt würde. Wenn dem so wäre, könnten beispiels­weise Konkur­renten sowohl das Vergleichs­portal als auch den einzelnen zahlenden Energie­an­bieter wettbe­werbs­rechtlich zur Verant­wortung ziehen. Und auch für die Verbrau­cher­schutz­zen­tralen gäbe es Anknüp­fungs­punkte, wenn sie denn wollten. 

Doch kann die Lösung in einer Geißelung dieser verbrei­teten Praxis bestehen? Der Verbraucher geht in der Vielzahl der Angebote unter und ist ohne Platt­formen nicht in der Lage, sich neutral zu infor­mieren. Deswegen stellt sich die Frage, ob dann, wenn sich das Rollen­di­lemma der Vergleichs­portale als system­im­manent heraus­stellt, nicht der Gesetz­geber gefragt wäre, die Verknüpfung von Werbung, Vermittlung und Infor­mation aufzulösen. 

(Wenn Sie es ganz genau wissen wollen: Vollmer, EnWZ 2015, 457)

2018-12-13T13:16:12+01:0013. Dezember 2018|Wettbewerbsrecht|

Wenn der Werber x‑mal klingelt

Es ist bekanntlich verboten, Verbraucher ohne deren vorherige ausdrück­liche Einwil­ligung anzurufen, um ihnen etwas zu verkaufen. Das steht in § 7 Abs. 2 Nummer 2 des Gesetzes gegen den unlau­teren Wettbewerb (UWG).

Das UWG sieht in solchen Fällen zwei denkbare Konse­quenzen vor. Zum einen können Wettbe­werber abmahnen und, wird keine Unter­las­sungs­er­klärung abgegeben, eine gericht­liche Unter­las­sungs­ver­fügung herbei­führen. Wenn der Misse­täter noch einmal unerlaubt zum Hörer greift, kann dann ein Ordnungsgeld beantragt werden. Doch auch die öffent­liche Hand muss nicht tatenlos zusehen. § 20 Abs. 1 Nummer 1 UWG erklärt solche Verstöße zu Ordnungs­wid­rig­keiten. Abs. 2 sieht eine Geldbuße von bis zu 300.000 € vor.

Jetzt hat die für die Verhängung der Bußgelder zuständige Bundes­netz­agentur (BNetzA) erstmals den Bußgeld­rahmen voll ausge­schöpft. Zuvor hatten sich mehr als 6000 Verbraucher über die ENERGYs­parks GmbH beschwert. Das Unter­nehmen hatte telefo­nisch für einen Wechsel des Strom-und Gasver­sorger geworden. Die Anrufer wurden auch uns gegenüber als selbst für dieses robuste Gewerbe ausge­sprochen aggressiv geschildert: Offenbar wurden viele Verbraucher immer wieder angerufen, sie wurden teilweise beleidigt, bedroht, und die von der ENERGYs­parks GmbH gekauften Adress­daten waren wohl auch nicht hinrei­chend mit Einwil­li­gungen unterlegt.

Wie nun bekannt wurde, will das Unter­nehmen Einspruch einlegen. Der Rechts­anwalt des Direkt­ver­markters teilt mit, Wettbe­werber des Unter­nehmens hätten die Telefonate im Namen des Unter­nehmens durch­ge­führt. Doch ist so etwas wirklich wahrscheinlich? Es ist bekannt, dass die meisten Verbraucher sich auch nach ausge­sprochen ärger­lichen Telefo­naten zwar aufregen, aber es muss eine Menge passieren, damit der Verbraucher sich an die BNetzA wendet. Allein die Kosten, so viele Verbraucher anzurufen, um für die ENERGYs­parks GmbH zu werben, dabei absichtlich belei­digend und bedrohend aufzu­treten, bis 6.000 Beschwerden einge­gangen sind, dürften horrend sein. Man hat, wie der Volksmund sagt, schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen, aber ein solches Pferd und eine solche Apotheke können wir uns kaum vorstellen.

Der Anwalt der ENERGYs­parks GmbH meint weiter, das Unter­nehmen hätte sich gar keine Kontakt­daten von unseriösen Adress­händlern beschafft, sondern eine „zentral angelegte Adress­da­tenbank“ genutzt. Uns ist eine solche Einrichtung ja nicht bekannt. Was er wohl meint? Offenbar ist ihm nicht klar, wie anspruchsvoll die Anfor­de­rungen an eine wirksame Einwil­ligung sind. Es gibt schon deswegen keine zentral angelegten Adress­da­ten­banken, bei denen sich jeder, der für irgendein Produkt werben will, frei bedienen kann. Einwil­li­gungs­er­klä­rungen müssen klar erkennen lassen, welche Produkte oder Dienst­leis­tungen welcher Unter­nehmen konkret erfasst sind. Dies hat der BGH am 14.3.2017 (VI ZR 721/15) für E‑Mail-Werbung unter­strichen, und es spricht alles dafür, dass das natürlich auch für Telefon­anrufe gilt. Schon deswegen ist es schwer vorstellbar, dass sich das Unter­nehmen mit seiner Rechts­an­sicht durchsetzt.

Was passiert also nun? Der Einspruch wird bei der BNetzA eingelegt. Wenn diese den Bußgeld­be­scheid aufrecht erhält, wird über die Staats­an­walt­schaft das Amtsge­richt Bonn aktiv. Dieses kann entweder durch Beschluss ohne oder mit Urteil nach einer Haupt­ver­handlung entscheiden, ob es bei dem außer­or­dentlich hohen Bußgeld bleibt. Gegen Urteil und Beschluss in dieser Sache ist schon wegen der Höhe des Bußgeld die Rechts­be­schwerde zum Oberlan­des­ge­richt eröffnet.

2018-12-12T00:04:05+01:0012. Dezember 2018|Wettbewerbsrecht|