MVV AG plant Stillegung des Gasnetzes in Mannheim ab 2035

Die MVV Energie AG, einer der führenden Energie­ver­sorger Baden-Württem­bergs, hat angekündigt, das Gasnetz in Mannheim bis 2035 still­zu­legen. Damit wäre die MVV der erste Gasnetz­be­treiber in Deutschland, der sich aktiv aus der Erdgas­ver­sorgung zurück­zieht. Dies markiert einen bedeu­tenden Schritt in der Energie­wende, stellt aber zugleich viele Haushalte und die Stadt vor erheb­liche Herausforderungen.

Die MVV Energie AG, nach der EnBW der zweit­größte Energie­ver­sorger Baden-Württem­bergs, hat sich aus wirtschaft­lichen und recht­lichen Gründen zu diesem Schritt entschlossen. Der Rückgang der Nutzung fossiler Brenn­stoffe, insbe­sondere Erdgas, sowie die damit verbun­denen steigenden Kosten machen den Betrieb des Gasnetzes zunehmend unren­tabel. Auch andere Versorger, wie die Stadt­werke Augsburg, hatten ähnliche Überle­gungen angestellt, entschieden sich jedoch letztlich dagegen.

Laut MVV sind von der Still­legung rund 24.400 Haushalte betroffen. Nicht alle werden auf die angebotene Alter­native, das Fernwär­menetz, umsteigen können. Die MVV verweist darauf, dass die EU-Gasbin­nen­markt­richt­linie die Betreiber verpflichtet, Still­le­gungs­pläne zu entwi­ckeln und bis Mitte 2026 der Bundes­netz­agentur vorzu­legen. Diese Richt­linie wird derzeit in deutsches Recht umgesetzt und unter­stützt den geplanten Ausstieg aus der fossilen Gasversorgung.

Die Still­legung des Gasnetzes stellt viele Haushalte vor neue Heraus­for­de­rungen. Während einige von der Fernwär­me­ver­sorgung profi­tieren können, bleibt unklar, wie die restlichen Haushalte künftig ihre Energie­ver­sorgung sicher­stellen werden. Für Gebäude, die nicht an das Fernwär­menetz angeschlossen werden können, müssen alter­native Heizlö­sungen wie Wärme­pumpen oder elektrische Heizsysteme gefunden werden.

Die Kosten für die Umrüstung könnten für viele Haushalte eine finan­zielle Belastung darstellen. Deshalb arbeitet die MVV an einer Förder­stra­tegie, um den Übergang für die Betrof­fenen sozial­ver­träglich zu gestalten.

Ein zentraler Faktor für die Entscheidung der MVV ist die EU-Gasbin­nen­markt­richt­linie, die eine Still­legung von Gasnetzen als Option vorgibt. Diese Regelung soll den Übergang zu einer klima­neu­tralen Energie­ver­sorgung unter­stützen. Zudem führt die MVV die zuneh­menden Kosten für die Erdgas­ver­sorgung als Grund an, die den Betrieb langfristig unwirt­schaftlich machen.

Die Entscheidung der MVV könnte Signal­wirkung für andere Gasver­sorger in Deutschland haben. Als erster Anbieter, der einen vollstän­digen Ausstieg aus dem Erdgasnetz plant, stellt das Unter­nehmen die Frage in den Mittel­punkt, wie Deutschland seine Klima­ziele erreichen kann, ohne soziale und wirtschaft­liche Härten zu verursachen.

Die Stadt Mannheim könnte durch diesen Schritt eine Vorrei­ter­rolle bei der Trans­for­mation der Energie­ver­sorgung einnehmen. Gleich­zeitig zeigt die Situation auch die Heraus­for­de­rungen, die der Umbau von fossilen auf klima­neu­trale Energie­träger mit sich bringt.

(Christian Dümke)

2024-11-15T13:07:16+01:0015. November 2024|Energiepolitik, Gas, Netzbetrieb|

Das Ende der Ampel – und nun?

Als Energie­rechtler sehen wir die Ampel ja nicht so negativ wie viele andere Leute: In den letzten Jahren jagte eine Novelle die nächste, dabei viele Reformen, die überfällig waren. Auch die Gaspreis­krise 2022 war handwerklich kein Meister­stück, aber wir hatten beim Blick auf die Schwie­rig­keiten vieler Mandanten, überhaupt noch Gas liefern bzw. beziehen zu können, schon mit dem Schlimmsten gerechnet. Hätte eine andere Regierung die teilweise groben Schnitzer in den entspre­chenden Gesetzen vermieden? Allen Umfragen zufolge werden wir in abseh­barer Zeit – ob nun Winter oder Frühling – sehen, ob eine andere Regierung das Handwerk des Gesetze-Strickens besser beherrscht und weniger Maschen fallen lässt, die dann die Gerichte wieder aufnehmen müssen.

Doch das jähe Ende der Ampel kommt energie­rechtlich zur Unzeit. Derzeit sind eine ganze Reihe von Geset­zes­vor­haben in der Schwebe, die eigentlich keineswegs bis tief in 2025 warten können. Zumindest gestern sah es auch nicht danach aus, dass die Ex-Ampel nun als Minder­heits­re­gierung noch die Mehrheiten zusam­men­be­kommt, um zumindest die wichtigsten Vorhaben noch durch den Bundestag zu bringen.

Da wäre also zunächst die Novelle des EnWG. Energys­haring muss also warten. Ärgerlich, weil dringend: Die Neure­gelung des Netzan­schluss­ver­fahrens für Anschluss­pe­tenten außerhalb der Nieder­span­nungs- bzw. Niederdruckebene.

Ansonsten sind erheb­liche Teile des Green Deal noch nicht umgesetzt. Allen voran: Die Erneu­er­baren-Richt­linie, die RED III. Hier geht es um wichtige Grund­lagen, auch für die Länder und Gemeinden, wie etwa Beschleu­ni­gungs­ge­biete, auch den Ausbau der Batte­rie­spei­cher­in­fra­struktur. Mindestens ebenso ärgerlich: Dass die ohnehin viel zu lange verschleppte Umsetzung der neuen Emissi­ons­han­dels­richt­linie nun liegen bleibt. Hier geht es nicht um einzelne Schön­heits­re­pa­ra­turen, hier werden ganze Sektoren neu aufge­nommen und die Voraus­set­zungen für den Start des ETS II für die Sektoren Gebäude und Verkehr gelegt. Hier besteht dringender Handlungs­bedarf, weil Emissi­ons­ge­neh­mi­gungen eigentlich 2025 vorliegen müssen, zudem startet die (nicht mit dem BEHG zu verwech­selnden) Berichts­pflicht. Was nun?

Dass auch die Novelle von AVBFern­wärmeV und 38. BImSchV – hier geht es um das kaputte THG-Quoten­system – liegen bleibt, erscheint angesichts dessen fast schon als Petitesse, ohne es aber zu sein. Die THG-Quote zieht bekanntlich mit den Jahren deutlich an, das setzt ein funktio­nie­rendes System voraus. Der Plan, es zu fixen, war eigentlich simpel und nicht übel, was nun kommt? Who knows. Auch in Sachen Abscheidung und Speicherung bzw. Verwendung von CO2 (CCS/CCU) ist es ärgerlich, dass die Branche nun noch länger in Unsicherheit bleibt, zumal auch die Union in ihrer „Neuen Energie-Agenda“ auf CCS setzt. Liegen bleiben nun wohl auch die Novellen des BauGB und die Ladesäulenverordnung.

Ob die Union sich gegen Zugeständ­nisse beim Termin für neue Wahlen überreden lässt, zumindest noch die aus europa­recht­lichen Gründen ganz dringenden Umset­zungsakte zu erlassen? Wünschenswert wäre das. Aber ob es darauf noch ankommt im gerade anlau­fenden Wahlkampf? (Miriam Vollmer).

2024-11-08T19:22:05+01:008. November 2024|Allgemein, Energiepolitik|

Das geplante Strom­preis­paket der Bundesregierung

Die Bundes­re­gierung plant zur Entlastung der Wirtschaft ein neues „Strom­preis­paket“ auf den Weg zu bringen.

Das neue Strom­preis­paket  zielt darauf ab, strom­in­tensive Unter­nehmen langfristig zu entlasten und die Wettbe­werbs­fä­higkeit des produ­zie­renden Gewerbes in Deutschland zu stärken. Zu den wesent­lichen Maßnahmen gehört eine drastische Senkung der Strom­steuer für das produ­zie­rende Gewerbe auf den EU-Mindestwert von 0,05 Cent pro Kilowatt­stunde. Zuvor waren es noch über 1,5 Cent. Diese Reduzierung soll eine Kosten­er­sparnis von rund 7 Milli­arden Euro pro Jahr bewirken und wird durch eine weitere Verlän­gerung der Strom­preis­kom­pen­sation ergänzt, die den Unter­nehmen indirekte CO₂-Kosten zurück­er­stattet. Außerdem wird der sogenannte „Super-Cap“, eine Sonder­re­gelung für besonders energie­in­tensive Betriebe, für fünf Jahre ausge­weitet und entbürokratisiert.

Der „Super Cap“ ist eine spezielle Regelung, die besonders energie­in­tensive Unter­nehmen von hohen Strom­kosten entlasten soll. Dieser Mecha­nismus richtet sich an Betriebe, die im inter­na­tio­nalen Wettbewerb stehen und aufgrund ihres hohen Energie­ver­brauchs besonders von den Strom­preis­schwan­kungen betroffen sind. Der Super Cap erlaubt es diesen Unter­nehmen, sich von einem Teil der CO₂-bedingten Zusatz­kosten zu befreien, indem sie auf eine Deckelung ihrer Strom­kosten zurück­greifen können. Die Zahl der davon betrof­fenen Unter­nehmen beträgt ungefähr 350.

In der Praxis bedeutet dies, dass für Unter­nehmen mit enormem Strom­bedarf, wie in der Stahl- oder Chemie­in­dustrie, eine Entlastung durch den Verzicht auf bestimmte Sockel­be­träge und Bürokra­tie­kosten geschaffen wird. Im Rahmen der Strom­preis­kom­pen­sation werden ihre zusätz­lichen Strom­kosten für die nächsten fünf Jahre gedeckelt, sodass diese Betriebe besser gegen Preis­schwan­kungen geschützt sind und somit eine stabilere Kosten­planung betreiben können

Das Paket beinhaltet auch Maßnahmen zur Stabi­li­sierung der Netzent­gelte, die zusätzlich zur Entlastung der Unter­nehmen beitragen sollen. So können insbe­sondere energie­in­tensive Branchen wie Chemie oder Metall­ver­ar­beitung von einer „Strom­preis­brücke“ profi­tieren, die ihnen Planungs­si­cherheit und finan­zielle Entlastung bietet. Diese Maßnahmen sind Teil einer umfas­sen­deren Wachs­tums­in­itiative, die auch eine verbes­serte Infra­struktur und schnellere Geneh­mi­gungs­ver­fahren für erneu­erbare Energien anstrebt, um die Energie­wende in Deutschland voran­zu­treiben und die Abhän­gigkeit von fossilen Energie­trägern weiter zu reduzieren.

(Christian Dümke)

2024-10-25T20:02:34+02:0025. Oktober 2024|Energiepolitik, Industrie, Netzbetrieb|