Die deakti­vierte facebook-Fanpage

Facebook-Fanpages, mit denen Unter­nehmen werben, sind daten­schutz­rechtlich immer noch ein Problem. Wir hatten bereits mehrfach über die Gründe berichtet. Vor ein paar Tagen hat das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) der Geschichte noch eine weitere Wendung hinzu­gefügt. Es ging darum, ob Daten­schutz­be­hörden den Betrieb einer facebook-Fanseite gegenüber dem bewor­benen Unter­nehmen unter­sagen können.

Aber zunächst noch einmal eine kurze Rekapi­tu­lation: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Sommer 2018 entschieden, dass nicht nur facebook, sondern auch der Nutzer von sogenannten facebook-Fanpages für das Sammeln und Verar­beiten der Daten verant­wortlich ist. Dabei waren diese Fanpages bei vielen Unter­nehmen, gerade auch Stadt­werken, so beliebt, weil sie relativ günstige und wenig aufwendige Möglich­keiten für Werbung bieten. Aller­dings besteht das Geschäfts­modell von facebook bekanntlich im Sammeln von Daten. Und das funktio­niert mit den Fanpages sehr gut. Nicht nur hinsichtlich der facebook-Nutzer, die in die Daten­schutz­richt­linien dieses social media- Konzerns einge­willigt hatten. Vielmehr sammelt facebook mit Hilfe von Cookies auch die Daten belie­biger Benutzer, die die Seite aufrufen und stellt sie unter anderem den Unter­nehmen zur Verfügung. Das war dem EuGH natürlich ein Dorn im Auge.

Nachdem die Sache vom EuGH entschieden worden war, ging sie wieder an das BVerwG zurück, das sie dem Gericht in Straßburg vorgelegt hatte. Das BVerwG musste nun darüber entscheiden ging, ob eine Daten­schutz­be­hörde, im konkreten Fall die schleswig-holstei­nische Daten­auf­sicht, anordnen kann, dass der Betreiber des von Facebook unter­hal­tenen Unter­neh­mens­auf­tritts die Fanseite abschalten muss. Beanstandet wird von der Recht­spre­chung nämlich weiterhin, dass die Nutzer der Seiten nicht über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung der Daten infor­miert werden. Außerdem würden sie nicht über ihr Wider­spruchs­recht gegen die Erstellung eines Nutzungs­profils zu Werbe- und Markt­for­schungs­zwecken unterrichtet.
Die Klägerin, das betrof­fenen Unter­nehmen, hat vor diesem Hinter­grund argumen­tiert, dass sich die Daten­schutz­be­hörden doch an facebook wenden sollten. Dagegen hat das BVerwG nun – unter Zurück­ver­weisung an das vorle­gende Oberver­wal­tungs­ge­richt Schleswig – zugunsten der Behörde entschieden. Auch eine Anordnung gegenüber dem Unter­nehmen kann rechtens sein, wenn die Durch­setzung des europäi­schen Daten­schutz­rechts gegenüber facebook zu aufwendig ist.
2019-09-23T20:20:55+02:0023. September 2019|Datenschutz, Digitales, Vertrieb, Wettbewerbsrecht|

Das BMJ plant Verein­fa­chungen bei der Kennzeichnungspflicht

Es ist schwierig: Bis jetzt sind wettbe­werb­liche Handlungen nicht unbedingt bezahlt. Denn das Gesetz über den unlau­teren Wettbewerb stellt für die Definition geschäft­licher Handlungen darauf ab, ob eine Absatz­för­derung vorliegt, nicht dagegen, ob Geld fließt. Dies hat Bedeutung für die Kennzeich­nungs­pflicht als Werbung, die sich aus § 5a Abs. 6 UWG ergibt, wo es heisst: 

Unlauter handelt auch, wer den kommer­zi­ellen Zweck einer geschäft­lichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmit­telbar aus den Umständen ergibt, und das Nicht­kennt­lich­machen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäft­lichen Entscheidung zu veran­lassen, die er andern­falls nicht getroffen hätte.“

Im Zeitalter sozialer Medien ist diese Regelung aller­dings schwie­riger als je zuvor. In der Vergan­genheit erkannte der Verbraucher Werbung in aller Regel recht schnell. Dazu gab es auch kaum unbezahlte Werbung, wer einen Fernsehspot schaltete oder eine Anzeige abdruckte hatte bis auf seltene Ausnahmen dafür bezahlt.

Das ist heute nicht mehr ebenso selbst­ver­ständlich wie früher. Influencer werben nämlich anders als der klassische Fernseh­mo­de­rator, der sich nebenbei mit Werbe­spots etwas dazu verdiente. Es gehört gerade zum Geschäft der Influencer, dass sie ihre Beliebtheit dazu nutzen, Produkte zu empfehlen. Wenn sie hierfür bezahlt werden, ist dies zu kennzeichnen, soweit ist die Sache klar. Wer sich daran nicht hält, kann abgemahnt werden. 

Aber nun kommt der Haken: Oft fließt gar kein Geld. Und noch nicht einmal die Produkte werden gestellt. Schließlich ist der Influencer ja nicht nur lebende Litfaß­säule. Er ist auch, und dieses „auch“ macht es schwierig, eine Privat­person, die aus schierer Begeis­terung ein Lokal, ein neues Buch oder auch eine Handtasche bejubelt und damit empfiehlt.

Muss der Influencer auch solche Formen der Absatz­för­derung als Werbung kenntlich machen? Zuletzt hatte die Recht­spre­chung – das viel bespro­chene Urteil des LG München zur  Fußbal­lerfrau Cathy Hummels – zu dem überra­schenden Ergebnis geführt, dass bei manchen sehr erfolg­reichen Accounts quasi nichts mehr als Werbung gekenn­zeichnet werden müsste, weil das Publikum bei so großen Accounts gar nicht von einem privaten Account ausgehen würde, sondern quasi immer Werbung erwartet und bekommt. Doch wie auch immer: Die Rechts­un­si­cherheit ist aktuell erheblich.

Hier versucht nun das Bundes­jus­tiz­mi­nis­terium den Betrof­fenen künftig das Leben etwas zu erleichtern. Es plant, eine klarstel­lende Regelung ins UWG aufzu­nehmen. Nach dieser soll eine Werbung, die auch die Kennzeich­nungs­pflicht nach § 5a Abs. 6 UWG nach sich zieht, dann vorliegen, wenn Geld fließt. Abgren­zungs­schwie­rig­keiten wie heute gehören dann der Vergan­genheit an. 

2019-06-13T18:08:39+02:0013. Juni 2019|Digitales, Wettbewerbsrecht|

Unfall an der Schranken-Schranke

Frau Kramp-Karren­bauer hat sich geärgert: Der Aufruf von 70 Youtubern sei Anlass für eine Diskussion, welche offline geltenden Regeln auch online angewandt werden müssen.

Festzu­halten ist dabei zunächst: Aktuell gibt es kein Gesetz, das es verbieten würde, im Wahlkampf seine Meinung zu publi­zieren. Eine (oder 70) Zeitungs­re­dak­tionen wären also frei darin, zum Sturz der Regierung aufzu­rufen. Zeitungen haben sich zwar selbst einen Presse­kodex auferlegt, aber verbindlich ist der nicht und er beinhaltet auch kein Neutra­li­täts­gebot. Für den Rundfunk gilt zwar laut § 7 Abs. 9 Rundfunk­staats­vertrag ein politi­sches Werbe­verbot, aber der RStV verbietet keine Wahl- oder eben nicht Wahlaufrufe, sondern eben nur „Werbung“.

Aber was nicht ist, könnte ja noch werden. Wäre eine Regulierung, wie Frau Kramp-Karren­bauer sie angedeutet hat, also erlaubt? Werfen wir einen Blick ins Grundgesetz:

Generell gilt für alle Meinungs­äu­ße­rungen Art. 5 Abs. 1 GG. Dieses Grund­recht ist außer­or­dentlich kompri­miert, denn es enthält gleich fünf verschiedene Rechte: Die Meinungs- Informations‑, Presse‑, Rundfunk- und Filmfreiheit. Für alle gilt: Sie werden nicht schran­kenlos gewährt. Sondern können einge­schränkt werden. Eine Zensur – also eine Kontrolle vor Veröf­fent­li­chung – ist dabei zwar nicht erlaubt (Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG). Aber es gilt Art. 5 Abs. 2 GG, der lautet:

Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allge­meinen Gesetze, den gesetz­lichen Bestim­mungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persön­lichen Ehre.“

Allge­meine Gesetze klingt erst mal gut, wenn man sich von Leuten verfolgt wähnt, deren Meinung gerade darin besteht, man mache seinen Job nicht so, wie es die Grund­rechts­träger wollen. Ein allge­meines Gesetz könnte der Gesetz­geber ja einfach erlassen. Es könnte z. B. lauten: „In den letzten vier Wochen vor Wochen vor bundes­weiten Wahlen dürfen nur ausge­wogene Meinungen publi­ziert werden.“.

Das wäre zwar ein allge­meines Gesetz, das allein nach dem oberfläch­lichen Wortlaut der Norm Art. 5 Abs. 1 GG einschränken könnte. Aber wäre es auch verfas­sungs­konform oder hebt das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt eine solche Regelung stracks wieder auf? Hier kommen wir auf einen Begriff, wie sich ihn nur Juristen ausdenken können: Die Schranken-Schranke. In der Langfassung: Auch die Beschränkung des Grund­rechts selbst muss mit dem Grund­recht vereinbar sein. Das ist insbe­sondere dann der Fall, wenn eine Regelung einer­seits das in Art. 19 Abs. 2 GG hinter­legte Verbot nicht verletzt, Grund­rechte „in ihrem Wesens­gehalt“ anzutasten. Und anderer­seits muss die Schran­ken­be­stimmung verhält­nis­mäßig sein.

Ein Gebot, im Wahlkampf nur ausge­wogene Meinungen zu veröf­fent­lichen, dürften beide angespro­chene Punkte verletzen. Schließlich gehört es zum Kern von Art. 5 Abs. 1 GG, dass man die Regierung ablehnen und zu ihrer Abwahl aufrufen darf. Und ist das wirklich – wie es das Verhält­nis­mä­ßig­keits­gebot fordert – geeignet, erfor­derlich und angemessen, um den demokra­ti­schen Prozess der Willens­bildung nicht zu stören, wie Frau Kramp-Karren­bauer es angedeutet hat? Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Es ist gerade Teil des demokra­ti­schen Willens­bil­dungs­pro­zesses, dass Leute laut und deutlich ihre Meinung über Politiker und Parteien sagen. Wie das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt regel­mäßig unter­streicht: Die Meinungs­freiheit – und das damit verbundene Recht, seine Meinung auf welchem Wege auch immer zu äußern – ist „schlechthin konsti­tu­ierend“ (BVerfGE 20, 56, 97 f.) für eine Demokratie. Die Demokratie und damit auch der demokra­tische Willens­bil­dungs­prozess müssen also nicht vor polari­sie­renden Meinungen geschützt werden. Demokratie setzt vielmehr voraus, dass man laut und deutlich seine Meinung sagen darf.

2019-05-28T08:56:55+02:0028. Mai 2019|Digitales|