♻️ Circular Economy Act: Umwelt­ver­bände fordern echten Wende­punkt in der EU-Ressourcenpolitik

Gerade noch läuft die öffent­liche Konsul­tation (bis 06.11.2025): Man darf gespannt sein, was der für 2026 angekün­digte Circular Economy Act (CEA) als neuer EU-Rechts­rahmen zur Kreis­lauf­wirt­schaft für die Praxis bereit­halten wird.

Acht deutsche Umwelt­ver­bände unter Feder­führung des DNR mahnen zu mehr Ambitionen (siehe auch hier und hier). Viele Kreis­lauf­po­ten­ziale bleiben ungenutzt, und zentrale Kennzahlen wie der Ressour­cen­ver­brauch pro Kopf zeigen: Europa steckt noch in der linearen Wirtschafts­logik fest. Von der Hand zu weisen ist dies sicherlich nicht Doch was machen wir draus? 

Im Kern fordern die Verbände sieben konkretere und verbind­li­chere Ansatz­punkte: Die Abfall­hier­archie muss wirksam verankert werden, um die Abfall­ver­meidung (Design – Rethink, Reduce oder Refuse.) tatsächlich zu stärken und damit dann auch das Wieder­ver­wenden klappt. Gleich­zeitig sollen verbind­liche Ziele für Primär­res­sour­cen­nutzung und Abfall­ver­meidung einge­führt werden, denn ohne Ressour­cen­ein­sparung bleibt jeder Kreis­lauf­ansatz fragmen­ta­risch. Steuer­recht und Finan­zierung müssen den Wandel aktiv unter­stützen: Lineare Verwer­tungs­mo­delle dürfen nicht weiter privi­le­giert bleiben, und Kreis­lauf­mo­delle brauchen Planungs­si­cherheit und Förderung. Die Herstel­ler­ver­ant­wortung (EPR) muss weiter­ent­wi­ckelt und EU-weit harmo­ni­siert werden – etwa durch höhere Vorgaben für Reparatur, Wieder­ver­wendung und Recycling­fä­higkeit. Auch bei Elektro- und Elektronik­ge­räten herrscht aus Sicht der Verbände noch eine Regelungs­lücke, die den Rezykla­teinsatz und die Rückführung von Materialien behindert. Schließlich fordert das Bündnis eine klare Quali­täts­po­litik für Rezyklate: Nur hochwertige, sichere und verläss­liche Sekun­där­roh­stoffe machen Kreis­lauf­mo­delle marktfähig.

Der Circular Economy Act könnte das Instrument sein, das Kreis­lauf­wirt­schaft in den Mittel­punkt der Industrie- und Rohstoff­po­litik rückt – weg vom Nachsorgen („Abfall“) hin zur voraus­schau­enden Ressour­cen­stra­tegie („abfall­freies Europa“). Wenn die EU also tatsächlich bis 2030 die „Zirku­la­ri­tätsrate“ verdoppeln will (derzeit bei rund 12 %), dann braucht es aber mehr als Recycling­quoten – es braucht syste­mische Verän­de­rungen und handhabbare recht­liche Regelungen. Dies gilt auch gerade für die minera­li­schen Abfälle. Zudem müssen wir Ängste überwinden – nicht nur beim Verbraucher sondern auch bei Behörden. (Dirk Buchsteiner)

2025-10-22T20:38:51+02:0022. Oktober 2025|Abfallrecht|

Vom Baument­scheid zum Berliner Klimaanpassungsgesetz

In Berlin wird demnächst vom Abgeord­ne­tenhaus über ein Klima­an­pas­sungs­gesetz abgestimmt. Der Entwurf dafür wurde maßgeblich durch ein Bürger­be­gehren, dem „Baument­scheid“ initiiert und entwi­ckelt. Aller­dings kommt es jetzt mögli­cher­weise gar nicht zum Bürger­ent­scheid. Das ist für die Initiative keine Enttäu­schung, sondern ein Grund zu feiern: Sie haben bei den Regie­rungs­frak­tionen mit ihrem Anliegen offene Türen einge­rannt. Der Entwurf wurde von ihnen im Wesent­lichen übernommen, so dass die Chancen gut stehen, dass er vom Landes­par­lament verab­schiedet wird.

Für eine Geset­zes­in­itiative, die Klima­an­passung voran­treibt und daneben auch die Stadt „grüner“ macht, ist es tatsächlich höchste Zeit. Angesichts der geringen Bereit­schaft der Bundes­re­gierung, noch etwas Substan­ti­elles für Klima­schutz zu tun, und der politi­schen Großwet­terlage weltweit wird Anpassung immer wichtiger. Hitze­sommer und Stürme, Dürre und Stark­regen werden immer öfter und wir müssen uns darauf einstellen. Bund, Länder und Kommunen müssen dafür sorgen, dass dieses Extrem­wetter die Bevöl­kerung nicht unvor­be­reitet trifft. Klima­schutz und Klima­an­passung dürfen nicht als sich ausschlie­ßende Alter­na­tiven verstanden werden. Sie sollten sich vielmehr ergänzen. 

Schließlich ist der menschen­ge­machte Klima­wandel bereits voll im Gange. Zugleich ist die Stadt­fläche, in der die höchste Bevöl­ke­rungs­dichte herrscht, auch der Teil des Terri­to­riums, in der die Effekte des Klima­wandels am stärksten zu spüren sind: Dies ist so, weil die meisten Flächen versiegelt sind und kein Wasser aufnehmen und speichern können. Außerdem heizen sich Stein‑, Beton und Asphalt­flächen in der Sonne stärker auf als begrünte oder baumbe­standene Flächen. Auch nachts kühlen sie sich kaum ab.

Das Berliner Klima­an­pas­sungs­gesetz ist nicht das erste einschlägige Gesetz zu dem Thema. Vielmehr hat sich auch der Bund schon mit dem Thema befasst und das Bundes-Klima­an­pas­sungs­gesetz (KAnG) erlassen. Warum braucht es also überhaupt ein Gesetz für Berlin? Das KAnG des Bundes fordert bisher vor allem eine vorsor­gende Klima­an­pas­sungs­stra­tegie durch die Bundes­re­gierung bzw die zustän­digen Minis­terien, weiterhin Risiko­ana­lysen sowie einen Monito­ring­be­richt. Auf Bundes­ebene sollen alle Behörden Klima­an­pas­sungs­kon­zepte erstellen. Schließlich sollen alle Behörden bei ihren Planungen und Entschei­dungen das Ziel der Klima­an­passung berück­sich­tigen. Dies bleibt jedoch alles etwas abstrakt – zudem viele der Maßnahmen ohnehin in der Verwal­tungs­kom­petenz der Länder und Gemeinden liegen.

Luftbild von Parkanlage in einer Stadt

In § 9 KAnG lässt der Bund insofern die Möglichkeit offen, dass Länder eigene Klima­an­pas­sungs­ge­setze erlassen, die mit den Vorgaben des Bundes im Einklang sind. Ein Blick in den Entwurf des KAnG Bln demons­triert, dass es auf Ebene eines Stadt­staats durchaus konkreter geht: Dort werden nach mikro­kli­ma­ti­schen Parametern sogenannten Hitze­viertel definiert, die von der Senats­ver­waltung per Beschluss ausge­wiesen werden sollen und in denen Maßnahmen ergriffen werden sollen, um Klima­an­pas­sungs­ziele zu erreichen. Beispiel­weise sollen auf „jeder Straßen­seite und auf allen ausrei­chend breiten Mittel­streifen (…) je Straßen­ab­schnitt im Durch­schnitt mindestens alle 15 Meter ein gesunder Straßenbaum gepflanzt sein“. Weitere Klima­an­pas­sungs­ziele beziehen sich auf die Erreich­barkeit wohnort­naher Grünan­lagen und Regen­was­ser­ver­si­ckerung und auf die Absenkung der Tempe­ratur um mindestens 2°C durch Maßnahmen der blau-grünen Infrastruktur. 

Nun ist Papier bekanntlich geduldig und bei den Maßnahmen handelt es sich um Soll-Vorgaben. Wie wird dafür gesorgt, dass diese Ziele tatsächlich erreicht werden? Das Klima­an­pas­sungs­gesetz sieht in § 5 eine Zustän­digkeit der Senats­ver­waltung für die jährliche Erstellung eines Maßnah­men­ka­talogs für die jewei­ligen Hitze­viertel vor und die schritt­weise Umsetzung durch die Bezirks­ämter vor. Stadt­viertel mit niedrigem sozialen Status sollen dabei vorrangig bedient werden, da hier die Bedin­gungen oft besonders schlecht und die Vulnerabi­lität besonders groß ist.

Über die Hitze­viertel hinaus soll im gesamten Stadt­gebiet ein Mindest­be­stand an Bäumen herge­stellt und erhalten werden. Bei der Flächen­ver­teilung sollen Fahrrad- und Gehwege erhalten bleiben, dagegen ist es nach dem Geset­zes­entwurf zulässig, Parkplätze zu opfern. Dies ist vermutlich auch notwendig, denn ansonsten wäre es kaum realis­tisch, die im Gesetz vorge­sehene Anzahl von Bäumen pro Straßen­ab­schnitt zu pflanzen. Es ist voraus­sehbar, dass es hier zu politi­schen Vertei­lungs­kämpfen kommen wird. Letztlich kann Berlin ein für Menschen erträg­liches Stadt­klima aber nur erhalten, wenn Parkplätze in Baumscheiben umgewandelt werden. Alles andere wäre angesichts des deutlichen Anstiegs der Durch­schnitts­tem­pe­ra­turen und der Häufung von Hitze­sommern kurzsichtig. (Olaf Dilling)

2025-10-22T17:41:18+02:0022. Oktober 2025|Allgemein, Klimaschutz, Kommentar, Umwelt|