Klima­neu­tra­lität setzt voraus, dass auch die Erdgas­ver­brennung bis 2045 beendet wird. Schließlich zieht die Verbrennung von Erdgas zwar weniger, aber nicht null fossile Emissionen nach sich. Entspre­chend hat das Gasnetz ein Verfalls­datum. Viele Bürger haben jedoch offenbar nicht damit gerechnet, dass das Erdgasnetz tatsächlich in den nächsten zwanzig Jahren abgeschaltet wird. Zwar hat sich herum­ge­sprochen, dass die Bundes­re­publik Deutschland mittel­fristig klima­neutral werden will, doch nicht jeder Bürger hat die Konse­quenzen des europäi­schen Klima­ge­setzes und der Recht­spre­chung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts im Klima­be­schluss von 2021 für sich in vollem Umfang durch­dacht. Sie wollen beim Erdgas bleiben.

Doch was bedeutet das nun in der Praxis? Müssen Versorger auch gegen ihren Willen weiterhin Bürger mit Erdgas beliefern? Aktuell verpflichtet § 18 Abs. 1 des Energie­wirt­schafts­ge­setzes (EnWG) die Betreiber von Energie­ver­sor­gungs­netzen schließlich, Letzt­ver­braucher im Nieder­druck­be­reich anzuschließen. § 20 EnWG verpflichtet die Versorger zudem, den Netzzugang zu gewähren. Konkre­ti­siert sind beide Regelungen in der Verordnung über allge­meine Bedin­gungen für den Netzan­schluss und dessen Nutzung für die Gasver­sorgung in Nieder­druck (NDAV).

Aus diesem Rechts­rahmen ergibt sich, dass sich das Recht auf Versorgung nur auf bestehende Netze bezieht – nicht jedoch auf den Betrieb eines Netzes an sich. Das bedeutet, dass der Kunde zwar eine bestehende Netzstruktur nutzen darf und ihm dies nur in wenigen Fällen verwehrt werden kann, aber er keinen Anspruch auf deren Erhalt hat. Einen Versorger auf diesem Wege gegen seinen Willen am Betrieb festzu­halten, wird also nicht möglich sein.

Ein Blick in den Rechts­rahmen zeigt aber auch: Die bevor­ste­hende Still­legung des Gasnetzes erfordert ein Set an Regelung, das für alle Seiten Rechts­si­cherheit gewähr­leistet. Für Versorger, Netzbe­treiber und Verbraucher muss klar sein, wie es weitergeht. Das Bundes­wirt­schafts­mi­nis­terium hat bereits in einem kurzen Papier aus dem Frühjahr 2024 auf offene Fragen in Zusam­menhang mit dem Erdgasnetz hinge­wiesen. Letztlich muss jedoch der Gesetz­geber selbst klare Regelungen schaffen, aus denen eindeutig hervorgeht, welche Verpflich­tungen bestehen und worauf sich die Betei­ligten wie lange verlassen können. Diese Aufgabe wird der nächste Bundestag angehen müssen (Miriam Vollmer).