Nun kommt der Industriestrompreis also nicht. Für viele Unternehmen ist das eine gute Nachricht, weil der Kreis der Begünstigten gegenüber den ursprünglichen Plänen des BMWK deutlich steigt. Dieser hätte nur einem relativ kleinen Kreis niedrigere Energiekosten als heute ermöglicht. Doch was hat die Bundesregierung nun vor und was hat das zu bedeuten?
Zunächst sinkt die Stromsteuer von dem (bereits heute nach § 9b StromStG für Unternehmen um rund 0,5 Cent/kWh ermäßigten) Satz von 1,537 Cent/kWh auf 0,05 Cent/kWh. Das ist niedrigste Steuersatz, den die EU zulässt. Wichtig für die Einordnung: Schon jetzt können Unternehmen des produzierenden Gewerbes nach § 10 StromStrG den sog. Spitzenausgleich beantragen. Dieser beträgt allerdings „nur“ bis zu 90% der Steuer, so dass die nun geplante Absenkung den Unternehmen doch Einiges bringt. Zudem entfällt der Antragsaufwand, etwa Nachweispflichten für ein Energiemanagementsystem. Das haben viele Unternehmen zwar aus anderen Gründen sowieso, eine Beschneidung des ausufernden Nachweis- und Antragswesens ist trotzdem zu begrüßen. Dass Preissenkungen Unternehmen dazu verführen könnten, Strom zu verschwenden, ist gleichzeitig eher fernliegend, dafür ist und wird Elektrizität mit oder ohne Steuersenkung schlicht zu teuer.
Über die Ausweitung der Stromkostenkompensation wird dagegen gestritten. Um die Bedeutung und die Funktion der Stromkostenkompensation zu erklären, muss man etwas weiter ausholen: Der Emissionshandel setzt bekanntlich preisliche Anreize, Emissionen zu mindern. Die Stromproduktion aus fossilen Quellen etwa ist mit Abgabepflichten von Emissionsberechtigungen verbunden. Stromerzeuger müssen also Berechtigungen kaufen und geben diesen Preis an ihre Kunden weiter, entweder über die Kostenkalkulation im konkreten konkreten Strombezugsvertrag, oder über die Preisbildungsmechanismen an der Börse, wo das preisbildende Grenzkraftwerk – meist ein Gaskraftwerk – regelmäßig CO2-Kosten trägt. Der Stromerzeuger selbst reicht die Kosten also nur durch, effektiv bezahlt sie der Stromkunde. Bei diesem kommt also auch zuerst der Minderungsanreiz an.
Dieser Minderungsanreiz sinkt natürlich, wenn der industrielle Stromkunde diesen Preis gar nicht voll bezahlt. Dass es die Stromkostenkompensation trotzdem gibt, liegt daran, dass bei Abwägung des Schutzes der europäischen Industrie und einem ungebremsten Preisanstieg für fossil erzeugten Strom der strukturpolitische Aspekt überwiegt, und wegen des unveränderten Budgets für Emissionen auf EU-Ebene ohnehin insgesamt nicht mehr emittiert wird. Es macht aber auch deutlich, wieso um eine Ausweitung dieser Privilegierung mehr gestritten wird. Denn künftig sinken die emissionshandelsbedingten Lasten für den Kreis der Berechtigten noch weiter: Der Selbstbehalt von rund 40.000 EUR/a soll abgeschafft werden, das Super-Cap für die Topverbraucher im deutschen Stromnetz wird fortgeführt. Insgesamt soll die Stromkostenkompensation für fünf Jahre verlängert werden. Anders als beim Spitzenausgleich für die Stromsteuer soll es aber weiter ein Antragsverfahren geben, da die qualitativen Anforderungen, die der konkreten Beihilfenhlhe zugrunde liegen, schon aus europarechtlichen Gründen nicht entbürokratisiert werden können (Miriam Vollmer).
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