Es klingt exotisch, ist aber gar nicht so selten: Ein Kunde bezieht vertragslos Strom oder Gas, fällt aber weder in die Grund- noch in die Ersatzversorgung. Fallgruppen, in denen so etwas häufiger passiert, sind Gewerbekunden mit mehr als 10 MWh Verbrauch pro Jahr, die also nicht mehr als Haushaltskunden gelten. Vertragslose Entnahmen außerhalb der Niederspannung bzw. Niederdruck. Und Ersatzversorgungen nach mehr als drei Monaten.
In allen diesen Fällen besteht kein Anspruch auf Versorgung. Wenn aber nicht gesperrt, sondern weiter die Entnahme ermöglicht wird, stellt sich die Frage, wem die Lieferung zugeordnet wird und wer entsprechend Ansprüche gegen den vertragslosen Letztverbraucher hat.
In einer viel diskutierten Entscheidung hatte das OLG Düsseldorf 2021, Urt. v. 10. Februar 2021 (I‑27 U 19/19) den Anspruch auf Bezahlung in einem solchen Fall dem Netzbetreiber zugesprochen (wir berichteten). Das war besonders überraschend, nachdem dasselbe Gericht zwei Jahre zuvor die Sache anders gesehen hatte (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.11.2019 – 3 Kart 801/18 (V)), wir berichteten.
Doch immerhin: Wie die Sache zu bewerten ist, hat am Ende der BGH überzeugend entschieden. Mit Urteil vom 10.05.2022 (EnZR 54/21) stellt der Senat fest, dass weder ein Grund- noch ein Ersatzversorgungsverhältnis besteht, aber trotzdem ím Fall einer Entnahme in Niederspannung entnommene Mengen dem Grund- und Ersatzversorger zuzuordnen sind, egal, wie sie bilanziell zugeordnet wurden.
Dies wirft natürlich die Frage nach dem Tarif auf. Da es um diese Frage im Verfahren nicht ging, erwähnt der BGH die „richtige“ Anspruchsgrundlage nur am Rande, aber es kommen mangels vertraglichem und gesetzlichem Schuldverhältnis nur Ansprüche uf Aufwendungsersatz, Wertersatz aus Bereicherungsrecht und Schadensersatz in Frage. Aus älteren Entscheidungen kann man immerhin entnehmen, dass es wohl um den Wert der verbrauchten Energie gehen soll (Miriam Vollmer)
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