Wir hatten hier im Blog im Dezember 2019 über eine Musterfeststellungsklage des Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) gegen den insolventen Energieversorger BEV (Bayerische Energieversorgungsgesellschaft mbH) berichtet. In dem Streit ging es die Auszahlung von Neukundenboni. Die hatte rund 60.000 Kunden durch teilweise hohe Bonusversprechen geködert. Der Insolvenzverwalter konnte den Geschäftsbetrieb nicht weiterführen und war auch nicht bereit die Boni auszuzahlen oder im Rahmen der Endabrechnung zu Gunsten der Kunden zu berücksichtigen.
Das ist aber unzulässig entschied zwischenzeitlich das OLG München am 21. Juli 2020, Az. MK 2/19. Das Gericht legte die entsprechende Bonusregelung in den AGB so aus, dass auch Kunden die kürzer als 1 Jahr versorgt wurden der Anspruch zusteht. Zudem führt der Bonusanspruch zu einer automatischen Reduzierung des Vergütungsanspruches der BEV für die bis zur Insolvenz geleisteten Energielieferungen.
Die einzelnen Forderungen der Kunden mögen mit um die 100,00 EUR eher gering ausfallen, insgesamt geht es für das insolvente Unternehmen aber wohl um rund 138 Mio. Euro. Das Verfahren gibt der Diskussion um Sinn und Wirksamkeit des relativ neuen Instrumentes der Musterfeststellungsklage neuen Auftrieb. Insbesondere weil zumindest nach Auffassung des OLG München eine Musterfeststellungsklage auch gegen einen Insolvenzverwalter über das Vermögen eines Unternehmers zulässig sein. Sowohl bei Aktiv- als auch bei Passivprozessen, die ein Insolvenzverwalter über das Vermögen eines Unternehmers gegen Verbraucher führt, sei regelmäßig das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen zwischen den Verbrauchern und dem Insolvenzschuldner entscheidungserheblich und könne deshalb taugliches Feststellungsziel einer Musterfeststellungsklage gegen den Insolvenzverwalter sein – so das OLG.
Die Entscheidung des OLG München ist nicht rechtskräftig, der Insolvenzverwalter der BEV hat die Revision zum BGH eingelegt. (Christian Dümke)
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