Der Kohleausstieg soll keine wirtschaftlich verödeten Landschaften hinterlassen. Dies war ein zentraler Punkt der sog. Kohlekommission, die sich im gesellschaftlichen Konsens um einen Plan für die Beendigung der Kohleverstromung bemühen sollte. Zwar wurde ihr Plan, wie es mit der Kohle zuende gehen soll, entgegen anderslautender Ankündigungen nicht 1:1 umgesetzt. Aber von der Idee, dass das Ende der Kohle wirtschaftlich großzügig flankiert werden sollte, rückte der Gesetzgeber nie ab.
40 Mrd. EUR in mehreren Tranchen sollen die Bundesländer insgesamt bekommen, denen im Zuge des Braunkohleausstiegs ein Strukturwandel bevorsteht. 14 Mrd. EUR hiervon sind nun Gegenstand eines aktuellen Vereinbarungsentwurfs zwischen dem Bund und den betroffenen Bundesländern vom 22. Juli 2020. Er unterfüttert das am 3. Juli zuletzt vom Bundesrat verabschiedete Strukturstärkungsgesetz (InVK), das den Rahmen und die Grundlage für die Vereinbarung darstellt. Die ebenfalls im Strukturstärkungsgesetz vorgesehenen Hilfen für die Steinkohleregionen sind dagegen nicht Gegenstand des Vereinbarungsentwurfs.
Was steht also nun in dem Papier?
Das Kapitel 1 des Vereinbarungsentwurfs regelt das Verfahren, nach dem Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, der Freistaat Sachsen und das Land Sachsen-Anhalt Gelder für Projekte zur Abfederung des Ausstiegs aus der Braunkohle abrufen sollen. Interessant, wenn auch nicht neu, ist § 3, der die Summen ausweist und auch ausdrücklich darauf hinweist, dass Maßnahmen ohne eigene Mittel der Kommunen finanziert werden können. § 4 enthält die Förderbereiche. Hier fällt auf, welche Bedeutung auch hier Verkehrswegen beigemessen wird. Angesichts des Umstandes, dass die betroffenen Regionen ja auch außerhalb dieser Vereinbarung (siehe Kapitel 2) verkehrstechnisch besser erschlossen werden sollen, stellt sich durchaus die Frage, ob im Zeitalter der Digitalisierung der physische Transport von Personen und Gütern wirklich noch so eine Bedeutung für wirtschaftliche Proesperität besitzt. Immerhin, unter den acht anderen Förderbereichen stehen zumindest auf den hinteren Plätzen auch Digitalisierung, Breitband-und Mobilfunkinfrastruktur und Forschung.
In § 6 wird es dann konkret. Hier soll geregelt werden, dass die Länder Programme festlegen und Vorhaben genehmigen und der Bund diese Vorhaben innerhalb eines Monats ab Information durchs Land von der Förderung ausschließen kann, wenn sie nicht zu den (allerdings denkbar breiten) Förderzielen passen. Weitere Informationspflichten enthalten § 7 und § 8, der sich auf die Projektrealisierung bezieht. § 9 erlaubt, die Mittel als Haushaltsmittel oder in Sondervermögen der Länder zu vereinnahmen.
Kapitel 2 des Entwurfs betrifft die sog. „zweite Säule“, die 26 Mrd. für die Kohleregionen, die der Bund selbst ausgeben will. Ihre Basis sind die Kapitel 3 und 4 InvKG. Hier tauchen nun auch nicht investive Maßnahmen auf, mit denen der Bund etwas für die betroffenen Regionen tun will, u. a. ein Kompetenzzentrums Wärmewende, die Forschungsinitiative „Reallabore der Energiewende“ sowie die Einrichtung zweier zusätzlicher DLR-Institute, Geld für Bildung und Wissenschaft, Behördenansiedlungen und wiederum Verkehrsprojekte.
Um die Mittelvergabe zu koordinieren, soll es ein gemeinsames Gremium von Bund und den betroffenen Ländern geben. Es soll den gesamten Prozess begleiten, also mindestens bis 2038, möglicherweise (weil auch einzelne Projekte noch länger laufen) darüber hinaus. Vorgesehen ist ein komplexes Nebeneinander von Leitungs- und Fachebenen, geregelt ist das Vorschlagsrecht der Länder, ein Expertenrat kann ins Leben gerufen werden, organisieren soll eine Geschäftsstelle, kurz: Es gibt einiges an Bürokratie.
Wo das Geld herkommen soll, ist dagegen noch nicht so klar. Es hieß im Vorfeld, ein Teil des Geldes würde über den nationalen Emissionshandel eingespielt, aber dieser soll ja auch den Ausbau der Elektromobilität und die Stabilisierung der EEG-Umlage finanzieren. Im Vorspann des Strukturstärkungsgesetz steht zu diesem Thema nur recht sparsam, die Mittel stünden im jeweiligen Haushaltsgesetz bereit.
Wie geht es nun weiter? In den nächsten Monaten nach der Sommerpause sollte die Vereinbarung finalisiert werden, parallel zu der Vereinbarung mit den Kraftwerksbetreibern. Dann sollte gegen Ende des Jahres spätestens absehbar sein, wie der Rahmen für das Ende der Kohleverstromung in Deutschland aussehen wird, zumindest, wenn auch die Europäische Kommission mitspielt (Miriam Vollmer)
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