Wenn ich gar nicht weiterweiß … eine Kommission für die Windkraft?

Windkraft hat ein Image­problem. Viele Menschen erleben die zum Teil erheb­lichen Landschafts­ver­än­de­rungen durch Windkraft­an­lagen als eine echte Störung ihres Natur­er­lebens. Dagegen treten die natur­schutz­recht­lichen Belange, die durch Windkraft­an­lagen berührt werden, in der Öffent­lichkeit fast in den Hinter­grund. Befür­worter argumen­tieren regel­mäßig, dass auch ein Kohle­kraftwerk ja nun nicht gerade durch seine ästhe­ti­schen Quali­täten besticht. Doch gerade die Verän­derung von bisher natur­nahen Landschaften ist vielfach ein Streitpunkt.

Diese Akzep­tanz­pro­bleme will die Bundes­re­gierung nun im Zuge des Erlasses des Energie-Sammel­ge­setzes (aka „Hundert-Tage-Gesetz“) angehen. Wie das aussehen soll? Das weiß die Koalition selbst nicht. Sie wird eine Arbeits­gruppe einsetzen, die Maßnahmen zur Steigerung der Akzeptanz für Windkraft an Land erarbeiten soll. Als Beispiele für solche Maßnahmen werden genannt: Verbind­liche optionale Abstands­re­ge­lungen, Höhen­be­gren­zungen, monetäre Betei­li­gungen, also offenbar Genos­sen­schafts­mo­delle, Stärkung der Entschei­dungs­be­fugnis von Städten und Kommunen Änderungen im Planungs­ver­fahren. Beteiligt werden die Länder, Vertreter von Anwoh­ner­in­ter­essen, der Deutsche Städtetag, der Deutsche Städte-und Gemein­debund und das Kompe­tenz­zentrum Natur­schutz und Energie­wende sollen eine Stellung­nahme abgeben können.

Die Ergeb­nisse dieser Kommission sollen bis zum 31.3.2019 vorliegen. Bis zum Herbst des nächsten Jahres will die Koalition dann über konkrete Akzep­tanz­maß­nahmen und Förder­be­din­gungen sprechen. In diesem Zusam­menhang immerhin ein konkreter Vorschlag: Mögli­cher­weise soll es einen Bonus von 0,3 Cent pro Kilowatt­stunde für Anlagen im Landes­süden geben, wo bisher verhält­nis­mäßig wenig Windkraft steht, aber propor­tional viel Strom verbraucht wird.

Die wenigen konkreten Maßnahmen, die im Vorschlag genannt werden, lassen jedoch aufhorchen. Geht es hier wirklich darum, bei den Bürgern mehr Begeis­terung für Windkraft­an­lagen zu wecken? Oder würde die Stärkung von Entschei­dungs­be­fug­nissen der kommu­nalen Gebiets­kör­per­schaften nicht eher dazu führen, dass es angesichts starker Wider­stände dann eben oft keine Windkraft­an­lagen gibt? Handelt es sich also um einen Vorschlag, der zu mehr Windkraft führt? Oder laufen die Maßnahmen am Ende auf Windkraft­ver­hin­de­rungs­maß­nahmen hinaus? Angesichts des Ausbau­pfades für erneu­erbare Energien ist eine Abschwä­chung des Ausbaus der Windkraft an Land jeden­falls hochpro­ble­ma­tisch. 2030 sollen 65 % der verbrauchten Strom­mengen aus erneu­er­baren Quellen stammen. Ein Zurück­weichen bei der Windkraft wäre schwer zu kompensieren.

Es bleibt schon deswegen spannend, was aus diesem Bestandteil des Energie-Sammel­ge­setzes wird, dass nun nach langem Tauziehen vom Bundes­ka­binett verab­schiedet wurde. Mögli­cher­weise gelingt es im parla­men­ta­ri­schen Verfahren ja noch, bereits jetzt etwas konkreter zu werden. Die Verschiebung weiterer Entschei­dungen, um die der Bundes­ge­setz­geber am Ende doch nicht herum kommt, in eine weitere Kommission kann angesichts der strikten Ausbau­ziele und der hierfür laufenden Fristen eigentlich nicht sinnvoll sein.

2018-11-01T10:00:09+01:001. November 2018|Erneuerbare Energien, Strom, Umwelt|

Ratten­rennen der Windkraft­an­lagen: Entscheidung des OVG Münster v. 18.09.2018

Dass den letzten die Hunde beißen, ist aus dem Immis­si­ons­schutz­recht unter dem Stich­punkt Critical Loads bekannt. Wir erinnern uns etwa an eine Entscheidung des Oberver­wal­tungs­ge­richts (OVG) Münster, das zu der Entscheidung kam, dass zusätz­liche Schad­stoff­ein­träge durch ein weiteres, später als andere Neubauten geneh­migtes Kraftwerk im Rahmen einer Verträg­lich­keits­prüfung nach der Fauna-Flora-Habitat-Richt­linie (FFH-Richt­linie) additiv berück­sichtigt werden müssen. Deswegen hob es 2011 Teilge­neh­migung und Vorbe­scheid für das Kohle­kraftwerk Lünen der Trianel auf.

Wiederum das OVG Münster hat sich nun mit Datum vom 18.09.2018 (Az.: 8 A 1884/16; 8A1886/16) zu einem anderen Priori­täts­ver­hältnis geäußert. In dieser inter­es­santen Entscheidung geht es um Windkraft­an­lagen (WKA). Die beiden konkur­rie­renden WKA liegen rund 200 Meter ausein­ander. Bei bestimmten Windrich­tungen muss eine der Anlagen abgeschaltet werden, sonst kommt es zu die Stand­si­cherheit beein­träch­ti­genden Turbu­lenzen. Doch wonach richtet sich, wer nun seine Anlage abschalten muss? Unfair wäre es, auf den Zeitpunkt der Antrag­stellung abzustellen. Denn das würde der Manipu­lation Tür und Tor öffnen: Durch Vorlage eines nahezu inhalts­leeren schnellen Antrags könnte ein pfiffiger Betreiber sich Vorteile verschaffen, auch wenn er wüsste, dass der Antrag in dieser Form komplett chancenlos sei. Ebenso wäre es nicht sachge­recht, auf den Zeitpunkt der Geneh­mi­gungs­er­teilung abzustellen. Denn dann ginge es von Zufäl­lig­keiten in der Geneh­mi­gungs­be­hörde und anderen betei­ligten Behörden ab, welcher Bescheid zuerst das Haus verlässt. Das OVG Münster hat deswegen auf die Einrei­chung eines prüffä­higen Antrags abgestellt. Gleich­zeitig hat es festge­stellt, dass auch ein immis­si­ons­schutz­recht­licher Vorbe­scheid reicht, um das Erstge­burts­recht der Anlage zu sichern.

Die Entscheidung ist für Anlagen­be­treiber, aber insbe­sondere auch für Planungs­büros inter­essant. Immerhin ist es nicht fernliegend, dass aus kleinen Fehlern oder Verzö­ge­rungen bei der Erbringung von Planungs­leis­tungen, insbe­sondere auch Gutachten, die für den Geneh­mi­gungs­antrag erfor­derlich sind, echte finan­zielle Nachteile entstehen, die weit über einen leicht verzö­gerten Start hinaus­gehen. Auch abseits der Frage, wie gut das einzelne Planungsbüro versi­chert ist, sollte dies gerade in begehrten, guten Lagen im Hinterkopf bleiben.

2018-09-19T08:34:25+02:0019. September 2018|Erneuerbare Energien, Strom, Verwaltungsrecht|