Zittern vorm Faxgerät

Hatte ich erst kürzlich: Tag des Frist­ab­laufs und das Fax geht nicht durch. In Berlin ist das nicht so schlimm. Notfalls bestellt man einen Messenger oder fährt selbst bei Gericht vorbei. Zumindest das Verwal­tungs­ge­richt (VG) Berlin ist ohnehin nicht begeistert, wenn es jeden Schriftsatz erst gefaxt und dann im Orginal erhält, was die Akten unangenehm aufbläht. Ist das Gericht, an das man sich wendet, aber weit weg, so liegen am späten Abend des Frist­ab­laufs schon mal die Nerven blank.

Dass Anwälte in dieser Situation auf die Idee kommen, einfach eine E– Mail mit der unter­schrie­benen Klage als PDF zu schicken, ist nachvoll­ziehbar. Schließlich hat der Bundes­ge­richtshof (BGH) es am 18.03.2015 für ausrei­chend angesehen, wenn ein Schriftsatz eigen­händig unter­schrieben, dann einge­scannt und per E–Mail an die Geschäfts­stelle übermittelt und dort frist­ge­recht ausge­druckt wird. Zu empfehlen war dies freilich nie. Schließlich trug der Übersender das Risiko des recht­zei­tigen Ausdrucks, für den Tag des Frist­ab­laufs um 23.00 Uhr, wenn Geschäfts­stellen nie besetzt sind, also kein geeig­neter Übermittlungsweg.

Einiger­maßen überra­schend ist das Finanz­ge­richt (FG) Köln am 25.01.2018 zu gegen­tei­liger Ansicht gelangt. Das Gericht führte in seiner jüngst veröf­fent­lichten Entscheidung aus,  dass dann, wenn eine quali­fi­zierte elektro­nische Signatur durch Rechts­ver­ordnung als erfor­derlich vorge­schrieben ist, eine E‑Mail ohne eine solche auch nicht ausreichen könne, ganz egal, ob eine gescannte Unter­schrift auf dem Dokument prange oder nicht.  Schließlich wäre diese unter­ge­setz­liche Regelung gegen­standslos, wenn am Ende dann doch jeder machen könnte, was er will, und nur das Risiko tragen würde, dass die Geschäfts­stelle die unter­schrie­benen Anhänge nicht recht­zeitig ausdruckt. Mit dieser Ansicht knüpfe das FG, wie es selbst ausführt, an ähnliche Entschei­dungen des Bundes­fi­nanzhofs (BFH) an. Diese sind aber älter als die zitierte BGH–Rechtsprechung, so dass die Begründung des FG, der BFH „grenze sich von der (großzü­gi­geren) Recht­spre­chung des BGH und BAG ab“ durchaus überrascht, schließlich kann man sich nur von etwas abgrenzen, was bereits existiert. Es bleibt also abzuwarten, ob der BFH dabei bleibt, oder sich den anderen Bundes­ge­richten anschließt.

Für die Praxis bedeutet das: Per E‑Mail geklagt werden sollte vor den Finanz­ge­richten grund­sätzlich nicht. Bei anderen Gerichten trägt der Kläger mindestens das Risiko, dass zu spät ausge­druckt wird. Wenn schon elektro­nisch, also besser per EGVP und mit quali­fi­zierter elektro­ni­scher Signatur. Leider geht das nicht bei allen Gerichten, damit bleibt nach wie vor oft nur das Fax. Wenn möglich, sollte der Mandant also nicht erst kurz vor Frist­ablauf seine Anwältin beauftragen.

Es wird also weiter vorm Fax gebibbert werden. Zumindest so lange, bis das besondere elektro­nische Anwalts­postfach (beA) endlich betriebs­bereit sein wird. Doch erst kürzlich wurde bekannt, dass dies bis zum Juni keines­falls bereit­stehen wird.  Dies ist für die Anwalt­schaft zwar ärgerlich, doch die bestehenden Sicher­heits­lücken sprechen alle dafür, abzuwarten, bis ein wirklich Ende-zu-Ende-verschlüs­seltes System bereitsteht.

P. S.:  Wer etwas für ein solches wirklich sicheres System tun möchte, kann und sollte an die Gesell­schaft für Freiheits­rechte (GFF) spenden. Die NGO plant, dies einzu­klagen. Aktuell fehlen noch rund 3.000 EUR.