Einvernehmlich Bauen ist machbar, Herr Nachbar!
Streit mit den Nachbarn gilt als Inbegriff kleinkarierter Spießigkeit. Kein Wunder, dass viele Menschen daher Konflikten großräumig aus dem Weg gehen wollen. Manchmal stellt allerdings gerade das die nachbarlichen Beziehungen auf eine Belastungsprobe. Denn wenn die Möglichkeiten für einen Austausch und eine Einigung frühzeitig genutzt werden, kann das später oft viel Konfliktpotential vermeiden.
Das geht oft bereits los mit der Bauplanung. Denn das Verfahren für die Aufstellung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen sieht in § 3 Abs. 1 Satz 1 Baugesetzbuch (BauGB) eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung vor. Die Öffentlichkeit, zu der nach § 3 Abs. 1 Satz 2 BauGB übrigens auch Kinder und Jugendliche zählen, soll über die Ziele, Zwecke, die Planungsalternativen und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung informiert werden. Dafür müssen die Entwürfe der Bauleitplanung für eine festgelegte Dauer öffentlich ausgelegt werden. Die während dieser Frist abgegebenen Stellungnahmen müssen geprüft und gegebenenfalls für die weitere Planung berücksichtigt werden.
Wenn dann auf Grundlage des Bebauungsplans oder im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB konkrete Bauprojekte anstehen, kann wiederum die Beteiligung der Nachbarn oder der Öffentlichkeit erforderlich sein. Dies richtet sich nach den jeweiligen Landesbauordnungen (LBO), in Berlin beispielsweise nach § 70 BauO Bln. Vor der Entscheidung über die Zulassung von Abweichungen, Ausnahmen und Befreiungen muss die dafür zuständige Behörde benachbarte Eigentümer informieren, wenn Auswirkungen auf deren öffentlich-rechtlich geschützte Belange zu erwarten sind. Für Einwendungen durch die Nachbarn besteht dann eine Frist von zwei Monaten, nach deren Ablauf keine Einwendungen mehr möglich sind (sogenannte Präklusion).
Alternativ kann der Nachbar auch die Lage- und Baupläne unterschreiben oder dem Bauvorhaben auf andere Weise zustimmen. Dies ist für die Bauenden eine probate Möglichkeit Rechtssicherheit herzustellen. Für die Nachbarn dagegen ist Vorsicht geboten: Zumindest sollte eine Bedenkzeit erbeten werden, um die Bauunterlagen genau zu prüfen. Denn wenn die Zustimmung erst einmal erteilt wurde, bestehen kaum noch Einflussmöglichkeiten auf das Bauvorhaben per Widerspruch oder Klage. Nach der Rechtsprechung ist dann auch ein Streit über Details, die aus den Plänen noch nicht ganz konkret hervorgingen, oft präkludiert. Im Zweifel hätte der Nachbar diese Fragen vor seiner Zustimmung klären sollen. So wurde es vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Fall eines aus Mikroplastik bestehenden Belages eines Tennisplatzes gesehen, der einen benachbarten Schweinemastbetrieb zu kontaminieren droht.
In einem solchen Fall ist es daher sinnvoll, sich als Nachbar mit den Bauplänen an einen Anwalt zu wenden und die Folgen einer Zustimmung für die eigenen Rechtspositionen prüfen zu lassen (Olaf Dilling).