Bewoh­ner­parken bei auslän­di­schem Kennzeichen

Grund­sätzlich kommt den Straßen­ver­kehrs­be­hörden bei vielen Entschei­dungen ein Ermessen zu. So ist es etwa bei ihrer Entscheidung nach § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2a StVO darüber, an wen sie Bewoh­ner­park­aus­weise erteilt oder ob und mit welcher konkreten Ausge­staltung sie ein Bewoh­ner­park­gebiet einrichtet. Dieses Ermessen ist jedoch kein freies, sondern ein gebun­denes Ermessen. 

Gerichtlich sind die Entschei­dungen gemäß § 114 Satz 1 VwGO einge­schränkt überprüfbar. So prüft das Gericht, ob die Behörde die gesetz­lichen Grenzen des Ermessens überschritten hat. Weiterhin prüft es, ob die Behörde von ihrem Ermessen in einer nicht dem Zweck der Ermäch­tigung entspre­chenden Weise Gebrauch gemacht hat. Wenn im Einzelfall eine sogenannte Reduzierung des Ermessens auf Null besteht, weil keine andere Entschei­dungs­al­ter­native zulässig wäre, lässt sich ein Anspruch durch­setzen. Dann kann im Einzelfall ausnahms­weise die Behörde zur Erteilung eines Bewoh­ner­park­aus­weises verpflichtet werden.

So war es in einem letztes Jahr vom Verwal­tungs­ge­richt (VG) Gießen entschie­denen Fall. Eine Studentin hatte für das Kfz ihres Vaters, das in der tsche­chi­schen Republik zugelassen ist, einen Bewoh­ner­park­ausweis beantragt. Ein von ihr gestellter Antrag bei der Straßen­ver­kehrs­be­hörde auf Erteilung eines Bewoh­ner­park­aus­weises war abgelehnt worden, obwohl die Voraus­set­zungen dafür ansonsten vorlagen.

Diese gehen aus der Verwal­tungs­vor­schrift zur StVO hervor, nach der Antrag­steller einen Anspruch auf Erteilung eines Bewoh­ner­park­aus­weises haben, wenn bestimmte Bedin­gungen erfüllt sind. Der Antrag­steller muss in dem Bereich melde­be­hördlich regis­triert sein und dort tatsächlich wohnen. Unter Umständen kann eine angemeldete Neben­wohnung ausreichen. Dies entscheidet die Straßen­ver­kehrs­be­hörde im Einver­nehmen mit der Stadt. Bewohner erhalten nur einen Parkausweis für ein auf sie als Halter zugelas­senes oder nachweislich von ihnen dauerhaft genutztes Kraftfahrzeug.

Da die Verwal­tungs­vor­schrift für eine bundesweit einheit­liche Anwendung der StVO von entschei­dender Bedeutung ist, kann von ihr nur in begrün­deten Ausnah­me­fällen abgewichen werden, indem die Erteilung von weiteren Voraus­set­zungen abhängig gemacht wird. Dies gebietet der allge­meine Gleich­heitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG.

Da der Vater der Antrag­stel­lerin eine von ihm unter­zeichnete Überlas­sungs­er­klärung sowie eine Kopie der Zulas­sungs­be­schei­nigung vorgelegt hatte, war nachge­wiesen, dass das Fahrzeug dauerhaft von der Antrag­stel­lerin genutzt wurde. Da sie das Fahrzeug jedoch in den Semster­ferien regel­mäßig in der tsche­chi­schen Republik nutzt und es nach Beendigung des Studiums gegebe­nen­falls wieder an den Vater zurückgibt, war es nicht zwingend, es umzumelden. So erlaubt § 46 Abs. 1 Satz 1 FZV die vorüber­ge­hende Nutzung eines im Ausland zugelas­senen Fahrzeugs in Deutschland. Letztlich befand das Gericht jedoch, dass die Frage des richtigen Zulas­sungs­ortes von der Zulas­sungs­be­hörde bei der Vergabe des Bewoh­ner­park­aus­weises zu beurteilen sei. Für die Erteilung des Bewoh­ner­park­aus­weises käme es dagegen alleine darauf an, ob es sich beim Antrag­steller um einen Bewohner handelt, der nachweislich das betroffene Kraft­fahrzeug dauerhaft nutzt.

Der Fall zeigt, dass die Straßen­ver­kehrs­be­hörden auch bei Ermes­sens­ent­schei­dungen keine willkür­lichen weiteren Kriterien festlegen dürfen, die in den Verwal­tungs­vor­schriften nicht vorge­sehen sind. Lediglich in begrün­deten Ausnah­me­fällen ist eine Abwei­chung von der Verwal­tungs­vor­schrift möglich. (Olaf Dilling)

 

2025-01-21T11:09:42+01:0021. Januar 2025|Allgemein, Rechtsprechung, Verkehr|

Schul­pflicht trotz Corona – aber nur für manche…

Zu den vielen Eilent­schei­dungen über die Zuläs­sigkeit von Freiheits­be­schrän­kungen durch Corona-Maßnahmen kommen nun auch welche zu selek­tiven und schritt­weisen Locke­rungen hinzu: So hat das Oberver­wal­tungs­ge­richt Lüneburg über die Wieder­auf­nahme des Präsenz­un­ter­richts in den vierten Klassen der nieder­säch­si­schen Grund­schulen entschieden. Eine Schülerin, hatte sich, vertreten durch ihre Eltern, dagegen gewandt. Die Eltern argumen­tierten, dass ihre Tochter wegen der Ungleich­be­handlung unter­schied­licher Klassen­stufen im Recht auf Gleich­be­handlung nach Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sei. Es stelle eine nicht gerecht­fer­tigte Benach­tei­ligung gegenüber anderen Grund­schülern dar, die noch nicht wieder zur Schule müssten.

Das Gericht sah die Sache anders. Es handle sich um eine durch die schritt­weise Öffnung bedingte zeitliche Ungleich­be­handlung. Diese sei notwendig, um den Bildungs­ein­rich­tungen Zeit für die Umsetzung der Maßnahmen zum Infek­ti­ons­schutz und gegebe­nen­falls zu ihrer Anpassung zu geben. Außerdem solle durch die allmäh­liche Öffnung eine unkon­trol­lierte Ausbreitung der Krankheit verhindert werden. Dass in den Grund­schulen ausge­rechnet die vierten Klassen zuerst wieder beschult würden, habe gute Gründe: Den ältesten Schülern könne die Einhaltung der neuen Regeln am ehesten zugetraut werden. Für die Entscheidung über den Wechsel auf weiter­füh­rende Schulen sei der Präsenz­un­ter­richt zwar nicht zwingend, aber dennoch wichtig. Unter­richt beschränke sich nicht aus reine Wissens­ver­mittlung und Benotung. Vielmehr sei für die Persön­lich­keits­ent­wicklung die Inter­aktion mit Lehrern und anderen Schülern besonders wichtig (Olaf Dilling).

2020-05-06T19:44:13+02:006. Mai 2020|Verwaltungsrecht|