Friedrichstraße: Vorübergehend nicht autofrei
Die Friedrichstraße ist aktuell wieder im Zentrum des öffentlichen Interesses, nachdem das Verwaltungsgericht (VG) Berlin ihre aktuelle Teilsperrung für Kfz für rechtswidrig befunden hat. Das führt dazu, dass ein Teil des politischen Berlin frohlockt und es schon immer gewusst habe, dass man die Kfz nicht so einfach aus Herzen des Berlins sperren könne. Ein anderer Teil schwankt zwischen Resignation und Empörung, dass im deutschem Verkehrsrecht das Auto einen so hohen Stellenwert hat und die urbane Lebensqualität einen so geringen.
Beide haben bei genauerer Lektüre dessen, was das Gericht da eigentlich entschieden hat, unrecht: Denn das Gericht hat weder gesagt, dass der Verkehrsversuch von Anfang an unzulässig gewesen sei, noch dass eine Sperrung rechtlich nicht möglich ist. Rechtlich unzulässig ist lediglich die Sperrung per straßenverkehrsrechtlicher Anordnung über das offizielle Ende des Verkehrsversuchs hinaus. Per straßenrechtlicher Einziehung wäre eine Widmung als Fußgängerzone (mit oder ohne Zulässigkeit von Fahrradverkehr) durchaus möglich. Denn das deutsche Verkehrsrecht unterscheidet zwischen der straßenrechtlichen Widmung von öffentlichem Raum für den Verkehr (oder andere Zwecke) und der straßenverkehrsrechtlichen Regelung dieses Verkehrs. Für das Straßenrecht gibt es eine viel breitere Palette an Gründen, auch die städtebauliche Entwicklung oder Aspekte wie Aufenthaltsqualität können hier eine Rolle spielen. Das Straßenverkehrsrecht ist dagegen weitgehend auf die Bewältigung konkreter Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des Verkehrs beschränkt.
Bis das Verfahren dafür durch ist, dauert es noch eine Weile. Schließlich muss ein Verkehrsversuch nach seiner Beendigung erst evaluiert werden, bevor er dann auf Dauer gestellt wird. Dass für diese Zeit wieder alle bereits erreichten Veränderungen auf „Null“ zurückgesetzt werden, ist eine bedauerliche Konsequenz eines Verkehrsrechts, das sehr restriktiv gegenüber jeder Veränderung des Status Quo ist, die nicht mit „verkehrsbezogenen“ Gründen unterfüttert ist.
Eigentlich müsste der Gesetz- und Verordnungsgeber die StVO nachbessern – der ja in den Koalitionsverhandlungen bereits mehr Spielräume für Länder und Kommunen versprochen hat. Wann das endlich auf den Weg gebracht wird? Wir wissen es auch nicht. (Olaf Dilling)