Wie weiter mit dem ETS II?

Jetzt rächt sich, dass es vielen Mitglied­staaten in den vergan­genen Jahren nicht gelungen ist, die Emissionen in den Sektoren Gebäude und Verkehr wirksam zu reduzieren. Ob aus Überzeugung oder aus Angst, die durch die Gaspreis­krise ohnehin gebeu­telten Verbraucher zusätzlich mit ordnungs­recht­lichen Maßnahmen dazu zu zwingen, sich vom Verbrenner sowie von Gas- oder Ölhei­zungen zu verab­schieden: Fakt ist jeden­falls, dass die Emissionen längst nicht dort sind, wo sie plangemäß hätten sein sollen.

Für den Start des ETS 2 im Jahr 2027 ist das ein erheb­liches Problem, denn die Gesamt­menge der Zerti­fikate ist gedeckelt. Es droht somit ein Preis­sprung in Dimen­sionen, von denen viele Regie­rungen in der EU glauben, sie seien den Verbrau­chern politisch nicht zu vermitteln oder für viele schlicht nicht zu bezahlen.

Entspre­chend haben bislang nicht alle Regie­rungen in der EU die Emissi­ons­han­dels­richt­linie umgesetzt. Für ein europa­weites System ist das natürlich kein kleines Problem. Daher ist es wenig überra­schend, dass sich der EU-Minis­terrat in dieser Woche mit der Frage befasst hat, wie nun weiter verfahren werden soll. Manche Mitglied­staaten hatten auf eine Verschiebung gehofft, andere auf eine feste Preis­bremse, wie sie in Deutschland im natio­nalen Emissi­ons­handel ab 2026 gelten soll.

Das Ergebnis ist zunächst überschaubar: Der Ball liegt nun bei der Kommission. Es zeichnet sich aller­dings ab, dass es wohl nicht zu einer Verschiebung kommen wird, was anlass- und kompen­sa­ti­onslos angesichts der völker­recht­lichen und unions­recht­lichen Verpflich­tungen der EU auch schwierig wäre. Der Fall ist zwar in der Emissi­ons­han­dels­richt­linie vorge­sehen, aber nur unter engen Voraus­set­zungen. Aller­dings soll mehr Geld für Anpas­sungs­maß­nahmen bereit­ge­stellt werden, also für Mittel, die den EU-Bürge­rinnen und ‑Bürgern den Umstieg auf fossil­freie Techno­logien erleichtern sollen. Denkbar sind verschiedene Maßnahmen, etwa direkte Zuschüsse für den Kauf von E‑Autos, Förder­pro­gramme wie die BEG oder die Bundes­för­derung für effiziente Wärme­netze BEW zur Umrüstung im Gebäu­de­be­reich oder Hilfen beim Aufbau der Ladeinfrastruktur.

Disku­tiert wird außerdem, den Markt­sta­bi­li­täts­me­cha­nismus zu stärken. Dies ist in der Tat sinnvoll. Hinter diesem Begriff verbirgt sich eine Art Reserve an Zerti­fi­katen, die von der Europäi­schen Kommission verwaltet wird. Steigen die Preise für Zerti­fikate zu stark, kann die Kommission zusätz­liche Zerti­fikate auf den Markt bringen, ähnlich einer Zentral­bank­in­ter­vention. Bereits von Anfang an war jedoch kriti­siert worden, dass die Ausstattung der Markt­sta­bi­li­täts­re­serve keines­falls ausreiche, um die von der Kommission seit 2021 genannte politische (aber rechtlich unver­bind­liche) Zielgröße von etwa 45 € pro Tonne CO₂ zu gewähr­leisten. Im Raum stehen vielmehr Preise zwischen 80 und 200 €.

Ebenfalls disku­tiert wird das sogenannte Front­loading, also eine zeitliche Vorver­la­gerung der Ausgabe von Zerti­fi­katen, sodass 2027 zunächst mehr Zerti­fikate auf dem Markt wären, die später wieder einge­spart werden müssten. Kritiker fürchten hier lediglich eine Verschiebung des Preis­schocks, während Optimisten auf die Fortschritte im Bereich der Elektro­mo­bi­lität verweisen: Sinkende Anschaf­fungs­preise ermög­lichen immer mehr Menschen den Umstieg auf Elektro­fahr­zeuge. Zudem dauert es insbe­sondere im trägen Gebäu­de­sektor einige Jahre, bis der Ausbau von Fernwär­me­netzen und die geplanten Umrüs­tungen im Gebäu­de­be­stand tatsächlich greifen. Es kann also gut sein, dass die Emissionen ab Anfang der Dreißiger Jahre wirklich so schnell sinken, wie erfor­derlich wäre. Ob dies allein der Emissi­ons­handel bewerk­stel­ligen kann, dürfte aber zweifelhaft sein. Mögli­cher­weise kommen die Mitglied­staaten um mehr von den ungeliebten ordnungs­recht­lichen Mitteln – wie dem GEG – am Ende doch nicht herum (Miriam Vollmer).

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2025-10-24T21:48:28+02:0024. Oktober 2025|Allgemein|

Tohuwabohu im BEHG

Auch das noch: In wenigen Tagen, am 31.07.2025, muss der Emissi­ons­be­richt für die Inver­kehr­bringer von Brenn- und Treib­stoffen bei der Deutschen Emissi­ons­han­dels­stelle (DEHSt) einge­reicht werden. Diesmal erfüllen die Verant­wort­lichen mit diesem Bericht nicht nur ihre Berichts­pflichten nach dem Brenn­stoff-Emissi­ons­han­dels­gesetz (BEHG), sondern aus dem ausge­füllte Formular werden die Daten zur Erfüllung der Berichts­pflicht für den ab 2027 kommenden E‑ETS 2 berechnet.

Die Behörde verwendet für dieses Verfahren Formulare, das hauseigene Formular-Management-System FMS, die zwingend zu verwenden sind. Zulässig ist nur die elektro­nische Kommu­ni­kation, man kann nicht notfalls doch einen Stapel Papier zur Post geben. So weit, so an sich gut.

Gegen­wärtig geht bei der Behörde aber über Stunden nichts. Manchmal bricht ein Upload einfach ab. Bisweilen friert das FMS ein. Das an sich inter­aktive Formular funktio­niert nicht richtig, manchmal verschwinden Eintra­gungen oder lösen kein an sich vorge­se­henes Menü aus. Nachdem das FMS deutlich verspätet bereit­ge­stellt wurde, stehen nun viele Verant­wort­liche vor sozusagen program­mierten Problemen bei der zutref­fenden und pünkt­lichen Bericht­erstattung. Da erheb­liche Strafen und Bußen für verspätete oder falsche Berichte vorge­sehen sind, sind viele Verant­wort­liche nicht nur verärgert, sondern auch besorgt, zumal die Behörde über Tage nicht auf Anfragen reagiert hat, wie sie mit Verspä­tungen umgehen wird.

Nun immerhin kam heute die Infor­mation, dass die Behörde Verspä­tungen wegen der verzö­gerten Bereit­stellung und der Perfor­man­ce­pro­blemen nicht ahnden will. Der Emissi­ons­be­richt sollte aber bis zum 05.09.2025 eingehen. Und auch wenn die Behörde bei den eigenen Problemen mit der Zeitleiste, die das Gesetz vorsieht, arge Probleme hat: Wer seiner­seits nicht bis zum 30.09.2025 die Zerti­fikate bereit­stellt, muss – Probleme hin oder her – mit einer Zahlungs­pflicht rechnen. Nachsicht mit den oft ebenso überfor­derten Normadres­saten? Fehlan­zeige. (Miriam Vollmer).

2025-07-26T09:25:36+02:0026. Juli 2025|Emissionshandel|

Natio­naler Emissi­ons­handel: Was nun 2026?

Immerhin: Am 15. Januar 2025 findet eine Sachver­stän­di­gen­an­hörung zum Treib­hausgas-Emissi­ons­han­dels­gesetz (TEHG) im Ausschuss für Klima­schutz und Energie des Bundes­tages statt. Es geht also weiter, was angesichts der bevor­ste­henden Einführung des ETS II für Gebäude und Verkehr insofern erfreulich ist, als dass an sich schon jetzt Emissi­ons­ge­neh­mi­gungen vorliegen müssten, zumindest aber Genehmigungsfiktionen.

Was auch unmit­telbar bevor­stehen müsste: Die Einführung der Verstei­gerung im natio­nalen Emissi­ons­handel. Denn erinnern wir uns: Der nationale Emissi­ons­handel, derzeit noch geregelt im BEHG, soll nach dessen § 10 BEHG nur einschließlich 2025 auf Festpreis­basis statt­finden. 2026 soll versteigert werden, aber mit einem Höchst­preis von 65 EUR. 2027 sieht das BEHG dann einen nicht mehr künstlich begrenzten Preis vor.

Doch was bei Inkraft­treten des BEHG noch als vernünf­tiger Zeitplan auf dem Weg in den Markt schien, stellt sich angesichts des kommenden ETS II anders dar. Der ETS II soll ab 2027 europaweit gelten, die Zerti­fikate werden von Anfang an versteigert. Schon wegen des räumlichen und zeitlichen Anwen­dungs­be­reichs kann der nationale Emissi­ons­handel nicht einfach im ETS II aufgehen. Damit würden Struk­turen für einen Handel mit vorge­schal­teter Verstei­gerung für ein Jahr aufgebaut und dann durch eine ganz andere Struktur abgelöst.

Entspre­chend schlägt der Bundesrat in seiner Stellung­nahme vom 27.11.2024 (S. 4) vor, die Verstei­gerung 2026 zu streichen und statt dessen für 65 EUR zu verkaufen. Die Bundes­re­gierung sah das zumindest im November noch anders: Auf S. 9 der Stellung­nahme verweist sie auf eine unerwünschte Perpetu­ierung des Festpreis­systems und die finanz­ver­fas­sungs­recht­lichen Bedenken, die freilich stets gegen das Festpreis­system bestanden.

Es steht zu hoffen, dass die Bundes­re­gierung und die sie tragenden Parteien das heute nicht mehr so sehen. Eine Verstei­gerung 2026 ist adminis­trativ kaum zu stemmen, ein Vorteil ist nicht erkennbar. Es dürfte Stand heute auch gar nicht mehr möglich sein, alles recht­zeitig vorzu­be­reiten. Ein letztes Jahr auf Festpreis­basis vor dem Start des ETS II erscheint inzwi­schen praktisch alter­na­tivlos (Miriam Vollmer).

 

2025-01-11T01:32:01+01:0011. Januar 2025|Emissionshandel|