Lkw auf Schienen?!

Zug mit DHL-Anhängern als Ladung

Fährt man heutzutage über Deutsch­lands Autobahnen, so sieht man auf der rechten Spur vor allem eines: Lkw – prall gefüllt mit Gütern, die wir zum alltäg­lichen Leben brauchen. Oder von denen wir zumindest glauben, dass wir sie unbedingt brauchen – aber um unsere Konsum­ge­sell­schaft soll es heute gar nicht gehen. Vielmehr wollen wir einen Blick auf den Ausbau des sog. kombi­nierten Verkehrs werfen. Denn dass allein der Verkehrs­sektor im Jahr 2019 für 20 % der CO2 Emissionen in Deutschland verant­wortlich war, zeigt, dass sich dringend etwas ändern muss.
Kombi­nierter Verkehr bedeutet, dass die Ware nicht mehr ausschließlich per Lkw an ihr Ziel gebracht wird, sondern über verschiedene Verkehrswege, also beispiels­weise auch über Schienen. Dabei kann entweder der gesamte Lkw auf der Schiene trans­por­tiert werden (sog. beglei­teter kombi­nierter Verkehr), oder aber nur die Ladeeinheit, die von jeweils einem Lkw im Vor- und Nachlauf trans­por­tiert wird (sog. unbeglei­teter kombi­nierter Verkehr). Der Vorteil am beglei­teten Verkehr ist, dass die Fahrer die gesetz­lichen Ruhezeiten einhalten können, ohne den Transport unter­brechen zu müssen. Der Nachtteil liegt jedoch in der großen Menge Totlast, die neben der eigent­lichen Ware zusätzlich mitge­schleppt wird und nicht nur Platz wegnimmt, sondern auch nochmal mehr Energie verbraucht. Dieses Problem hat man beim unbeglei­teten kombi­nierten Verkehr nicht. Außerdem sind die Lkw für den Vor- und Nachlauf von der Kfz-Steuer befreit und müssen sich nicht an die Fahrverbote an Sonn- und Feier­tagen halten, sofern ihre Strecke kürzer als 200 km ist. Nachteilig könnten sich bei dieser Variante jedoch der erhöhte Organi­sa­ti­ons­aufwand auswirken. Zudem sind bei der Verwendung unter­schied­licher Zugma­schinen oft auch mehrere Vertrags­partner im Spiel, was Schwie­rig­keiten bei der Zurechnung von entstan­denen Schäden mit sich bringen könnte.
Aber unabhängig davon, welche Art des kombi­nierten Verkehrs man jetzt befür­worten mag, die allge­meinen Vorzüge liegen klar auf der Hand: Eine Güterbahn ersetzt bis zu 52 Lkw. Das sind 52 Lkw, die auf den Autobahnen unnötig Sprit verbrennen. Rund 90 % der Verkehrs­leistung im Güter­verkehr werden von den Bahnen bereits elektrisch erbracht, zunehmend mit Strom aus erneu­er­baren Energien. Außerdem fahren Güter­bahnen wegen ihres geringen Rollwi­der­standes 5‑mal energie­ef­fi­zi­enter als Lkw. Pro Tonnen­ki­lo­meter verur­sachen Güterzüge damit etwa 80 % weniger CO2 als Lkw. Und natürlich werden auch die Straßen entlastet. Der Transport via Lkw, der im Übrigen auch um ein Vielfaches gefähr­licher ist, als der auf Schienen, wird also nur noch einge­setzt, wo man nicht auf ihn verzichten kann: nämlich um die Güter letztlich zur Umschla­ge­anlage hin oder von dort aus an ihr endgül­tiges Ziel zu trans­por­tieren. Damit werden die jewei­ligen Stärken beider Verkehrs­träger äußerst effektiv genutzt. Diese Vorteile erkannte auch der Bund, weshalb er seit 1998 den Neu- und Ausbau von Umschlag­an­lagen des kombi­nierten Verkehrs durch private Unter­nehmen fördert. Die aktuelle Richt­linie tritt jedoch mit Ablauf des 31.12. dieses Jahres außer Kraft. Ob sie verlängert wird, ist nicht bekannt.
Trotz aller Vorzüge hat der kombi­nierte Verkehr auch seine Schwächen: Zum einen die feste Bindung ans Gleis – bei einer Strecken­störung kann die Bahn nicht immer einfach auf eine alter­native Route ausweichen. Dazu kommt, dass lediglich 61 % des Bundess­schie­nen­netzes mit einer Strom­leitung ausge­stattet sind. Umwelt­freund­liche elektrische Güterzüge müssen deshalb häufig Umwege fahren, was nicht nur Zeit, sondern auch Geld kostet und damit nicht so attraktiv erscheint, wie die Beför­derung per Lkw. Es wird deutlich: Das Bundes­schie­nennetz muss dringend ausgebaut werden, um den steigenden (Güter-)Verkehr auch nur ansatz­weise bewäl­tigen zu können. Dass ein kombi­nierter Verkehr aller­dings funktio­niert, zeigen mehrere „Rollende Landstraßen“ in Öster­reich, wie beispiels­weise am Brenner oder zwischen Wels und Maribor (Ref. jur. Josefine Moritz).