BGH, 26.01.2021, XIII ZR 17/19: Netzbau­maß­nahmen begründen keinen Entschä­di­gungs­an­spruch nach § 15 EEG

Betreiber von regene­ra­tiven Strom­erzeu­gungs­an­lagen, die nach dem EEG oder dem KWKG gefördert werden sind – soweit die Anlagen nicht ausschließlich der Eigen­ver­sorgung dienen – auf einen ungehin­derten Netzzugang zum Zweck der Strom­ein­speisung angewiesen. Gleich­zeitig können verschiedene technische Umstände, insbe­sondere die Netzüber­lastung den Netzbe­treiber zwingen, die Strom­ein­speisung zeitweise zu unter­brechen. Der Netzbe­treiber ist hierzu nach § 14 EEG 2021 berechtigt. Zu diesem Zweck müssen Strom­erzeu­gungs­an­lagen mit einer instal­lierten Leistung von mehr als 25 kW gem. § 9 EEG mit techni­schen Einrich­tungen zur Durch­führung eines fernge­steu­erten Einspei­se­ma­nage­ments durch den Netzbe­treiber ausge­stattet sein.

Der Anlagen­be­treiber erhält dafür im Fall der Abregelung seiner Anlage eine Entschä­digung gem. § 15 EEG 2021 „Wird die Einspeisung von Strom aus einer Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneu­er­baren Energien, Grubengas oder Kraft-Wärme-Kopplung wegen eines Netzeng­passes im Sinne von § 14 Absatz 1 EEG reduziert, muss der Netzbe­treiber, an dessen Netz die Anlage angeschlossen ist, die von der Maßnahme betrof­fenen Betreiber für die entgan­genen Einnahmen zuzüglich der zusätz­lichen Aufwen­dungen und abzüglich der ersparten Aufwen­dungen entschä­digen. Vergleichbare Regelungen sind auch in früheren Fassungen des EEG enthalten – auch wenn dort teilweise noch keine 100 prozentige Entschä­digung des Anlagen­be­treibers vorge­sehen ist (vgl. § 15 EEG 2017).

Was gilt jedoch in Fällen, in denen der Netzbe­treiber aus anderen techni­schen Gründen als der Netzüber­lastung – konkret wegen Netzbau­maß­nahmen – die Einspeisung unter­binden muss? Zum Beispiel bei Wartungs- und Reparaturarbeiten?

Hierüber hatte vor kurzem der BGH (erneut) zu entscheiden und stellte dazu fest:

Wird die Einspeisung aus einer Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneu­er­baren Energien unter­brochen, weil der betref­fende Netzab­schnitt zur Durch­führung von Netzaus­bau­maß­nahmen spannungsfrei geschaltet werden muss, liegt keine Maßnahme des Einspei­se­ma­nage­ments vor. Ein Entschä­di­gungs­an­spruch nach §15 Abs.1 EEG 2014 und EEG 2017 steht dem Anlagen­be­treiber in diesem Fall nicht zu; auch eine analoge Anwendung der Härte­fall­re­gelung scheide aus. (BGH, Urteil vom 26. Januar 2021, Az. XIII ZR 17/19).

Die Pflicht des Netzbe­treibers zur Abnahme von Strom aus Erneu­erbare-Energien-Anlagen ist nach Ansicht des BGH tatbe­standlich ausge­schlossen, wenn und soweit das Stromnetz oder der Netzbe­reich, mit dem die Anlage verbunden ist, aufgrund von Arbeiten zum Zwecke seiner Optimierung, seiner Verstärkung oder seines Ausbaus spannungsfrei geschaltet ist und daher technisch keinen Strom aufnehmen, trans­por­tieren und verteilen kann. Dem Anlagen­be­treiber steht in einem solchen Fall bei einer Einspei­se­un­ter­bre­chung auch kein Schadens­er­satz­an­spruch statt der Leistung aus § 280 Abs.1 Satz1, Abs.3 BGB zu.

Im Rahmen der bei der Frage der Zumut­barkeit vorzu­neh­menden Inter­es­sen­ab­wägung sei zu beachten, dass dem Netzbe­treiber bei der Organi­sation und Durch­führung von Netzaus­bau­maß­nahmen ein großer unter­neh­me­ri­scher Spielraum zusteht, dessen Ausfüllung in erster Linie an dem öffent­lichen Interesse an einem zügigen und effizi­enten Netzausbau zu orien­tieren ist, bei dem der Netzbe­treiber nicht nur die Inter­essen des einzelnen Anlagen­be­treibers, sondern auch die von Dritten, insbe­sondere die anderer Einspei­se­wil­liger sowie die der Strom­ab­nehmer, zu berück­sich­tigen hat.

Kommt es daher zu einer vom Netzbe­treiber veran­lassten Unter­bre­chung der Einspeisung, ist es für den Anlagen­be­treiber von entschei­dender Bedeutung, den Grund für die Unter­bre­chung in Erfahrung zu bringen.

(Christian Dümke)