BMUKN: Abschaffung der Abteilung für Kreis­lauf­wirt­schaft Rückschritt im Ministerium?

Zu sagen, dass es in der Recycling­branche nicht gut läuft, erscheint weit unter­trieben. Einige Bereiche stecken tief in der Krise, wie z.B. das Textil­re­cy­cling oder das Kunst­stoff­re­cy­cling. Während die EU einen spezi­ellen Circular Economy-Rechtsakt für 2026 plant und das Thema damit auch richti­ger­weise bewusst auf die politische Agenda setzt, will man in Berlin im Umwelt­mi­nis­terium umbauen. Aktuellen Berichten zufolge plant das Bundes­um­welt­mi­nis­terium, die eigen­ständige Abteilung „Trans­for­mation, Digita­li­sierung, Circular Economy, Klima­an­passung“ aufzu­lösen. Zu Recht stößt dieses Vorhaben branchen­seits auf Kritik, schließlich schwingt dabei irgendwie mit, dass dem Thema Kreis­lauf­wirt­schaft nicht das politische Gewicht beigemessen wird (siehe z.B. auch hier).

Dabei geht es doch eigentlich um so viel und daher schlagen die Verbände Alarm: Anja Siegesmund, sagte hierzu „Deutschland ist im Recycling und bei innova­tiven Techno­logien weltweit führend. Doch damit wir unsere Wettbe­werbs­fä­higkeit, Rohstoff­si­cherheit und Klima­ziele sichern können, braucht die Kreis­lauf­wirt­schaft politi­schen Rückenwind und klare Struk­turen – nicht ihre Auflösung in einem Minis­te­riums-Organi­gramm“ (siehe hier). Damit hat der BDE vollkommen Recht. Die Kreis­lauf­wirt­schaft darf nicht klein gemacht werden. Es geht um die Vermin­derung des Drucks auf die natür­lichen Ressourcen, es geht um die Einsparung von Energie, die Verrin­gerung des CO2-Fussab­drucks, es geht um Klima­schutz und – mit Blick auf kritische Rohstoffe – sogar um Fragen der natio­nalen Sicherheit. Die Rahmen­be­din­gungen für die Entsor­gungs­branche müssten daher auf den Prüfstand und es muss geschaut werden, wie Verfahren verein­facht, Bürokratie abgebaut und Techniken gefördert werden können, damit der Kreislauf tatsächlich „rund“ laufen kann. Es bedarf prakti­kable recht­liche Rahmen­be­din­gungen und keine Symbol­po­litik. Das Problem ist schließlich, dass man die Belange der Praxis nicht ernst nimmt. Die Branche braucht klare Signale: Kreis­lauf­wirt­schaft verdient mehr Gewicht, nicht weniger. (Dirk Buchsteiner)

2025-08-29T17:16:20+02:0029. August 2025|Abfallrecht|

Wie steht es um den Circular Economy Act?

Mit dem „Circular Economy Act“ (CEA – so zumindest ein Arbeits­titel) will die EU-Kommission ab 2026 einen zentralen Baustein für eine klima­neu­trale und ressour­cen­scho­nende Indus­trie­po­litik auf den Weg bringen. Der CEA ist als Teil des Clean Indus­trial Deal (CID) gedacht und soll insbe­sondere einen funktio­nie­renden Binnen­markt für Sekun­där­roh­stoffe schaffen, die Wieder­ver­wendung stärken und recht­liche Hürden für Recycling und Rezyklate abbauen. Damit soll der Anteil wieder­ver­wen­deter Materialien bis 2030 auf 24 % verdoppelt werden. Die EU-Wirtschaft soll bis 2030 weltweit führend in der Kreis­lauf­wirt­schaft zu werden.

Bereits im April 2025 hat die EU im Rahmen des „Clean Indus­trial Stake­holder Dialogue on Circu­larity“ rund 500 Akteure aus Industrie, Wissen­schaft, Zivil­ge­sell­schaft und Politik nach Brüssel geladen, um Impulse für die Ausge­staltung des CEA zu sammeln. Am 2. Juli fand ein zweiter Termin statt. Der Bedarf an klaren Regeln für hochwertige Rezyklate, einheit­lichen End-of-Waste-Kriterien sowie digitalen Standards für Rückbau und Wieder­ver­wendung ist groß. Gleich­zeitig wurde auch Kritik laut: Ohne finan­zielle Förderung, insbe­sondere durch das Clean Indus­trial State Aid Framework (CISAF), sei die Trans­for­mation zur Kreis­lauf­wirt­schaft wirtschaftlich kaum tragfähig.

Die EU-Kommission will 2026 den Geset­zes­entwurf für den Circular Economy Act vorlegen. Schon jetzt fließen Rückmel­dungen aus dem Dialog in die laufenden Arbeiten ein. Die politische Debatte wird ab 2026 Fahrt aufnehmen, wenn das Europäische Parlament und der Rat über den Vorschlag beraten. Es ist zu erwarten, dass dabei Fragen zur Verbind­lichkeit von Rezykla­tein­satz­quoten, zur Harmo­ni­sierung natio­naler Standards und zur Rolle öffent­licher Beschaffung eine zentrale Rolle spielen werden. Klar ist schon jetzt: Der CEA wird entscheidend dafür sein, ob aus den bishe­rigen Strategien für eine Kreis­lauf­wirt­schaft endlich konkrete Regeln und messbare Fortschritte werden. Denn hier ist noch Luft nach oben. Auch hierzu­lande wird stets vom Abfall her gedacht und nicht von der Kreis­lauf­wirt­schaft. Das müsste sich ändern. (Dirk Buchsteiner)

2025-07-11T11:50:25+02:0011. Juli 2025|Abfallrecht|

BMUKN: Rohstoff-Fußab­druck auf niedrigstem Wert seit 2010

Die gestrige Presse­mit­teilung des Bundes­um­welt­mi­nis­terium für Umwelt, Klima­schutz, Natur­schutz und nukleare Sicherheit (BMUKN) (siehe hier) klingt zunächst wie eine Erfolgs­meldung: Der Rohstoff-Fußab­druck Deutsch­lands ist laut Statis­ti­schem Bundesamt 2022 (tja, neuer sind die Zahlen nicht) auf 14,4 Tonnen pro Kopf gesunken – der niedrigste Wert seit Einführung der heutigen Berech­nungs­me­thodik im Jahr 2010. Auch der gesamt­wirt­schaft­liche Rohstoff­einsatz ist auf 2,5 Milli­arden Tonnen gefallen, rund 160 Millionen Tonnen weniger als im Vorjahr. Doch was bedeutet das wirklich – für Ressour­cen­schonung, Kreis­lauf­wirt­schaft und Klimaschutz?

Zweifellos ist ein gerin­gerer Rohstoff­ver­brauch ein positiver Indikator. Weniger Materi­al­einsatz kann auf eine effizi­entere Wirtschafts­weise hinweisen – oder eben auch auf eine konjunk­tu­relle Abkühlung, die den Bedarf einfach schrumpfen lässt. Vor allem vor dem Hinter­grund der Energie­krise, steigender Preise und einer schwä­chelnden Indus­trie­pro­duktion im Jahr 2022 kann man Letzteres auch nicht ganz von der Hand weisen. Ein tempo­rärer Rückgang ersetzt keine struk­tu­relle Trans­for­mation. Ein genauer Blick auf die Zahlen zeigt zudem: Die deutsche Wirtschaft bleibt hochgradig rohstoff­ab­hängig – insbe­sondere von Importen. Rund 80 Prozent der einge­setzten fossilen Energie­träger (die heimi­schen 20 % sind übrigens Braun­kohle) und nahezu 100 Prozent der metal­li­schen Erze stammen aus dem Ausland. Rohstoff­ab­hän­gigkeit ist eine offene Flanke, insbe­sondere bei kriti­schen Rohstoffen und machen daher eine Stärkung der Kreis­lauf­wirt­schaft nicht nur aus wirtschaft­lichen und klima­po­li­ti­schen Erwägungen notwendig, sondern auch aus Gründen der natio­nalen Sicherheit. Obige Zahlen machen deutlich, wie weit Deutschland noch von einer funktio­nie­renden Circular Economy entfernt ist. Denn eine echte Kreis­lauf­wirt­schaft reduziert nicht nur den Bedarf an Primär­roh­stoffen, sondern macht die Volks­wirt­schaft resili­enter gegenüber geopo­li­ti­schen Risiken und Lieferkettenstörungen.

Ebenfalls proble­ma­tisch: Große Teile der einge­setzten Rohstoffe fließen weiterhin in export­ori­en­tierte Produk­ti­ons­pro­zesse. Für den inlän­di­schen „Rohstoff-Fußab­druck“ bleiben sie damit außen vor – obwohl sie klima­po­li­tisch sehr wohl ins Gewicht fallen. Denn jede Tonne CO₂, die bei der Förderung, Verar­beitung und Ausfuhr dieser Rohstoffe entsteht, wirkt sich global aus, auch wenn sie „buchhal­te­risch“ nicht Deutschland zugerechnet wird.

Die Zahlen zeigen also zweierlei: Ja, es gibt Bewegung. Aber sie ist zu langsam, zu wenig zirkulär und bislang eher krisen­ge­trieben als syste­misch gestaltet. Wenn Deutschland seine Rohstoff­ab­hän­gigkeit ernsthaft reduzieren, eine echte Circular Economy etablieren und die Klima­ziele erreichen will, braucht es mehr als statis­tische Licht­blicke. Es braucht verbind­liche Ressour­cen­schutz­ziele, einen flächen­de­ckenden Ausbau der Sekun­där­roh­stoff­nutzung, eine konse­quente Abfall­ver­meidung und eine Indus­trie­po­litik, die Wertschöpfung neu denkt – nachhaltig, lokal, kreis­lauf­fähig. Der niedrigste Rohstoff­ver­brauch seit 2010 ist kein Grund, sich zurück­zu­lehnen. Es ist ein Anlass, den Fußab­druck dauerhaft kleiner werden zu lassen und das System dahinter zu verändern ohne auf Wirtschafts­kraft und Innovation zu verzichten. (Dirk Buchsteiner)

2025-06-06T18:00:19+02:006. Juni 2025|Abfallrecht, Industrie, Klimaschutz, Umwelt|