Verkehrs­recht: Unbestimmte Bewohnerparkgebiete

Das OVG Hamburg hat sich vor einiger Zeit mit den Regeln für das Bewoh­ner­parken ausein­an­der­ge­setzt. Zwar bestrifft der Fall eine Anordnung noch auf Grundlage des alten Rechts, also zur Anordnung bei bestehendem erheb­lichen Parkdruck gemäß § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2a StVO. Dies ist aber weiterhin eine geltende Rechts­grundlage. Zudem betreffen die zentralen Probleme des Falls allge­meine Aspekte wie Bestimmtheit und Zuschnitt der Bewoh­ner­park­ge­biete. Diese sind für alle Anord­nungs­gründe relevant, also auch die neuen des Umwelt­schutzes und der geord­neten städte­bau­lichen Entwicklung.

Aber worum geht es? Im Bereich Hamburg-Rotherbaum wurde nach einer Parkraum­un­ter­su­chung, bei der erheb­licher Parkraum­mangel festge­stellt wurde, eine neue Bewoh­ner­parkzone „Grindelhof“ einge­richtet. Ein Bewohner der Zone hat dagegen geklagt. Im Wesent­lichen aus drei Gründen: Zum Einen war die Zone aus seiner Sicht zu groß, da sie die maximale Ausdehnung von 1.000 m überschreiten würde. Zum Anderen sei die Beschil­derung zu unbestimmt. Schließlich sei der erfor­der­liche Parkmangel nicht ausrei­chend nachgewiesen.

Sowohl das Verwal­tungs­ge­richt als auch, nach der Berufung der Beklagten, das Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG) Hamburg (Urteil vom 28.11.2024 – Az 4 Bf 129/24) gaben dem Kläger recht: Inter­essant ist dabei, dass sie bei der Berechnung der Größe des Bewoh­ner­park­ge­biets nicht nur auf die Parkmög­lich­keiten an sich, sondern auch auf den Wohnort der privi­le­gierten Bewohner abstellen. Beides müsste bei der Anordnung berück­sichtigt und definiert werden. 

Was die Bestimmtheit angeht, wurde auf die Beschil­derung, im Internet veröf­fent­lichte Karten des Bewoh­ner­park­ge­bietes und auf Hinweise auf den Parkschein­au­to­maten abgestellt. Das OVG zeigt an einem Beispiel, dass gerade für externe Verkehrs­teil­nehmer Stell­plätze nicht eindeutig einem von zwei Bewoh­ner­park­ge­bieten mit unter­schied­lichen zeitlichen Geltungs­be­reichen zugeordnet werden konnten.

Insgesamt ist die Entscheidung sehr instruktiv, was die recht­lichen Rahmen­be­din­gungen des Bewoh­ner­parkens angeht. Außerdem werden einige allge­meine verwal­tungs­recht­liche Fragen geklärt. Neben den genannten Aspekten der Bestimmtheit von Verwal­tungs­akten geht es auch um prozes­suale Fragen bezüglich des Zugangs und der Schriftform von Verwalt­ung­akten. Denn der Prozess­be­voll­mäch­tigte des Klägers hatte den Wider­spruch ursprünglich per E‑Mail mit einge­scannter Unter­schrift an die Behörde gesandt. Dies reicht nach Auffassung des Gerichts nicht. Es ist weiterhin ein Zugang per Post (der aufgrund der Aussage des Anwalts unstellt wurde), Fax oder eletro­ni­scher Gerichts- und Verwal­tungspost erfor­derlich. (Olaf Dilling)

2025-08-15T14:38:22+02:0014. August 2025|Allgemein, Rechtsprechung, Verkehr|

Verkehrs­recht: Die „schmale“ Fahrbahn in enger Auslegung

Einparken ist bekanntlich oft mit Hinder­nissen verbunden. Glücklich, wer über eine eigene Garage verfügt, sollte man meinen. In dem Fall, den über den wir heute berichten, war es anders, denn in ihm geht es um den Eigen­tümer eines Hauses mit Garage, dessen steile Einfahrt direkt auf eine Straße mündet, auf deren gegen­über­lie­gender Straßen­seite regel­mäßig Autos parkten. Und an diesen Autos war kein Vorbei­kommen, jeden­falls sah der Eigen­tümer das so. Daher stellte er bei der zustän­digen Behörde einen Antrag auf Erlass eines Parkverbots nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO, denn nach dieser Vorschrift ist das Parken „vor Grund­stücksein- und ‑ausfahrten, auf schmalen Fahrbahnen auch ihnen gegenüber“ unzulässig. Nach einem Ortstermin entschied die Behörde, dass die Straße nicht schmal genug sei und lehnte den Antrag ab.

Daraufhin erhob der Garagen­ei­gen­tümer Klage vor dem Verwal­tungs­ge­richt Karlsruhe. Auch hier hatte der Kläger kein Glück: Die Straße sei mit 5,50 m nicht schmal, wobei der diesseitige Gehsteigs für das Rangieren noch drauf­ge­schlagen werden müsse. Bei frühzei­tigem Einschlagen des Lenkrades und – bei für einen durch­schnittlich geübten Fahrer – zweima­ligem Rangieren sei seine Garage trotz gegenüber parkender Autos erreichbar.

Das wollte der Kläger nicht auf sich sitzen lassen und ging in die nächste Instanz. Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg wies die Berufung mit der Begründung zurück, dass aus § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO ohnehin kein Anspruch folgen könne. Denn die Norm sei unbestimmt, da sich durch Auslegung schlechthin nicht ermitteln lasse, wie breit eine „schmale Fahrbahn“ sei. Daher verstoße sie gegen die Anfor­de­rungen an die Bestimmtheit von Rechts­normen, die sich aus dem Rechts­staats­gebot ergäbe, sie sei insofern verfas­sungs­widrig und damit nichtig.

Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) hat schließlich in seiner Entscheidung zumindest die Ehre des Gesetz­gebers wieder herge­stellt – und zwar mit schul­mä­ßiger Ausle­gungs­me­thodik: Zwar lasse sich weder aus dem Wortlaut selbst, noch aus den Gesetz­ge­bungs­ma­te­rialien, noch aus dem Regelungs­zu­sam­menhang herleiten, wie breit eine schmale Fahrbahn genau sei. Wohl aber ergäbe sich aus dem Sinn und Zweck der Norm, dass es darauf ankommt, ob der Berech­tigte die Grund­stücksein- und ‑ausfahrt noch unter einem mäßigen Rangieren benutzen kann. Falls dies bei gegenüber parkenden Kraft­fahr­zeugen nicht mehr der Fall ist, läge eine schmale Fahrbahn vor. Insofern hat das BVerwG am Ende zwar nicht viel anderes gesagt, als die Behörde. Aber auf dem Weg dahin gab es einiges zu lernen:

Z.B. dass Normen auch dann bestimmt sind, wenn sie sich nach ihrem Sinn und Zweck konkre­ti­sieren lassen. Oder, dass das Verbot auf schmalen Straßen gegenüber Einfahrten zu parken grund­sätzlich auch dem Eigen­tümer der Einfahrt einen indivi­du­ellen Anspruch verschafft – nur eben nicht, wenn es gar keine schmale Fahrbahn ist (Olaf Dilling).

2019-12-03T17:33:04+01:003. Dezember 2019|Verkehr, Verwaltungsrecht|